Kategorie: Erfahrungsberichte

Sabrina: Psoriasis Arthritis

«Ich sehe das Geschenk in meiner Krankheit» so Sabrina, 34 Jahre jung mit der Diagnose Psoriasis Arthritis.

Einführungstext: Kevin Nobs, Geschäftsleitung FOOD MOVEMENT Erfahrungsbericht und Bild: Sabrina Tessmer

Sabrina hat sich per Mail bei Food Movement gemeldet, so dass wir bald darauf lange miteinander telefoniert haben. So kam die Idee auf, dass Sabrina einen Erfahrungsbericht schreiben könnte, was sie dann auch getan hat.

Vielen Dank Sabrina, dass du uns an deiner Geschichte teilhaben lässt!

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In der Ruhe liegt die Kraft

Als mir bewusst wurde, dass das Rheuma für mich ein Geschenk ist, verspürte ich einen nie da gewesenen Frieden. Ich begann die Krankheit zu akzeptieren und als Teil meiner Selbst anzusehen. Das Verleugnen und nach einem Schuldigen suchen war endlich vorbei. Der Stress und die Anspannung liessen nach. Ich begann zu begreifen, dass mich das alles mehr rettet als es mir schadet. Doch diesen Weg zu gehen und zu begreifen, hat sehr lange gedauert und der Prozess geht jeden Tag weiter. Wieder und wieder lerne ich etwas dazu. 

Wie kann man eine unheilbare Krankheit als Geschenk ansehen? Das habe ich mich auch all die Jahre gefragt. Eine Krankheit zu haben, bedeutet in unserer Gesellschaft schwach und gebrechlich zu sein. Ich hatte das Gefühl, nicht mehr dazuzugehören zu den anderen. Doch genau da liegt der Punkt: Dieses Gefühl kam von mir und meinen Wahrnehmungen. Niemand hat mich je im Stich gelassen, sondern ich habe nicht nach Hilfe gefragt. Das ist ein Widerspruch in sich. Schlussendlich war ich diejenige gewesen, die diese Gefühle hatte und sie waren vollkommen unbegründet, denn wer nicht nach Hilfe fragt, wird auch keine bekommen. 

Als ich mit 29 Jahren die Diagnose Psoriasis Arthritis bekam, war ich erstmal geschockt. Ich hatte als Kind schon einmal Symptome dieser Art gehabt, doch 23 Jahre war alles still, warum jetzt? Der junge Arzt damals im Triemli Spital nahm mich wirklich wahr. Er nahm sich Zeit für mich und klärte mich auf. Natürlich sprach er von Tabletten und Spritzen, doch die Entscheidung lag immer bei mir. Es war richtig mich über den Worst Case aufzuklären, ja wenn ich so weitermachte, dann könnte das meine Kniegelenke so zerstören, so dass ich neue bräuchte. Damals wusste ich nicht, was das bedeutete. Denn es steckte viel mehr Wahrheit dahinter, als ich dachte. 

Vertrauen

Wenn ein Arzt sagt, tu dies und jenes, dann vertraue ich, denn sie haben das studiert. Ich war allein mit meiner Krankheit. Ich holte mir bei der Rheumaliga eine zweite Meinung ein und sie bestätigten mir das Vorgehen der Ärzte. Dies war der Weg, den ich anfangs ging, für den ich mich allein entschieden habe. Leider muss ich sagen, dass ich mir keines anderen bewusst gewesen war. Die Medikamente haben geholfen; natürlich taten sie das, denn sie linderten die Symptome. 

Ich entschied mich einfach so weiterzumachen wie bisher, einfach mit den Medis. Alle Verantwortung für meine Gesundheit legte ich in die Hände der Ärzte. Leider verleugnete ich das Rheuma, erzählte fast niemandem davon, hatte Angst, dass ich als kranker Mensch nicht mehr die Wertschätzung erhalten würde, wie ein gesunder. Der Stich der Spritze jede Woche ins Bein tat weniger weh als die Tatsache, mich und mein Leben anzuschauen, ob es noch das ist, was ich will.

Die erste Warnung kam mit Leberproblemen und nun musste ich das, was mich vor grösseren Gelenkproblemen beschützen sollte, absetzen. Da war sie wieder – anderthalb Jahre später – die Angst, dass alles wieder hochkommen würde, die Schmerzen, die Schwäche, alles. 

Tabletten ersetzten die Spritzen und es half wirklich. Es fühlte sich so an, als würde ich nichts mehr nehmen. Irgendwann tauchte dann die Frage auf, ob es überhaupt noch notwendig sei. Vier Jahre hiess es im Triemli Spital, wenn die Zeit vorbei ist ohne Symptome, dann könnten wir ans Absetzen denken.

Ich hatte bei der Rheumaliga angefragt, ob ich anderen Menschen beistehen könnte, die dasselbe durchmachten wie ich und dadurch drei wunderbare Kontakte geknüpft. Es tat mir gut, anderen zu helfen, denn ich wusste, wie allein ich mich fühlte, als ich die Diagnose bekam. Dabei fiel zum ersten Mal in einem Gespräch der Begriff Naturmedizin und Ernährungsumstellung. 

Darüber hatte ich mir vorher keine Gedanken gemacht und ich begann allein meine Ernährung anzuschauen. Zucker, Weizen, Alkohol und tierische Produkte sollte ich weglassen. Ich ging zu einer Naturärztin und zu einer Ernährungsberaterin. 

Ein anderer Weg sollte eingeschlagen werden

Ich erkannte, dass jetzt die Zeit war, einen anderen Weg einzuschlagen. Mein Leben bekam sowieso nebenbei eine Kehrtwendung und warum dann nicht alles anschauen. Ich hatte gelesen, dass man beim Absetzen langsam vorgehen sollte. Die Ärztin im Triemli Spital wies mich darauf hin, was es bedeutete, wenn ich diesen Weg gehen würde. Ich müsste alle Lebensbereiche anschauen und der Prozess würde lange dauern. Ich muss euch sagen, er dauert immer noch an und das ist auch vollkommen in Ordnung so. Die Entscheidung die Ernährung umzustellen und die Tabletten daraufhin abzusetzen war das Beste was ich jemals getan habe. 

Es gab einen Rückfall und circa einen Monat nachdem ich die Tabletten abgesetzt habe, reagierte mein Kniegelenk und ich musste zurück ins Triemli Spital. Es war für mich ein Tiefpunkt und ich war kurz davor aufzugeben. Damals lernte ich Dr. Russo kennen und schätzen. Es ist so einfach, wenn man auf so verständnisvolle Art und Weise betreut wird. Niemand in diesem Krankenhaus hat mich schräg angeschaut oder verurteilt. Schliesslich habe ich auf eigenem Wunsch die Tabletten abgesetzt und bin einen Monat später wieder da gewesen für eine Punktion. Sie haben mich mit offenen Armen empfangen und ich war so wütend auf mich selbst, denn irgendetwas hatte ich noch nicht bedacht.

Auch der Job musste gewechselt werden

Ich habe dann auch gemerkt was das war. Mit Rheuma ist es für mich nicht mehr möglich im Schichtdienst zu arbeiten. Ich brauche eine gewisse Regelmässigkeit. Ausserdem setzte ich mich als Zugbegleiterin jeden Tag den widrigsten Bedingungen aus mit Wind und Wetter sowie den Bewegungen des Zuges. 

Das war für mich der Zeitpunkt meinen Beruf zu hinterfragen und mein Unternehmen steht bis heute hinter mir, ich konnte intern einen neuen Weg einschlagen. Niemals hätte ich gedacht, dass alles so ablaufen würde. Den geliebten Job freiwillig zu wechseln und loszulassen, fiel mir nicht leicht. 

Gesundheit als das wichtigste im Leben

Doch es gibt etwas Wichtigeres in meinem Leben und das ist meine Gesundheit. Ich habe gelernt, was es bedeutet Rheuma zu haben. Es bedeutet langsamer zu gehen, sich mehr Ruhe zu gönnen und mehr Zeit für sich selbst zu nehmen. Das ist für mich sehr herausfordernd, denn ich habe immer alles im Turbogang gemacht. Es ist schon erstaunlich, dass das Leben jemandem wir mir, die alles im doppelten Turbogang absolviert, eine Krankheit schenkt, die mich so sehr abbremst. Das ist auch etwas, was ich lernen durfte: Das eigene Abbremsen. Es ist leicht zu lernen schneller zu sein als andere, doch wiederum langsamer zu werden, ist unglaublich ungewohnt. Anfangs fühlte ich mich wie ein kleines Kind was gerade laufen lernt. 

Rheuma zu haben und sich der Krankheit zu stellen, bedeutet mehr auf die eigenen Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen, sie schnell zu erkennen und dem Körper zu zuhören, denn er teilt sich mit. Die Krankheit bedeutet, sich gesund zu ernähren und mehr Schlaf für sich zu beanspruchen, doch das gilt in der Regel ja auch für jeden gesunden Menschen. Hilfe anzunehmen ist einer der wichtigsten Punkte und zu sehen, dass das keine Schwäche ist, sondern ein Zeichen eines starken Charakters. Wir müssen nicht alles allein machen, sondern einfach das, was wir können. Rheuma bedeutet, sich mehr Wärme und Liebe zu geben, doch wo lernt man das? Das wird einem nicht beigebracht, sondern das findet man mit der Zeit heraus, wenn man es wirklich will. 

Ein Prozess bei dem Ganzen war es auch mir zu verzeihen, was ich mir jahrelang angetan habe, denn die Medikamente haben am ganzen Körper Spuren hinterlassen. Die Nebenwirkungen kamen erst Jahre später zum Vorschein. Es kostet Kraft sich selbst zu vergeben und es ist nicht leicht. 

Mut und Selbstverantwortung

Dass ich jetzt den Mut habe, meine Krankheit anzunehmen, hier meine Erfahrungen mit euch zu teilen und mich zu zeigen, bedeutet für mich Selbstverantwortung zu übernehmen. Das Rheuma bedeutet für mich, mich selbst anzunehmen und so zu sehen wie ich bin. Ein wertvoller und liebenswerter Mensch, der sich gesund ernährt, viel Ruhe braucht und ein Wenig feinfühliger durch die Welt geht. Seitdem 1. Januar 2020 nehme ich keine Medikamente mehr, die Winter ohne Sonne sind herausfordernder als der Sommer. Das Vitamin D fehlt und das Tageslicht. Manchmal fühle ich mich, als wenn ich mich im Winterschlafmodus befinde. Doch das alles macht mir nichts mehr aus, wenn ich daran denke, was ich alles erreicht habe. 

In der Ruhe liegt die Kraft, das ist jetzt mein Motto. Ich lerne und wachse jeden Tag daran. Es geht Schritt für Schritt weiter und wie schön ist es, das Leben ein Wenig achtsamer wahrzunehmen, denn ich sehe Dinge, die ich vorher nie bemerkt habe. 

Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich so gut unterstützt werde, beruflich als auch privat. Es war nicht einfach, das alles so zu sehen, ich durfte viel dazulernen. Was gibt mir diese Krankheit? Was schenkt sie mir? Das Rheuma gibt mir das grösste Geschenk der ganzen Welt und das bin ich. Ich darf es erzählen, mich mitteilen, sagen was ich gerade jetzt brauche. Wer kann das schon?  

Das zu begreifen, bedeutet für mich alles und so habe ich gelernt, was es heisst, wenn ich es richtig angehe. Stolpern und Stürze sind erlaubt. Ich bin ein Mensch und ich darf Fehler machen und ich bin bereit sie für meine Gesundheit zu machen. Es sind Grenzen, die ich überschreite, die das System und die Gesellschaft betreffen. Fragen, die ich stelle und Antworten, die ich von Anderen aber vor allem von mir selbst fordere. Ich habe viele Antworten bei mir gefunden, denn ich war bereit zu suchen und ihnen ins Auge zu blicken. 

Ihr könnte das auch!

Ich hoffe, ihr könnt das auch und hoffentlich macht es euch ein wenig Mut. Es lohnt sich, diesen Weg für sich selbst einzuschlagen, er bringt nur Gutes und ein unglaubliches Gefühl von Freiheit. Es ist gut zu wissen, dass ich die richtigen Menschen um mich herumhabe. Das habt ihr auch, die Frage ist nur, könnt ihr es sehen und schätzen. An dieser Stelle möchte ich Kevin Nobs danken, dass ich hier meinen Erfahrungsbericht veröffentlichen darf. Dr. Russo, der mich auf Kevin und FOOD MOVEMENT gebracht hat. Ebenso Petra Müller, durch sie bin ich auf das ganze Thema Ernährung und die ätherischen Öle aufmerksam geworden. Vielen Dank der Rheumaliga, die immer ein offenes Ohr haben und dem Team des Rheumaambulatorium des Triemli Spitals, die mich all die Jahre unterstützt, mir zugehört und mich wahrgenommen haben. Es tut gut zu wissen, dass ich immer geschützt bin, egal welchen Weg ich gehe. Ich bedanke mich auch bei meiner Hausärztin, die mich beim Berufswechsel unterstützt hat und meiner Ernährungsberaterin. Ausserdem möchte ich meiner Physiotherapeutin, ihrem Team und den Schmerztherapeuten in Zürich danken, die mir Liebscher&Bracht nähergebracht haben. Das hat alles zum meinem Heilungsprozess beigetragen sowie viele Fachliteratur und Selbstcoachingmethoden. Vor allem aber danke ich meiner Familie und meinen Freunden, die ich immer um Hilfe bitten kann, ich darf einfach den Mut dazu haben. Dieser Bericht hier ist in erster Linie für mich aber auch für euch als Dankeschön, ich hoffe, ich habe niemanden vergessen zu erwähnen.

Gluten – essen oder nicht essen?

Interview & Foto: Petra Müller, ehemalige Betreiberin von Freakfood
mit Laura Koch, Ernährungsberaterin BSc BFH am NHK Zürich

Liebe Laura, als Mensch mit einer Autoimmunerkrankung bin ich seit Jahren verunsichert, ob ich glutenhaltige Getreide meiden oder nur mindern soll. Was ist deine Empfehlung?
Ich rate bei akuten Entzündungen (v. a. auch im Magen-Darm-Bereich), auf Gluten zu verzichten. Grundsätzlich ist es aber so, dass unsere Darmflora sich längerfristig nicht zu sehr auf glutenfrei einstellen sollte (sofern keine Zöliakie vorhanden ist). Gluten wir dann zum Problem, wenn die Darmwände beschädigt sind. Für diese Beschädigung sind verschiedene Einflüsse verantwortlich – aus der Ernährung ist es ganz klar der Weizen. Das sogenannte Weizenkeimagglutinin (ein Lektin) sorgt immer wieder für kleinste Verletzungen der Mikrovilli (Bürstensaum des Darms). Klar, diese können sich auch wieder rückbilden, das dauert aber je nach Mikronährstoffstatus der Person einen bis mehrere Tage. Immer wieder Weizen und andere unpassende Lektine zu essen sehe ich also als problematischer, als ab und an Gluten zu essen z. B. in Form von Urdinkel-Sauerteigbrot.

Kürzlich habe ich festgestellt, dass Dinkel eigentlich mehr Gluten enthält als Weizen. Weshalb gilt Dinkel dennoch als verträglicher?
Im Dinkel ist das oben erwähnte Weizenkeimagglutinin (engl. Wheat-Germ-Agglutin) nicht vorhanden. Dieses Lektin macht den grossen Unterschied. Ist stelle in der Praxis fest, dass v. a. auch Menschen mit Reizdarm Dinkel/Urdinkel vertragen, Weizen hingegen nicht.

Als ich nach mehreren Wochen Verzicht auf glutenhaltige Getreide ein Urdinkelbrötchen gegessen habe, wurde ich innerhalb einer Stunde unglaublich müde. Ist das Zufall, oder kennst du so ein Phänomen?
Es gibt zwei Erklärungen für dieses Phänomen. Erstens: du hast mit dem Brötchen für einen überhöhten Blutzuckeranstieg gesorgt, die Bauchspeicheldrüse hat verstärkt mit Insulin gegengesteuert mit der Folge, dass der Blutzucker wiederum zu stark absinken konnte. Diese sogenannte Unterzuckerung führte dann zur Müdigkeit. Die zweite Erklärung: Die Darmbakterien haben sich bereits stark auf das fehlende Gluten eingestellt. Wird es nach längerer Zeit dann wieder in grösseren Mengen zugeführt, überfordert das die Darmmitbewohner. Die nun neue Bakterien-Gesellschaft erkennt das Eiweiss nicht mehr und verstoffwechselt es zu potentiell pro-entzündlichen Metaboliten. Diese können die Darmwand passieren und bis ins Gehirn gelangen. Unter anderem ist „Gliadomorphin“ bekannt, welches zu Benommenheit und Müdigkeit führen kann. Ein schrittweises Wiedereinführen könnte die Darmflora wieder daran gewöhnen, was den Effekt womöglich beheben würde.

Welche Getreide empfiehlst du Patient*innen mit einer chronischen entzündlichen Erkrankung?
Ich empfehle v. a. Hafer, Hirse sowie sogenannte Pseudogetreide wie Quinoa, Amaranth, z. T. auch Buchweizen sowie Mais und bei guter Toleranz auch Urdinkel. Weizen empfehle ich grundsätzlich nicht, bei Gerste und Roggen empfehle ich Sauerteig-Varianten zu bevorzugen und nicht übermässig viel davon zu essen.

Immer wieder stelle ich fest, dass Menschen glutenhaltige Getreide meiden müssen oder möchten und zu Fertigprodukten greifen, vor allem Backwaren. Ich persönlich vertrage die darin enthaltenen und meist verwendeten Mais- und Kartoffelmehle nicht. Was rätst du?
Unsere Darmbakterien sind grundsätzlich mit möglichst unverarbeiteten Grundnahrungsmitteln am besten bedient, daher rate ich natürlich zu selbst gemachten Alternativen. In glutenfreien Fertigprodukten sind nicht nur Mais- und Kartoffelstärke enthalten, sondern auch Zusatzstoffe, welche die negative Wirkung von Lektinen sogar verstärken können. Es gibt aber Qualitätsunterschiede bei den Fertigprodukten. Ich rate bei Backwaren z. B. zu Varianten, welche Sauerteigferment drin haben und auf Reis oder Quinoa basieren. Interessant ist, dass insbesondere Menschen mit Blutgruppe 0 schlechter auf Mais und A-Typen schlecht auf Kartoffeln reagieren. Daher beachte ich auch da das Lektinmuster und die individuelle Anti-Genstruktur (Blutgruppe). Z.B. glutenfreie Spaghetti aus Buchweizen oder Reis für 0-Typen und Mais/Reis-Alternativen für A-Typen.

Ganz herzlichen Dank für diese spannenden Informationen!

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Wer mehr von Laura Koch erfahren möchte, sei ihr Buch „Essen, geniessen, gesund bleiben“ empfohlen, das im AT Verlag herausgekommen ist. Wir haben es in diesem Beitrag vorgestellt.

Podcast mit Bas Kast

Text: Petra Müller, Geschäftsleitung FOOD MOVEMENT

Wer keine Zeit hat, das von uns vorgestellte Buch „Der Ernährungskompass“ von Bas Kast zu lesen, kann sich aufs Sofa fläzen und Bas Kast und seinen Gastgebern zuhören, was er alles zu gesunder Ernährung zu sagen hat.

In dem Podcast der ZEIT bleibt der Gast so lange auf Sendung, bis er ein zu Beginn vereinbartes „Stichwort“ ausspricht – nämlich erst dann, wenn er meint, alles Wichtige gesagt zu haben.

Hier geht es zu zugegebenermassen unglaublichen 4 Stunden Podcast:
https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-08/bas-kast-interviewpodcast-alles-gesagt

Angstmache

Text & Foto: Petra Müller, Geschäftsleitung FOOD MOVEMENT

Wer selbst eine chronische Krankheit hat oder jemanden mit einer solchen Erkrankung kennt, hat ziemlich sicher auch schon einmal die unschöne Erfahrung machen müssen, dass Ärzte (und wohl auch Ärztinnen) nicht davor zurückschrecken, die Methode «Angstmache» anzuwenden.

Gerade kürzlich habe ich eine Frau beraten, die wie ich mit der Diagnose rheumatoide Arthritis lebt. Sie hat mir erzählt, dass ein Rheumatologe ihr auf ihr Zögern, das Medikament Metothrexat zu nehmen, entgegnete: «…oder möchten Sie im Rollstuhl landen?»

Ich frage mich bei solchen Geschichten mehrere Dinge: Weshalb hat ein Arzt es nötig, die Angstmach-Methode anzuwenden? Wieso scheint es ihm egal zu sein, was man als Patientin von so einem Arzt denkt? Weshalb denkt so ein Arzt, dass sich so eine Bemerkung rechtfertigt? Wie kann ein subjektiv intelligenter Mensch solchen Unfug aussprechen? Weshalb nimmt ein Arzt seine Patienten nicht ernst? Und: Ist so einem Arzt wirklich nicht bewusst, dass solch ein Verhalten nicht nur Angst, sondern auch eine fremderfüllende Prophezeiung auslösen kann – wenn man sich als Patientin erdreisten sollte, NICHT auf die Empfehlung einzugehen?

Auch mir sagte mein erster Rheumatologe: „Frau Müller, Sie werden den Rest Ihres Lebens immer stärkere Medikamente einnehmen müssen.“ Wäre ich nicht so ein Dickkopf, hätte ich meine Medikamente wohl nicht sukzessive reduzieren und vor drei Jahren ganz absetzen können.

FOOD MOVEMENT hat unter anderem den Anspruch, durch Aufklärungsarbeit selbständig denkende und entsprechend agierende Patienten zu fördern. Solange selbst auf Darmerkrankungen spezialisierte Ärzte es zum grössten Teil immer noch Humbug finden, dass unsere Ernährung selbst bei Darmerkrankungen eine wichtige Rolle spielt, werden wir hoffentlich nicht müde, unsere Ziele bekannt zu machen.

Es bleibt zu hoffen, dass steter Tropfen den Stein höhlen wird und möglichst wenige Menschen Angstmache von Ärzten erleben müssen.

(Schreibt uns eure Erfahrungen und Geschichten, wir zeigen sie gerne auch auf diesem Kanal)


Mouni: Rheumatoide Arthritis

Einführungstext: Petra Müller, Geschäftsleitung FOOD MOVEMENT
Erfahrungsbericht: Anke Mouni Meyer,
Eat & Move, Hamburg

Vor ein paar Wochen war ich in Norddeutschland, meine liebe Cousine besuchen (hallo Elke!). Anschliessend habe ich ein paar Tage in Hamburg verbracht. Kurz zuvor hatte mir eine Bekannte erzählt, dass sie soeben das Buch von Mouni Meyer bestellt habe, Mouni lebt wie ich auch mit der Diagnose rheumatoide Arthritis. Mir war Mouni bereits ein Begriff, da ich deren Schwester Ingrid Meyer-Legrand auf Facebook folge und Ingrid ab und zu auf das Schaffen ihrer Schwester verweist.

Ich wusste auch, dass Mouni in Hamburg wohnt. Deshalb dachte ich: Wieso nicht Kontakt aufnehmen und fragen, ob sie an einem Treffen zum Tee interessiert ist? Die Antwort kam prompt: Natürlich!

So kam es, dass ich mich an einem sonnigen Mittwoch in Hamburg-Eppendorf mit Mouni im Petit Café verabredete. Schon als ich anspaziert kam, winkte sie mir in ihrem Blümchenkleid entgegen. Ich kann nicht sagen, woran es lag, aber schon nach wenigen Minuten entstand zwischen Mouni und mir eine so entspannte und vertraute Atmosphäre, dass wir über weit mehr als das Austauschen von Arthritis-Erfahrungen sprachen. Nachdem der Kaffee (ich) bzw. der Tee (Mouni) längst ausgetrunken war, verspürten wir langsam Hunger. Mouni fragte mich, ob ich sie grad noch zum Mittagessen in ein makrobiotisches Restaurant begleiten wolle. Aber sofort!

Im Fröhlichen Reisball assen wir einen köstlichen makrobiotischen Teller mit Chicorée-Salat, Linsen, Fenchel, Broccoli und Reisplätzchen. Für mich war es wunderbar, eine so warme, sympathische und lustige Frau zu treffen und mich mit ihr auszutauschen. Ich hatte noch nie jemanden getroffen, der einen so ähnlichen Umgang mit dieser Krankheit hat, obwohl wir sicherlich sehr verschieden sind. Ich bewundere Mouni, dass sie zu Zeiten ohne Internet den Mut hatte, auf schulmedizinische Medikamente zu verzichten und ihren eigenen Weg einzuschlagen. Was für ein Privileg, sie bei dieser Gelegenheit kennenzulernen. Mouni, du bist eine tolle Frau!

Wir bedauerten beide, dass es aus zeitlichen Gründen nicht möglich war, uns während meines Hamburg-Aufenthaltes noch einmal treffen zu können. Aber wir bleiben in Kontakt, keine Frage!

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Meine himmlischen Rezepte gegen höllische Schmerzen
Ganzheitliche Ernährung bei Rheuma, Gicht und Arthrose

Als ich mit 24 Jahren an rheumatoider Arthritis erkrankte, habe ich nicht erwartet, dass ich mich in meinem Leben noch mal so intensiv mit dem Thema Ernährung beschäftigen und mich zu einer leidenschaftlichen Köchin entwickeln würde.

Mit meinen jungen Jahren konnte ich gar nicht kochen. Ich lebte zu dem Zeitpunkt in einer Gemeinschaft mit einer Horde netter Menschen, die sich abwechselnd in die Küche stellten und ich durfte genießen, was serviert wurde. Dafür habe ich dann andere Arbeiten gemacht.

In den 80er -jahren, zum Zeitpunkt meiner Diagnose, gab es einen großen Skandal mit Rheumamedikamenten. Die Zeitschrift „Der Spiegel“ berichtete damals. Vielen Menschen ging es hundsdreckig mit der verabreichten Medizin und nicht wenige starben daran. Die Aussicht daran sterben zu können, hat mir Angst gemacht, und der Weg mit den üblichen Medikamenten, wie sie damals verschrieben wurden, kam für mich nicht in Frage. Ich hielt die Schmerzen aus und schaute mich nach anderen Heilungsmöglichkeiten um. Dabei bin ich auf die fernöstliche Medizin gestoßen, deren großes Wissen über die Wirkung von Lebensmitteln, Kräutern und speziellen Zubereitungen mich tief beeindruckten.

Die Ernährungslehren, die ich entdeckte und zu praktizierten begann, waren die makrobiotische und die 5–Elemente-Ernährung der traditionellen fernöstlichen Medizin. Das war ein großes Glück! Denn sonst gab es weit und breit nur wenig Informationen zur Ernährung bei Rheuma. Die Ernährung wird in der fernöstlichen Medizin als ein ganz wichtiger Pfeiler gesehen, um Krankheiten vorzubeugen und zu lindern. Dabei werden auch die Eigenverantwortlichkeit und die Mitarbeit des Patienten erwartet, damit die Therapie gelingt.

Die wichtigsten Prinzipien dieser Ernährungslehren kurz zusammengefasst:
⁃ Zuckerhaltiges stark minimieren
⁃ überwiegend gekochtes Essen zu uns nehmen
⁃ überwiegend warme Getränke – vor allem Wasser
⁃ weniger Brotmahlzeiten – mehr Gekochtes mit Gemüse – auch Suppen
⁃ gut kauen
⁃ dem Kochen und Essen Aufmerksamkeit geben
⁃ jahreszeitliches Kochen/saisonales Obst und Gemüse
⁃ deinen individuellen Zustand berücksichtigen (dabei hilft eine Ernährungsberatung)

Damit hatte ich einen ganzheitlichen Ansatz gefunden, in dem es nicht nur darum ging, was ich am besten esse. Nein, es werden auch andere Fragen gestellt: Wie sind deine Beziehungen zu anderen? Fühlst du dich wohl an deinem Arbeitsplatz? Hast du genug Zeit, dich auszuruhen? Fühlst du dich geschützt und geliebt? Bewegst du dich genug? Denn all dies beeinflusst deine Gesundheit.

Doch zuerst kam das Essen und das ist bei mir bis heute so geblieben. Mit dem, was ich esse, kann ich meinen Gesundheitszustand am besten beeinflussen.

Also begann ich zu kochen. Zuerst lernte ich aus entsprechenden Kochbüchern. Doch bald entdeckte ich ganz in meiner Nähe einen Bioladen, der wöchentlich Kochkurse anbot. Ich ging hin und das jede Woche. Es hat richtig viel Spaß gemacht und ich setzte alles gleich begeistert um.

Schmerzen waren stark und leider verschwanden sie nicht von heut auf morgen. Mir blieb nichts anderes übrig, als geduldig zu sein. Intuitiv wusste ich, dass ich nicht zu meinen alten Gewohnheiten zurückgehen konnte – mit viel Käse, Zucker, Alkohol, Zigaretten und einem aufreibenden Lebensstil. Die Änderungen, die ich damals gemacht habe, waren enorm.

Ich verzichtete komplett auf Milchprodukte (ich liebte Käse), Nachtschattengewächse, Zigaretten (Tabak ist auch ein Nachtschattengewächs), Zucker (das war richtig schwer), kochte mir ab sofort ganze Mahlzeiten mit viel Gemüse, Eintöpfen, Tofusteaks, mariniertem Tempeh, aß regelmäßig Fisch, Mandeln, Sesam, Meeresalgen, Hülsenfrüchte, Quinoa, Reis oder mit Kürbis gebackene Hirse und vor allem regelmäßig grünes Gemüse. Es war variationsreich, bunt und unglaublich lecker. Ein neues Leben begann. Bevor ich mit dieser Reise startete, war mir fast immer kalt. Das veränderte sich schnell und nachhaltig. Heute komme ich mit jedem Wetter zurecht.

Warum? Weil ich anfing, jahreszeitlich zu kochen, d.h. im Winter kaum bis gar keine Rohkost, im Sommer dafür mehr und ich verkochte möglichst nur Gemüse und Obst, was zur jeweiligen Saison wuchs. Ich aß also überwiegend gekochtes und meist warmes Essen.

Bevor ich damit loslegte, habe ich verschiedene Ernährungsrichtungen ausprobiert, die für mich, wie ich schnell merkte, nicht funktionierten: Rohkost, Fit for life, Fasten (1/2 Tag habe ich das ausgehalten) Vollwert- mit Frischkornmüsli, Milchprodukten und Rohrohrzucker und Honig – für mich alles völlig unpassend.

Am Anfang der Umstellung habe ich noch eine Ernährungsberatung in Anspruch genommen, die mir eine gute Orientierung gab.

Es war natürlich nicht immer einfach mit der Umstellung, bemerkte ich doch mit Erstaunen, dass ich nach bestimmten Lebensmitteln regelrecht süchtig war. Dazu gehörte Brot und eben auch der weiße Zucker.

Die Seele spielt auch eine Rolle
Doch die Seele wollte auch gehört werden und für meine inneren Konflikte habe ich den Mut gefunden, eine Psychotherapeutin aufzusuchen, die mir mit Gestalt- und Gesprächstherapie weitergeholfen hat. Endlich konnte ich meine Konflikte an die Oberfläche holen, Gefühle zulassen und verstehen.

Das brachte Bewegung in meine Gefühlswelt und auch auf körperlicher Ebene hatte ich immer mehr Tage, an denen ich keine Schmerzen hatte. Diese Momente dehnten sich aus und nach ca. 2 Jahren war ich überwiegend schmerzfrei. Für mich ein großer Erfolg.

Medikamente habe ich in all den Jahren kaum genommen. Ab und zu nahm ich Ibuprofen, was mir gut half, und später entdeckte ich die Neuraltherapie für mich. In Hamburg gibt es einen hervorragenden Arzt, der die Neuraltherapie gekonnt anwendet: Er hat mir geholfen, meinen guten Zustand zu stabilisieren.

Weiterbildung und daraus einen neuen Beruf entwickelt:
Begleitend zu meinem Berufsleben in unterschiedlichen Unternehmen (Sachbearbeiterin, Verkauf, Marketing) begann ich, mich in dem Bereich Gesundheit und Ernährung weiterzubilden. Ich besuchte eine Kochschule in Köln und ließ mich zur Fachfrau für Bio-Gourmet-Ernährung ausbilden – es kam eine Fortbildung in Kochen nach den 5 Elementen und eine Ausbildung zur Ernährungsberaterin nach TCM dazu. Mit verschiedenen Praktika in gesundheitsorientierten Einrichtungen und unzähligen Seminaren vertiefte ich mein Wissen rund um das Thema.

Mittlerweile gebe ich mit großem Engagement Ernährungsseminare für Menschen mit Rheuma und zeige ihnen, wie es möglich ist, mit unserem täglichen Essen ganz viel für ihre Gesundheit zu tun. Dabei profitieren meine Teilnehmer*innen von meiner 30-jährigen Erfahrung und etlichen Fortbildungen, die ich im Laufe meines Lebens absolviert habe. Der Schwerpunkt in meinen Seminaren liegt auf dem gemeinsamen Kochen und ich zeige dabei, welche Lebensmittel und Zubereitungen wir einsetzen können, um unsere Gesundheit zu stärken. Ganz nebenbei wird sich lebhaft ausgetauscht und sich gegenseitig Tipps gegeben. Noch dazu gibt es jede Menge an wichtigen Hintergrundinformationen, die wir brauchen, um mit Rheuma umzugehen und es zu lindern.

Ein Buch ist entstanden!
Letztes Jahr habe ich dann endlich mein Buch geschrieben! Es lag mir schon so lange auf der Seele, es zu schreiben. In diesem Buch „Ganzheitliche Ernährung bei Rheuma, Arthrose & Gicht – meine himmlischen Rezepte gegen höllische Schmerzen“ findest du 120 Rezepte, die auch für Menschen ohne Rheuma ein Genuss und eine Bereicherung sind. Die Rezepte sind alltagstauglich und es bringt Spaß, in dem Buch zu stöbern, weil es richtig spannende Artikel zu unterschiedlichen Gesundheitsthemen enthält – auch für „gesunde“ Menschen.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass wir alle, die wir mit Rheuma zu tun haben, unseren eigenen Weg finden müssen. Die einen nehmen die modernen Rheumamedikamente und fühlen sich wohl damit. Andere kombinieren Ernährungstherapie mit den modernen RA-Medikamenten und kommen gut zurecht. Einige, so wie ich, verlassen sich auf die Ernährung und nehmen vielleicht noch Nahrungsergänzungsmittel hinzu und kommen damit gut weiter. Wenn ich schreibe, dass ich keine Medikamente genommen habe, bedeutet das nicht, dass ich denke, dass es besser ist, keine zu nehmen. Ich weiß, dass es manchmal wirklich notwendig ist, damit wir überhaupt die Kraft haben, es anzupacken. Meine Hinweise in diesem Artikel ersetzen keinen Arztbesuch.

In der chinesischen Sprache sind die Schriftzeichen für Krise und Chance die gleichen. Das kann uns froh stimmen, denn genauso habe ich es erlebt: In der Krise liegt die Chance! Hole dir dabei soviel Unterstützung, wie du brauchst. Ich bin mir sicher, dass du deinen Weg findest.

Du möchtest mehr über mich und meine Arbeit wissen?
Du findest alles dazu hier: Eat & Move

Das Buch kannst du entweder direkt beim Thieme Verlag bestellen oder über Amazon.

Mirjam: Morbus Crohn

Interview: Petra Müller, Initiantin von FOOD MOVEMENT
Foto: Mirjam Hill

Kein Erfahrungsbericht hat mich bisher so bewegt wie derjenige von Mirjam. Nach einem über einstündigen Telefongespräch konnte ich kaum glauben, was ich da soeben für eine haarsträubende Geschichte gehört hatte. Konnte das wirklich stimmen? Kann es sein, dass jemand in der Schweiz so behandelt wird?

Mirjam und ich verblieben so, dass wir ihren Erfahrungsbericht in Form eines Interviews gestalten würden. Als der beantwortete Fragebogen dann bei mir eintraf, musste ich erneut leer schlucken. Diese Geschichte ist so ungeheuerlich, dass ich nicht wusste, ob sie wirklich wahr sein kann. Viele Tage trug ich dieses Gefühl mit mir herum und wusste nicht, wie und ob ich die „Richtigkeit“ überprüfen könnte.

Irgendwann war ich mutig und griff zum Telefonhörer. Ich erklärte Mirjam, dass ich ihre Geschichte immer noch so unglaublich finde und ehrlich gesagt einen Hauch an deren Echtheit zweifle. Mirjam reagierte wunderbar. Sie meinte, dass sie das gut verstehen könne. Unser Gespräch dauerte erneut eine Stunde. Ich äusserte auch meine Bedenken an Anthony Williams, dessen Empfehlungen sie in den Antworten erwähnt. Auch diese Zweifel konnte Mirjam sehr gut verstehen – weil sie diese Zweifel anfänglich auch hatte.

Dieser Erfahrungsbericht ist nichts für schwache Nerven. Mirjam und ich verzichten auch explizit auf „Beweisfotos“ von ihr im Spital, von denen wenige existieren – die meisten Spitalaufenthalte fanden vor der Zeit der Smartphones statt, wo man auf die Schnelle ein Foto hätte machen können. Zudem wollen wir hier auf FOOD MOVEMENT nicht „Sensationsjournalismus“ betreiben. Aber dennoch finde ich es wichtig, dass solche Geschichten ebenfalls in die Welt hinausgetragen werden.

Hier geht es zu unserem Interview.
Ganz herzlichen Dank für deine Offenheit, liebe Mirjam!

Liebe Mirjam,
Du hast – wie viele Menschen mit einer chronischen Erkrankung – eine lange Odyssee hinter dir, bis du die Diagnose Morbus Crohn erhalten hast. Wie du mir erzählt hast, hat das bereits in der Kindheit begonnen. Wie hat sich das geäussert, und was hat man dagegen unternommen und ausprobiert?

Eigentlich bin ich bereits mit Beschwerden zur Welt gekommen, wollte nichts essen und habe nur geweint. Meine Mutter rannte mit mir von Arzt zu Arzt aber keiner nahm sie ernst, es hiess nur: „Kein Kind verhungert freiwillig, sie wird schon essen, wenn sie genug Hunger hat!“ Aber ich nahm weiterhin nur ab statt zu und meine arme Mutter hatte einen riesen Stress, mich nur schon am Leben zu erhalten.

Seit ich denken kann, habe ich auf Stress mit Bauchschmerzen und Durchfall reagiert, essen fand ich Zeitverschwendung und so ass ich oft nur 1 Mandarine und 1 Schinkensandwich – pro Woche! Aber die Ärzte fanden in all den Jahren nichts.

Mit knapp 20 habe ich dann eine Kur gegen Akne mit dem Medikament Roaccutan gemacht. Nach den 3 Monaten ging es dann richtig los mit den Symptomen und erst als meine Speiseröhre so schmerzte, dass ich nicht mal mehr Wasser schlucken konnte, wurde ich erstmals zu einem Gastro-Enterologen überwiesen, der dann sah, dass die Speiseröhre voller Geschwüre war. Aber erst, als noch schlimme Gelenkschmerzen dazu kamen, wurde mein Darm gespiegelt und es war ziemlich schnell klar, dass ich Morbus Crohn habe.

Welche Beschwerden hattest du in deiner Jugend, und wann wurde dir Morbus Crohn diagnostiziert?
Ich hatte ständig Bauchkrämpfe und Durchfall, vor allem in Stresssituationen und war oft müde und lustlos. Bei der Diagnose war ich knappe 20 Jahre alt.

Was haben dir die Ärzte verschrieben und was für Empfehlungen hast du erhalten? Hat auch jemand deine Ernährung angesprochen?
Die Assistenz-Ärztin kam nach der ersten Darmspiegelung zu mir ans Bett und sagte, dass ich Morbus Crohn hätte, das sei aber überhaupt kein Grund, sich Sorgen zu machen, ich könne damit ganz normal weiterleben. Ich bräuchte einfach mein Cortison, genauso wie ein Diabetiker sein Insulin brauchen würde.

Das war erstmal eine grosse Erleichterung für mich, ich dachte tatsächlich, ich hätte einfach sowas wie einen Cortison-Mangel! Etwas später hat mir mein Gastro-Enterologe dann die ersten Ernährungsempfehlungen gegeben: Möglichst viel Fleisch wegen dem Eisen, möglichst viel Fett und Zucker damit ich wieder zunehme und Energie bekomme und ich solle mich von Gemüse, Salat und Obst fernhalten, da seien zu viele Ballaststoffe drin, das würde meinen Darm unnötig belasten, ansonsten hätte die Ernährung keinen Einfluss auf Krankheiten und ich könne essen, was ich wolle.

Ich muss dazu noch sagen, dass ich sehr schulmedizinisch geprägt aufgewachsen und selber ausgebildete Pharma-Assistentin bin. Deshalb habe ich diese Sachen nicht hinterfragt sondern mich natürlich daran gehalten. Schräg gegenüber der Apotheke, in der ich arbeitete, war eine Bäckerei und so ging ich in jeder Pause rüber und kaufte mir etwas Süsses damit ich möglichst schnell wieder zunehmen und gesund werden würde.

Der Schuss ging natürlich nach hinten los und nach wenigen Wochen landete ich im Krankenhaus und musste das erste Mal künstlich ernährt werden. Da aber auch diese Form der Ernährung vor allem aus Fetten und Zuckerarten besteht und ich das alles nicht vertrug, ging es mir immer schlechter, mein Gewicht sank weiterhin, auch das Cortison vertrug ich überhaupt nicht und ich konnte nicht aufhören, mich zu übergeben. Auch den Durchfall kriegten wir mit Medikamenten nicht in den Griff und nach weiteren 6 Wochen verabschiedete sich mein Arzt in die Ferien und fragte mich, ob ich im Spital bleiben wolle zum Sterben oder lieber nach Hause wolle, er sehe keine Hoffnung mehr für mich, da ich weder Medikamente noch die künstliche Ernährung vertrug und von monatelangem starkem Durchfall und Erbrechen völlig ausgemergelt war.

Diesen Schock musste ich erst verdauen und wollte so schnell wie möglich nach Hause. Das war an einem Freitagnachmittag und dieses Wochenende hätte ich tatsächlich beinahe nicht überlebt. Meine Mutter hielt mich mit einer Banane und Tee am Leben, bis wir am Montag eine neue Lösung gefunden hatten.

Zu einem späteren Zeitpunkt wurden auch diverse Immunsuppressiva eingesetzt, wie Imurek, Remicade und Co. Leider sprach ich darauf überhaupt nicht an. Zudem gefiel mir der Gedanke nicht, dass die gesamte, ziemlich starke Medikation auf einer blossen Vermutung aufbaute, nämlich der, dass Morbus Crohn eine Autoimmunkrankheit sei, doch dafür gibt es bis heute keinerlei Beweise, die Forschung tappt völlig im Dunkeln. Ebenso wenig Sinn machte mir, dass mein Körper sich selber angreifen sollte. Eine kleine Schnittwunde heilte von selber, warum sollte das beim Rest des Körpers anders sein? Die Antwort sollte ich erst Jahre später bekommen. Mein Schmerzmittelverbrauch war in all den Jahren sehr hoch und ich habe manchen Morphium-Entzug hinter mir.

Du hast etliche Krankenhaus-Aufenthalte hinter dir. Magst du kurz erzählen, wie oft und wofür?
Das kann ich beim besten Willen nicht mehr zählen, ich fürchte, da kommen ein paar Jahre zusammen, ich schätze so ungefähr 4 – 5 Jahre Krankenhausaufenthalte insgesamt. Ich war oft monatelang in Spitälern im In- und Ausland. Ich war bei Spezialisten von Basel über Lausanne bis St. Gallen. Mein Bruder wohnte damals in den USA und Kanada, deshalb war ich auch dort ein paar Mal hospitalisiert und hoffte auf neue Erkenntnisse, leider vergebens.

Ich hatte sehr oft sehr starke Schmerzen, war über Jahre stark untergewichtig, bis auf 24 kg abgemagert, konnte nichts essen, weil ich sofort starke Schmerzen bekam und mich übergeben musste. Die Medikamente vertrug ich nicht, ich hatte über 60 Operationen, jede einzelne mit Komplikationen und zig Folgeoperationen.

Oft standen die Ärzte kopfschüttelnd an meinem Bett und sagten, so etwas hätten sie noch nie gesehen und eigentlich könne das gar nicht sein, dass ich jetzt diese oder jene Komplikation hätte. Ich bekam z.B. von einem schlecht gesetzten ZVK (zentralen Venenkatheter für die künstliche Ernährung) eine Thrombose in der Halsvene, so dass ein Stück davon entfernt werden musste in einer NotOP, dann hatte ich einen Porth-à-cath, dessen Schlauch normalerweise vor dem Herzen sitzt. Meiner hatte sich gelöst und war durch das Herz durchgewandert. Nur zufällig hat man das entdeckt, auch hier sofortige NotOP mit staunenden Ärzten.

Einmal erwachte ich aus der Narkose und hatte aus unerklärlichen Gründen einen Pneumothorax, die Ärzte hatten wohl, ohne es zu merken, meine Lunge verletzt. Andere Male hatte ich Darmdurchbrüche, wo die Ärzte weder im Blut noch im Ultraschall etwas davon sahen und ich wurde morgens um 2.00 Uhr aus der Notaufnahme gejagt, ich solle mich nicht so anstellen, ich habe nichts und ich sei doch nur scharf aufs Morphium. Da ich vor Schmerzen schrie, fuhren wir verzweifelt in die nächste Notaufnahme, wo dann erstmal auch nichts Auffälliges gefunden wurde. Wenigstens wurde ich ernst genommen und ins CT geschickt, daraufhin wieder sofortige NotOP, da mein Darm total zerfetzt war, der ganze Bauchraum voller Stuhl und bereits entzündet.

Alles, was es nicht gab, hatte ich; ich war die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Ich hatte immer ganz tolle Blutwerte, ohne erhöhte Entzündungswerte. Deshalb nahmen viele Ärzte meine Beschwerden nicht ernst. Ein hochangesehener Professor hat mich dann irgendwann als körperlich gesund eingestuft, da meine Laborwerte immer bestens waren und meinte aufgrund meines Gewichtes, ich hätte einfach eine Magersucht.

Daraufhin wurde ich vor die Wahl gestellt: Entweder ich verlasse die Klinik sofort (ohne Infusion hätte ich keine 3 Tage in dem Zustand überlebt) oder ich stimme einer Therapie durch eine spezialisierte Psychologin für Magersüchtige zu. Was blieb mir anderes übrig, als widerwillig zuzustimmen? Also wurde ich total isoliert, niemand durfte mehr zu mir oder mich anrufen, ich musste Tagebuch führen und wurde durch diese Frau „therapiert“.

Sie machte mir gleich zu Anfang deutlich klar, dass sie schon viele Magersüchtige in meinem Zustand gesehen hätte und Keine davon hätte überlebt. Eines Tages kam sie aus einem Word-Kurs mit einem Dokument, das sie mir wortlos mit einem breiten Grinsen überreichte. Sie hatte die Geschichte des Suppenkaspers aufgeschrieben und überall statt „Suppenkasper“ meinen Namen eingesetzt. So lautete der letzte Abschnitt folgendermassen: „Am dritten Tag, o weh und ach! Wie ist die Mirjam dünn und schwach! Doch als die Suppe kam herein, Gleich fing sie wieder an zu schrei’n: Ich esse keine Suppe! Nein! Ich esse meine Suppe nicht! Nein, meine Suppe ess‘ ich nicht! Am vierten Tage endlich gar die Mirjam wie ein Fädchen war. Sie wog vielleicht ein halbes Lot – Und war am fünften Tage tot.“

Es waren Monate des Horrors! Aber ich musste ihr Spiel mitspielen, damit ich nicht aus dem Spital flog. Dort hiess es immer wieder, ich wolle nicht gesund werden, weil ich immer wissen wollte, was an Medikamenten mir gegeben wurde und auch beim Essen wollte ich mitreden. Ich wusste, dass mir Blattsalate und Gemüse sehr gut taten, aber mit einer Darmerkrankung hat man im Spital schlechte Karten auf Wunschkost. Da gibt’s einfach das, was die Ernährungsberatung und der Arzt bestimmen, Platz für Diskussionen gibt es leider meist keinen und für Gemüse und Salate schon gar nicht. Zum Glück brachte meine Mutter mir ab und zu etwas zu essen mit, was ich besser vertrug als die Schonkost im Spital!

Mir wurden immer wieder Stücke vom Darm und Abszesse im Bauchraum entfernt. Inzwischen habe ich keinen Dickdarm mehr und nur noch Teile des Dünndarms, zudem fehlen mir Rektum, Scheide, Gebärmutter und ein Eierstock. All das haben die Entzündungen, Fisteln und Verwachsungen regelrecht zerfressen. Seit über 20 Jahren habe ich deshalb ein Ileostoma (künstlicher Dünndarmausgang). Seit 2003 lebe ich nach der letzten grossen, verpfuschten OP mit einer tiefen, eiternden Wundhöhle im kleinen Becken und mehreren offenen, entzündeten Geschwüren, bei denen ich mein eigenes Fleisch und freiliegende Nervenstränge sehen konnte, so tief waren sie. Auch diese Wunden zogen mehrere OPs nach sich und reagierten langfristig auf keinerlei Medikamente oder Behandlungen. Ich musste mich damit arrangieren, was über Jahre nur mit Fentanyl ging.

Irgendwann kam der Punkt, wo auch die Schulmedizin mit deiner Krankheit überfordert war. Du hast mir erzählt, dass du dann notfallmässig in eine ganzheitlich praktizierende Klinik gehen konntest. Was geschah dann?
Ja, genau, das war, nachdem mein Arzt mich gefragt hatte, wo ich sterben möchte und ich dann nach Hause gegangen war. Damals gab es die Aeskulap-Klinik in Brunnen, in der Ärzte und Naturheilpraktiker Hand in Hand therapierten. Ich war nicht sehr begeistert, da ich damals der festen Überzeugung war, ich müsse zu einem „richtigen“ Arzt und nicht zu einem „Chrütlidokter“. Ich hatte jedoch keine Wahl und als ich dort aufs Zimmer kam und man mich fragte, was ich zum Znacht wolle, stockte mir der Atem: Die hatten nur vegane Vollwertkost mit viel Gemüse, Vollkornprodukten und keinen Zucker! Also das pure Gegenteil, von dem, was mir mein Arzt damals geraten hatte.

Ich war in einem derart schlechten Zustand, dass ich dachte, diese Art der Ernährung würde mich umbringen. Ich sass stundenlang vor einer Vollkorn-Gemüsewähe und traute mich nicht, diese zu essen! Im Nachhinein muss ich sagen, dass diese Ernährungsumstellung mein Leben gerettet hat. Ab diesem Zeitpunkt war meine Faszination über Ernährung und ihren Einfluss auf die Gesundheit endgültig geweckt.

Welche persönlichen Strategien haben dir geholfen, das alles auszuhalten und nicht aufzugeben?
Phuu, das ist schwierig zu sagen. Auf jeden Fall eine grosse Portion Galgenhumor! Und ich habe gelernt, aus jeder Situation das Beste zu machen, nicht zu hadern und immer Lösungen zu finden.

Ich habe aber auch gelernt, mich auf mein Gefühl zu verlassen, auch wenn das bedeutet, mich erst mal zurückzunehmen. Im Laufe der Jahre musste ich mir viele Beschimpfungen von Ärzten und Pflegepersonal anhören, weil ich mir das Recht rausnahm, auch mal Medikamente zu hinterfragen, von denen ich aus der Vergangenheit wusste, dass sie mir entweder nicht gut taten oder nicht halfen. Als Pharma-Assistentin hatte ich zudem auch etwas Ahnung und schlug manchmal auch Alternativen vor, was gar nicht gern gesehen war.

Ich war da wirklich ein kleiner Rebell und spürte aber ziemlich genau, was gut für mich war und was nicht. Wenn die Ärzte nicht mit sich verhandeln liessen, dann konnte ich auch mal Medikamente in Vasen (sorry liebe Blumen!) und im Abfall verstecken um sie nicht nehmen zu müssen. Heute bin ich überzeugt, dass all dies dazu beigetragen hat, dass ich heute noch hier bin. Ich wurde in den 20 Jahren, in denen ich immer wieder im Spital war, selber zur Expertin und habe in der Zeit auch sehr viele Fachbücher gelesen zum Thema Darm, Ernährung und Therapien.

Es war vor allem aber eine Kopfsache. Es gab natürlich auch viele Tage, an denen ich nicht mehr leben wollte und mich die Kräfte verliessen, doch ich sagte mir immer wieder: „an Morbus Crohn stirbt man nicht, das ist keine tödliche Krankheit!“ Diese Überzeugung hat mir sicher sehr geholfen, dies Alles irgendwie zu überstehen.

Was mir sicher im Nachhinein auch geholfen hat, war die ganze Aufarbeitung. Ich habe so viel Unglaubliches und Verstörendes erlebt, dass ich es manchmal fast selber nicht fassen konnte. Also habe ich mir irgendwann bei allen Ärzten und Krankenhäusern meine Krankenakten abgeholt.

Ich musste das alles nochmals nachlesen, ob ich mir das nicht nur eingebildet hatte. Mein erster Gastroenterologe, der mich damals gefragt hatte, wo ich lieber sterben wollte, zuhause oder im Spital, überreichte mir die Unterlagen höchstpersönlich, sah mich dabei herausfordernd an und fragte: „Und? Wollen Sie mich jetzt verklagen?“ Ich war derart perplex, dass ich erstmal keine Antwort darauf wusste. Mir ging es hier nicht um Gerechtigkeit, sondern ums Verstehen, Verarbeiten und Begreifen, um schlussendlich irgendwann verzeihen zu können. Ich sah die Frage aber später dann als eine Art Schuldeingeständnis, offenbar war ihm schon bewusst, dass da etwas nicht so gut gelaufen war. Das half mir, ihm zu vergeben und meinen Seelenfrieden zu finden. Auch Ärzte machen Fehler, sie sind auch nur Menschen. Jedoch fände ich es schön, wenn sie auch dazu stehen würden.

Ein anderer Arzt hat mir im Nachhinein bestätigt, dass bei mir sehr vieles schief gelaufen war und viele Fehler passiert seien. Im gleichen Satz betonte er aber, dass das kein Arzt so vor Gericht bestätigen würde, er auch nicht. Ich fand und finde das immer noch eine sehr heftige Aussage. Ich glaube, ich hätte das Ganze um einiges einfacher verarbeiten können, wenn Ärzte zu ihren Fehlern gestanden und sich bei mir dafür entschuldigt hätten.

Ein Chirurg hat mich einmal nach einer Bauchoperation nicht richtig zugenäht, weil er dachte, ich überlebe es sowieso nicht. Es gab eine Rieseninfektion und ich hatte monatelang einen offenen Bauch deswegen. Der gleiche Chirurg hatte meine Beschwerden nie ernst genommen und mich als Morphium-Junkie abgetan. Bei einer der nächsten Operationen sagte er danach zu meiner Mutter: „Kein Wunder, hatte das Mädchen solche Schmerzen, das sah ja schrecklich aus!“ Das ist das einzige und am nächsten an einer Entschuldigung dran, was ich je von einem Arzt gehört habe.

Keiner meiner damaligen Ärzte hielt es für nötig, mir das persönlich zu sagen oder sich für Fehler zu entschuldigen. Ich brauchte viele Jahre, bis ich soweit war, ihnen allen zu vergeben und die ganzen unschönen Geschichten hinter mir zu lassen. Ich tat es meinetwegen, damit ich meinen Weg weiter gehen konnte. Wenn ich heute zurückdenke, ist da immer noch viel Unverständnis und Bedauern, aber es belastet mich nicht mehr. Als Abschluss dieses Kapitels habe ich dann irgendwann fast alle meine Krankenakten vernichtet in einem grossen Feuer im Garten. Ich war jetzt bereit, diesen ganzen Scheiss (tschuldigung!) hinter mir zu lassen.

Wie geht es dir heute?
Wie sieht deine Ernährung aus? Spielt die Ernährung eine wichtige Rolle für dein Wohlbefinden?
Es geht mir viel besser, ich war jetzt fast 5 Jahre nicht mehr im Spital, ein super Rekord für mich! Die Ernährung ist für mich heute noch immer sehr zentral. Für mich ist heute auch klar, dass wenn ich eine Darmkrankheit habe, die Linderung vor allem über die Ernährung passiert.

Ich habe vor bald 10 Jahren meine Ausbildung zur Naturheilpraktikerin TEN abgeschlossen und mir auch hier viel Wissen aneignen dürfen. Für mich das allergrösste Geschenk ist es, jetzt sozusagen auf der anderen Seite zu stehen und Menschen auf ihrem Weg zur Gesundheit begleiten zu dürfen. Ich kenne ihre Sorgen und Ängste wie kein Zweiter und weiss, was sie gerade durchmachen und kenne auch ihre Ohnmacht und Hilflosigkeit.

Im Februar 2018 bin ich auf das Wissen von Anthony William gestossen, der eine geradezu revolutionäre neue Sichtweise auf sogenannte Autoimmunerkrankungen aufzeigt. Er nennt sich „Medidal Medium“ und beschreibt in seinen Büchern sehr detailliert und völlig neu die Entstehungsweise von Krankheiten und wie man sie wieder loswird. Er räumt mit Gesundheitsmythen auf und bestätigt, dass die Theorie der Autoimmunerkrankungen so nicht stimmt. Es bleibt eine Theorie, denn Beweise konnte bisher nicht mal die Wissenschaft bringen. Die Idee ist daraus entstanden, weil Forscher damals einen Antikörper fanden, den sie nicht zuordnen konnten, also kam einer mit der Idee, dass der Körper sich wahrscheinlich selber angreife.

Diese Vermutung wurde übernommen und seit Jahrzehnten nicht hinterfragt, im Gegenteil basiert immer noch die gesamte Therapie von Autoimmunerkrankungen auf dieser einen, falschen Vermutung. Die logischere Erklärung wäre gewesen, dass dieser Antikörper zu einem Virus gehört, das damals schlicht noch nicht entdeckt worden war. Genau diesen Weg zeigt Anthony William auf und erklärt in seinen Büchern die Entwicklung dieser Viren und wie sie zu den Übeltätern von zig heutigen Krankheiten werden konnten. Er gibt vor allem Ernährungstipps, die jeder umsetzen kann und die funktionieren. Er arbeitet bereits seit über 40 Jahren mit kranken Menschen und hat in dieser Zeit vielen tausend Menschen helfen können. Er ist übrigens auch der Begründer des Selleriesaftes, der jetzt langsam überall in der Presse erwähnt wird.

Meine Ernährung ist heute genau das Gegenteil dessen, was mein Arzt mir damals geraten hat: Ich ernähre mich vorwiegend pflanzlich, fettreduziert, um die Leber zu entlasten und mit einem hohen Anteil an Rohkost und Früchten. Zudem verzichte ich auf die sogenannten „no foods“, die laut Anthony William dazu beitragen, dass Viren und Bakterien gefüttert werden, welche zu Krankheiten führen können: Mais, Soja, Rapsöl, Gluten, Milchprodukte, Fisch aus Aquakultur, Schweinefleisch, Glutamat, Aromastoffe, Eier, Rapsöl, Zitronensäure als Konservierungsmittel, Süssstoffe und Zucker.

Viele mögen jetzt denken: „Jesses, das könnte ich nie, da müsste ich auf zu viel verzichten!“ Ich jedoch verzichte lieber auf Schmerzen, Entzündungen, Geschwüre und geniesse dafür die Vielfalt meiner Ernährung. Der Gewinn an Lebensqualität durch bessere Gesundheit ist so viel mehr wert als den 7-minüten Genuss eines Stücks Pizza oder Quarktorte!

Der morgendliche Selleriesaft und der Smoothie zum Ausleiten von Schwermetallen gehören inzwischen zur Tagesordnung. Diese Art der Ernährung praktiziere ich jetzt seit bald 16 Monaten und es geht mir bedeutend besser. Mein Gewicht hat sich stabilisiert, offene Wunden, die ich seit der verpfuschten OP 2003 hatte, sind endlich am heilen, Entzündungen sind massiv zurückgegangen, ich fühle mich insgesamt nicht mehr so schlapp, meine Depressionen sind praktisch weg und ich habe das erste Mal wieder Hoffnung auf weitere Besserungen. Ich habe sicher noch einen langen Weg vor mir, aber er wird jetzt immer leichter statt schwerer wie früher.

Du hast vor ein paar Jahren eine Ausbildung zur Naturheilpraktikerin TEN absolviert. Was würdest einer Klientin/einem Klienten raten, die/der mit Morbus Crohn zu dir in die Praxis kommt?
Ich muss dazu sagen, dass ich im Lauf des letzten Jahres auch meine Praxis ziemlich umstrukturiert habe. Mein ganzes Wissen über die Schulmedizin, Naturheilkunde und Ernährung musste ich revidieren, da dies bei mir selber und vielen Patienten nicht wirklich durchschlagende, anhaltende Erfolge gebracht hat. Also habe ich mehr und mehr auch die Erkenntnisse und Empfehlungen von Anthony William in meine Praxistätigkeit einfliessen lassen und inzwischen habe ich mich ganz darauf spezialisiert. Warum nicht meinen Patienten etwas weiterempfehlen, was bei mir und so vielen anderen auch funktioniert?

Die Ernährung und Optimierung des Stoffwechsels war schon immer ein zentraler Teil meiner Therapien und das ist auch weiterhin so. Ich bringe also einem Klienten mit Morbus Crohn die Erkenntnisse von Anthony William nahe und zeige ihm die Ursachen seiner Beschwerden auf. Gemeinsam erarbeiten wir dann einen Plan, der einen sanften Einstieg ermöglicht.

Es ist nicht nötig, etwaige Medikamente abzusetzen und es ist mir wichtig, die Menschen dort abzuholen, wo sie sind. Bei vielen ist der Leidensdruck so hoch, dass sie fast alles ausprobieren würden. Trotzdem tun sich einige schwer damit, weil ihnen eben Ärzte und Ernährungsberater oft etwas anderes empfehlen, als ich es tue. Das ist für viele anfangs verständlicherweise verwirrend.

Ich erkläre Ihnen dann, dass wenn etwas nicht funktioniert, wir frei sind, etwas Neues auszuprobieren. Das ist oft auch mit Ängsten verbunden. Wir dürfen alle lernen, umzudenken und alte Denkmuster loszulassen. Wer Veränderung möchte in seinem Leben, kann nicht auf alten Pfaden weitergehen. Nur auf neuen Wegen kommen wir zu neuen Zielen. Heute freue ich mich ganz besonders, wenn ich Menschen mit einer CED begleiten darf, damit sie nicht dasselbe Schicksal erleiden müssen wie ich damals.

Man könnte jetzt meinen, ich sei aufgrund meiner vielen schlechten Erfahrungen gegen die Schulmedizin, das ist aber ganz und gar nicht so. Auch sie hat ihre Berechtigung und ihren Platz. Wo die Schulmedizin an ihre Grenzen stösst, kommt die Komplementärmedizin zum Zug. Komplementär heisst ja nicht umsonst „das Andere ergänzend“.

Hätte mir aber jemand vor 2 Jahren erzählt, was ich heute mache, ich hätte ihm schlicht den Vogel gezeigt! Wieso sollte ich mein ganzes Leben umkrempeln wegen eines Autors? Das tönt auch sehr extremistisch und wer mag das schon. Aber mal ehrlich, wenn du selber etwas findest, was deine Beschwerden massiv reduziert oder sogar ganz zum Verschwinden bringt, würdest du es dann nicht mit anderen teilen wollen? Ich schon, wobei ich jeden respektiere, der sich für einen anderen Weg entscheidet. Es tönt ja auch für mich noch immer etwas abwegig und würde ich nicht am eigenen Leib die Besserungen erfahren, ich hätte das wahrscheinlich als Scharlatanerie abgetan. Ich war tatsächlich der Überzeugung, alles Wichtige über Ernährung und Entgiftung bereits gelernt zu haben. Zum Glück lag ich falsch und liess mich eines Besseren belehren!

Was sind deine wichtigsten Erkenntnisse, wenn du dein Leben Revue passieren lässt?
Es gibt immer einen Weg, sein Ziel zu erreichen, manchmal sind aber Umwege nötig und wichtig. Sei nie zu stolz oder zu stur, etwas Neues auszuprobieren. Aufgeben ist keine Option. Familie und Freunde sind unverzichtbar! Und, zu guter Letzt: Jeder Körper hat die angeborene Fähigkeit, gesund zu werden auch deiner! Die Kunst ist, ihn dementsprechend dahingehend und mit viel Mitgefühl, Liebe und Geduld zu unterstützen, es braucht nur etwas Mut!

Hier geht es zur Website von Mirjam.

Auf unserem Radar #8: MS-Patient Sven Böttcher

Text: Petra Müller, Initiantin FOOD MOVEMENT

Letzte Woche wurde ich auf Sven Böttcher aufmerksam. Er bekam 2005 die Diagnose Multiple Sklerose. Böttcher ist aber glücklicherweise ein skeptischer Mensch und Patient. In einem Mut machenden Interview (Link unten) erzählt er, wie er sich aus der schulmedizinischen Behandlung befreite und Alternativen suchte. Sein Mut wurde belohnt. Sein Körper erholte sich, und inzwischen lebt Sven Böttcher beschwerdefrei.

Hier geht es zum Filmbeitrag des SWR1: Sehr sehens- und vor allem hörenswerte 30 Minuten. Interessant und inspirierend nicht nur für Menschen mit einer chronischen Erkrankung, sondern auch für Angehörige und Gesunde.

Wichtig scheint mir vor allem: Selbstbestimmte Patienten wie Sven Böttcher machen uns gemäss Schulmedizin chronisch Kranken Mut, unseren eigenen Weg zu gehen – und uns inspirieren zu lassen.

Ergänzend geht es hier zur Website von Sven Böttcher sowie zu der von ihm egründeten Plattform Lifestyle & MS.

„Der Arzt behandelt – die Natur heilt

Lifestyle & MS versteht sich nicht als Ersatz für einen Besuch beim Neurologen Ihres Vertrauens, sondern als Ergänzung zur schulmedizinischen Therapieansicht, MS sei generell unheilbar und der MS-Verlauf primär mit chemischen Mitteln zu beeinflussen. Wir betrachten diese Ansicht als irreführend und zeigen daher detailliert auf, weshalb Änderungen des Lebensstils bei vielen MS-Spielarten verblüffend positive Verlaufsänderungen herbeiführen können. Wo Studien dies belegen, verweisen wir darauf; wo Angaben zu Studien fehlen, beziehen wir uns notgedrungen auf den gesunden Menschenverstand sowie auf Erfahrungsberichte von Therapeuten und Betroffenen.“


Interview mit Antonius Conte von NaturKraftWerke

Text & Interview: Petra Müller, Geschäftsleitung FOOD MOVEMENT
Foto: Camille Pivac


Irgendwann letztes Jahr habe ich aus Neugier mit Antonius Conte Kontakt aufgenommen. Ich kannte die Produkte seiner Firma NaturKraftWerke schon lange, zu der Zeit war ich grad wild auf seinen Löwenzahnwurzel- und Chicorée Kaffee. Durch meine Tätigkeiten mit FOOD MOVEMENT und Freakfood wollte ich den Mann hinter dieser Firma und dem leckeren Kaffee endlich mal kennenlernen.

Schon nach wenigen Minuten unseeres Telefongespräches merkte ich: Das wird spannend. Antonius ist ein alter Hase, was spezielle, biologische Nahrungsmittel und den Handel mit Lebensmitteln angeht. Er machte schon „Superfoods“, als es den Begriff noch gar nicht gab. Schon 1979 hat er sich ohne tierische Produkte ernährt – ziemlich ungewöhnlich!

Aber ich möchte hier lieber Antonius das Wort übergeben. Klar ist, dass wir sicher weiterhin in Kontakt bleiben werden, und das nicht bloss, weil er FOOD MOVEMENT mit seiner Firma als Mitglied unterstützt.

Und jetzt wünschen wir viel Vergnügen und – wer weiss, vielleicht sogar neue Einsichten – mit diesem spannenden Interview.

Lieber Antonius, vor vielen Jahren hast du eine Ausbildung zum Heilpraktiker absolviert. Was hat dich damals dazu bewogen, diesen Weg einzuschlagen?
1979 beschloss ich von heute auf morgen, keine tierischen Produkte mehr zu konsumieren. Ich war damals von Zen Buddhismus fasziniert und wollte spirituell vorwärtskommen. Dabei entdeckte ich ganz nebenbei die medizinische Kraft der Lebensmittel. Wobei ich ja nicht körperlich krank, sondern von kulturellen Motiven bewegt war. Aber ich hatte seit Jahren Angst, Existenzangst, Platzangst, Panik, anfallsartig und chronisch. Kurz nach der Ernährungsumstellung war dieser ganze Spuk weg. 1982 landete ich nach einem Trip über Amerika in Berlin und blieb dort 15 Jahre. Am Ende dieser Zeit, nach viel Trial and Error, Irrungen und Wirrungen, machte ich da den deutschen Heilpraktiker. Für mich war es eine Antwort auf das ermüdende Grossstadtleben und eine Rückbesinnung auf die anfänglichen Erfahrungen mit Ernährung.

Was hat sich seit deiner Ausbildung in Sachen Ernährung verändert, und wo stehst du in Sachen Ernährung, Gesundheit und Wohlbefinden heute?
Ich fahre einen kontroversen und paradoxen Kurs. Nach über 25 Jahren veganer und vegetarischer Ernährung bin ich heute genussorientierter und kreativer Flexitarier mit reduziertem Anteil tierischer Produkte und wenig bis null Zucker. Manchmal esse ich tagelang vegan. Aber ich probiere gerne alles Mögliche aus. Essen ist auch Kulturgeschichte und das fasziniert mich.

Ich habe Phasen und Epochen, wo etwas in den Vordergrund kommt und dann wieder verschwindet. Es ist wie eine Entdeckungsreise, unterhaltsam und unbeschwert mit wundersamen Offenbarungen, aber auch Ernüchterungen und Enttäuschungen. Orientiert bin ich durch Instinkt in Kombination mit Wissen und Vorlieben. Wenn ich in einen grossen Laden gehe, weiss ich gleich, was ich will und was nicht. Manchmal werde ich auch zu etwas verführt und mache eine Dummheit. Wichtig ist mir, mich frei zu fühlen, ohne Diktat einer Ernährungslehre oder eines Glaubens über Richtig und Falsch oder dass am Ende als Lohn Gesundheit, gar Erlösung und ewiges Leben winkt.

Meine Ausbildung hat in erster Linie das Staunen vergrössert über unser Leben. Und es waren vor allem die Naturwissenschaften und die Medizingeschichte, die mich inspirierten. Ich bin dadurch von Schwurbel und Leichtgläubigkeit freigekommen, denen man leider in naturheilkundlich orientierten Szenen oft begegnet. Essenziell ist für mich, mich von etwas Lebendigem zu ernähren. Zum Beispiel kann ein tierisches Produkt sehr lebendig sein und ein veganes Produkt sehr tot. Ich vermeide starre oder religionsartige Konzepte und ich vermeide schluckfertige Nahrung.

Kennst du Menschen, bei denen dank spezifischer Ernährung eine Linderung erreicht werden konnte?
Ich habe 10 Jahre als Heilpraktiker praktiziert. Mein Ziel war immer, nach einer symptomorientierten Behandlung, die den Krankheitsdruck abmildern sollte, mit Ernährung an die Basis zu kommen. Das ist zu etwa 50 % gelungen, d. h. viele Klienten konnten ihre Gesundheit neu aufbauen und erhalten. Aber zu 50 % hat es nicht geklappt. Ernährung ist intimer als Sex. Da lassen sich viele einfach nicht ein. Und Gewohnheiten zu ändern oder Süchte zu überwinden ist die eigentliche Krux. Wenn man das schafft, muss man auch nicht zum Arzt, auch nicht zum Heilpraktiker. Souveränität und volle Selbstverantwortung ist das Ziel und ich glaube der wichtigste Teil unserer Gesundheit. Gesundheit ist nicht konsumierbar, sie setzt Kreativität voraus.

Gibt es deiner Ansicht nach spezifische Ernährungs-„Regeln“, die du als besonders wichtig und/oder wirksam empfindest?
Abwechslung, Vielfalt, Bio, frisch, jahreszeitengerecht, selbergemacht, keine Massen- und Convenienceprodukte, nicht knabbern/snacken, nicht zu viel essen, langsam essen, geniessen, auf die Verdauung achten und alles, was nicht funktioniert, weglassen.

Für mich gibt es 5 Punkte: Durchblutung/Gefässe, Knochen/ Bewegungsapparat, Entzündungen, Stimmung/Psyche, Gedächtnis. Wenn da etwas nicht stimmt, sollte man aktiv werden. Diese Regelkreise erreicht man alle mit Ernährung. Natürlich gibt es noch viel mehr, aber diese 5 Themen erscheinen mir als wirkmächtig, fast alles andere folgt daraus. Ich würde übrigens ni,e jemandem sagen mach das oder dies. Gesundheit hat auch etwas mit Bildung und – wie gesagt – Kreativität zu tun. Man muss selber Bücher lesen, aber nicht nur oberflächliche Ratgeberliteratur, mit denen viele Verlage einen Haufen Geld verdienen, sondern möglichst Originalliteratur. Man muss sich in einer gewissen Tiefe auseinandersetzen und dadurch selber Herr der Lage sein. Es ist wichtig, sich kontrovers zu informieren und den Stoff selber zu sortieren und eine eigene Kompetenz aufzubauen. Nicht einfach etwas glauben!

Was auch unterschätzt wird: Hypochondrie ist eine dauernde Selbsthypnose. Lieber dem Körper vertrauen! Nicht ständig über Gesundheit nachdenken. Gesundheit ist wie Geld, gib es aus und es kommt zurück. Gesundheit sollte nicht gespart, sondern für etwas eingesetzt werden.

Hast du persönlich positive Erfahrungen mit einer bestimmten Ernährungsweise gemacht?
Mit Makrobiotik habe ich sehr befreiende Erfahrungen gemacht, wegen der Reduziertheit, obwohl das System paternalistisch und kulturell überheblich ist. Ayurveda mag ich auch. In der traditionellen italienischen Küche sind ebenso viele Schätze versteckt. Damit meine ich nicht die weltweite Ultradominanz von Pizza und Pasta. Aber über Parmesan könnte man sich schon mal Gedanken machen oder über die italienische Gemüseküche oder die herrlichen Kräuter wie Thymian, Oregano, Basilikum, Salbei, Rosmarin, die in vielen Gerichten vorkommen. Ich habe vor ein paar Jahren die Weltküche (www.weltkueche.bio) gegründet. Die Idee dahinter ist, die genialen und bewährten Praktiken verschiedener Landes- und Volksküchen wertschätzend zu kombinieren. Die Weltküche ist eine charmante Opposition gegen Kampf und Krieg der Kulturen, Religionen, Ideologien. Ich lebe von der Idee, dass sich eines Tages alle Menschen und alle Lebensarten auf gleicher Augenhöhe begegnen und viele Menschen öfters mal was zusammen kochen.

Welche sonstigen Faktoren, abgesehen von der Ernährung, erachtest du als wichtig für Gesundheit und Wohlbefinden?
Herausfinden, was man wirklich will und es tun.

Du hast bereits 1996 die Firma NaturKraftWerke gegründet. Was war damals deine Vision, und wie sieht sie heute aus?
Durch das Do-it-your-self Prinzip für Haus und Bau, das Mitte der 70iger Jahre aufkam, schwebte mir schon lange eine Art Do-it-your-self -Konzept für die Gesundheit und Körperpflege, eine moderne Art von Hausapotheke, vor. Ein Sortiment an Basisprodukten, mit denen man effektiv Einfluss nehmen kann auf das Wohlbefinden. Unser erster Claim war etwas mit «Volksgesundheit» und «Ethnomedizin». Ich wollte einen Bausatz kreieren mit hilfreichen Mitteln aus aller Welt. Da bekam ich aber schnell Ärger mit den Behörden. Alternative Pharmazie hat mich lange fasziniert, aber es wurde mir rechtlich zu kompliziert und ich wollte nicht subversiv arbeiten. Ich ruderte zurück auf Lebensmittel. Lebensmittel haben ein pharmazeutisches Potenzial. Man darf bei uns nur keine Werbung darüber machen.

Was möchtest du FOOD MOVEMENT auf den Weg mitgeben?
Unsere Geschichte nicht vergessen: Christen ermordeten mehr Christen als seinerzeit die Römer oder später die Osmanen. Das Bedürfnis zu einer überlegenen Elite zu gehören, kann man am Calvinismus ablesen. Es macht mich traurig und enttäuscht, dass viele Menschen immer noch so konditioniert sind und meinen, dass sie etwas Besseres sind, wenn sie sich in ein vielversprechendes Regelkonzept einordnen. Das ist wohl eine Art negatives mentales Erbe. Bei Calvin war es vorbestimmt, ob man zu den Erwählten oder den Verworfenen gehört. Dementsprechend haben sich viele Menschen verhalten und erzeugten die entsprechenden äusserlichen Anzeichen, dazu gehörte Reichtum und Wohlstand. Nach dem Soziologen Max Weber soll das eine der wesentlichen Grundlagen des Kapitalismus und des Gewinnstrebens sein. Wenn Leute heutzutage predigen und glauben, dass Rohkost, Paläo, Keto, Veganismus oder weiss was das einzig Wahre ist, kommen mir die Glaubenskonflikte der Vergangenheit in den Sinn. Der Toleranzerlass, bzw. die Religionsfreiheit wurde zuerst in England realisiert, weil sich dort die evangelikalen Sekten dauernd die Köpfe einschlugen. Bei der Weltküche laden wir bewusst alle Ernährungsstile ein und stiften Pluralismus und Toleranz.

Verrätst du uns noch dein Lieblingsessen?
Das ist jetzt sentimental und keine Gesundheitsempfehlung, obwohl dieses Essen in gewisser Weise psychoaktiv ist und damit Wohlbefinden erzeugen kann. Ich hatte eine italienische Grossmutter, meine geliebte Nonna. Momentan ist mein Lieblingsessen eine klassische, gut gemachte Bolognese mit Spaghetti.

Ganz herzlichen Dank für dieses Interview, lieber Antonius!




Christine: Pfeiffersches Drüsenfieber (Mononucleosis)

Einführungstext: Petra Müller, Initiantin von FOOD MOVEMENT
Erfahrungsbericht & Foto: Christine Syrad, Reikalein

Es freut uns sehr, euch wieder einen Erfahrungsbericht zeigen zu dürfen. Wir verdanken ihn Madlen Witzig, von der wir bereits einige schöne Rezepte für den HEALTHY FRIDAY zeigen durften. Madlen hat Christine via Sobre Mesa kennengelernt und hat Christine von FOOD MOVEMENT erzählt. Nachdem sie Christines Geschichte mit Pfeifferschem Drüsenfieber und ihrer Ernährungsumstellung erfahren hat, lag die Frage für einen Erfahrungsbericht für FOOD MOVEMENT offenbar auf der Hand – danke vielmal fürs Vermitteln, liebe Madlen!

Christine ist in Japan aufgewachsen und hat in England und Italien studiert. Deshalb ist es ihr leichter gefallen, ihren Erfahrungsbericht auf englisch zu schreiben. Ich werde den Bericht jedoch sobald wie möglich ins Deutsche übersetzen – ich halte euch auf dem Laufenden.

Ich nehme mit allen Personen Kontakt auf, die einen Erfahrungsbericht für uns schreiben. Wenn immer möglich telefonieren oder skypen wir, eher selten ist ein persönliches Treffen möglich. Aber mit Christine hat das geklappt. Da sie im Februar eine Tochter geboren hat und die Zeit mit ihrem Kind noch auskostet, war sie zeitlich flexibel genug, mich sogar bei mir zuhause in Thun zu treffen. Was für ein Luxus, vor allem aber: Was für eine Freude!

Ich habe Christine sofort ins Herz geschlossen. Sie ist eine geistreiche, gescheite, lustige Frau und coole Mutter. Während sich ihr Töchterchen auf einem Deckchen auf der Wiese in unserem Garten selbst beschäftigte (wie erfrischend, Christine ist total entspannt und das Gegenteil einer „Helikoptermutter“), konnte Christine mir ihre Krankheits-Odyssee erzählen.

Immer wieder sind wir jedoch abgeschweift, weil wir uns beide nicht nur leidenschaftlich mit Ernährung und Kochen und Essen befassen, sondern weil wir die Liebe zum Bouldern, Klettern und draussen sein teilen. Das war uns beiden noch nie passiert, dass wir jemanden kennenlernen, der sich ebenfalls in BEIDEN Welten bewegt – normalerweise ist es entweder das Klettern ODER die Ernährung.

Nach drei Stunden regen Austausches waren wir uns einig, diesen Kontakt aufrecht erhalten zu wollen, wir haben uns noch viel zu erzählen!

Ganz herzlichen Dank, liebe Christine, dass du diesen wunderbaren Text für uns verfasst hast. Ich bin mir sicher, dass du für viele Menschen eine Inspiration sein wirst. Und ich kann es kaum erwarten, an einen deiner Fermentationskurse zu kommen, deine Müsterchen, die du mir mitgebracht hast, schmecken unglaublich lecker!

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(Deutsch kommt anschliessend an den englischen Text)

I never imagined persistent illness would be part of my destiny (then again, who does?), since growing up in Japan I remember taking not even a handful, more a pinch, of days off of school and on those rare occasions relying on sleep and hydration to bring me back to working order. Then, all I did was hop on a plane and land myself in a university in the UK. That’s all it took to shake up my near-perfect health track record. Colds, sure, but also bronchitis, tonsillitis and finally mononucleosis, all within a year of becoming a UK resident. Of course, the general student lifestyle was to blame to an extent, but what I hadn’t realised is that while I had boarded a plane to get to where I was, my gut had been subjected to a rollercoaster ride without my realising it.

My diet could not have morphed into something more different to what it was back in Japan. That’s not to say I possessed flawless consumption habits, I was, after all, a teenager with the freedom to spend my own money on junk food, but there were certainly components I was ingesting thanks to my mother that acted as my bulwark against immune system uprisings without my knowing. It took me a good seven years to link my cascading health problems to this initial fountainhead.

So, what became of the ever ill Christine after her first year of university? I’d like to say she’s a thing of the past, but in reality, I am in maintenance mode much of the time. The Christine that existed prior to the Big Gut Upheaval (“BGU”) seems like a mythical creature to the current me. I do manage to keep up a semblance of health control through various means and since it’s thanks to the BGU and all its complications that I’ve uncovered my passion for integrating traditional fermentation methods into my daily kitchen practice, I’m by no means sad about my situation. If anything, since it made me review my eating habits, I’m probably the healthiest I’ve ever been, ironically.

Let’s rewind to the time I got mononucleosis. It’s not exactly uncommon among teenagers, but it is unusual to have doctors send a patient home with antibiotics and no blood test despite them begging them to poke a needle in their arm. Oh, the antibiotics. This was the nuclear bomb that hit my immune system, without a doubt. 56 huge Amoxicillin pills to be taken within a week. This is what I consider the starting point of the aforementioned BGU. I won’t go into the details of the side effects I had to deal with, suffice to say they were intimate and an unwelcome cherry on top of my sick-as-a-dog-sundae. When I finally emerged from the darkness four months later, I was already in Italy enjoying my Erasmus year. A month in, my glands were swollen again and the brain fog was pretty debilitating. No worries, I’ll just do lots of running to keep myself healthy, I told myself. Another month wooshed by and I felt like I was in the film Groundhog Day. Month after month I found myself battling the same symptoms, albeit a little milder than those of the first attack.

It wasn’t until I went to the hospital in Turin that I got the medical attention I’d been so desperately asking for in the UK. Turns out all that running was the worst thing I could have been doing since the Epstein Barr virus can cause your spleen to swell up and high impact sport can result in a rupture. I was taken seriously for the first time since my initial outbreak and was sent home with co-codamol (woohoo!) and antivirals. That was it, no more illness. I was cured! Mononucleosis, like chicken pox, never comes back. End of story.

I wish…turns out that in rare cases it can come back and in even rarer cases it will result in an autoimmune response. Now, had I simply continued to lead a well-balanced lifestyle I might not be writing this. As you might have guessed, my balance was way off kilter for a while and that’s why I can add “Epstein Barr tamer” to my circus CV.

For an overachieving people pleaser like myself, reaching astronomical levels of stress due to an unwillingness to admit defeat is not unknown. Being too dutiful is another character trait flaw that’ll land you in my situation, but I’m Japanese, what does one expect? Working from 07:30 to close to midnight for 6 weeks to try to meet an impossible deadline and in the process giving up all forms of leisure activity and eating takeout pizza doesn’t sound like a good idea, right?

The day after the deadline I was due to fly to Japan. A 12-hour flight awaited me so I thought I’d catch up on all the running I’d been missing out on and went for a 15km run. As soon as I boarded that flight I thought my glands were going to fill the entire cabin. I had awakened the dragon. I was now facing a second monthly visitor – the Epstein Barr tornado that consisted primarily of brain fog so bad I could barely keep track of who I was and sleepiness that saw me do nothing but sleep, hydrate and pee for 34 hours at a time. Yes, 34, not 24. In between bouts I’d try to de-stress by jogging, but that always backfired as soon as my body felt the stress of upping my pace a little. As an avid runner, skier and climber, I’m not exaggerating when I say I thought my life was over. I don’t want to throw about the term “depressed” lightly, but I was really on the precipice of something truly dark.

The optimist in me just carried on and felt reassured by the fact that I was in Switzerland a First World Country known for its medical prowess. Initially I thought nothing of the money I was throwing at various doctors to get to the bottom of my symptoms. Until I had heard for the umpteenth time, “Ms Syrad, the only option is to cut out your tonsils”. Since my swab results had always come back as viral, not bacterial, I was skeptical and good thing too, since a colleague of mine warned me of the effects of firing your immune system’s body guard in the middle of a viral war. She had had that done and the virus simply started wreaking havoc with her lungs instead. A cautionary tale for anyone whose doctor insists on taking out your tonsils when you’re plagued by a virus rather than bacterial infections.

A year into my life with a crippled immune system I turned to the internet. And not just to googling my symptoms ad infinitum and scouring every forum you could possibly imagine, I went ahead and paid a lady in the UK to give me suggestions on how to manage an unruly Epstein Barr tenant. I mean, I knew that the virus would live within me forever, but I didn’t want it holding raves on a monthly basis as it was affecting my ability to work, but more crucially, my ability to enjoy life. This lady calls herself a specialist in the rare phenomenon of repeated bouts of mononucleosis, I had hit the jackpot.

But I was an impatient 23 year old looking for a quick fix, so being told to watch what I eat and cut out half of my favourite foods, like cow’s milk, blue cheese, black tea, mushrooms and sugar almost propelled my depression to the next level. She also recommended I take African immune-balancing herbal pills. When I finally came to terms with all the perceived sacrifices I’d have to make, I gave it a go and found my symptoms improved. Unsurprisingly, this awakened an interest in the effect of food on the body beyond the overused mantra of “you are what you eat”.

At precisely the right moment in my life, Sarah Wilson, whose blog I had been following for a while by then, decided to try giving up fructose to see whether this might help her manage her Hashimoto’s disease. Without knowing whether this would yield results or not, I decided to copy her. I had read the little information that was out there on the topic and was convinced it would do me good. Let me tell you, the realization that you’re completely addicted to sugar is a tough one to swallow. It was far harder than I had expected it to be so I started with a modest goal of one month.

A month went by and my symptoms came and went again, on time, but with less gusto than before. I found that in general I had more energy, could think more clearly in general and was getting better quality sleep. It would have been silly to ignore these benefits, even if my illness was still sticking to its schedule. I extended my goal by a month and my swelling skipped its usual appointment with my glands. Ok, another month, I said. Halfway through the next month I got sick again, but the symptoms were slightly milder and I had gone six weeks, not four, of being symptom-free. The experiment lived on until sugar even started to taste repulsive to me (most commercially produced sweets contain way more sugar than your taste buds even know how to handle). Within a year the frequency dropped to once every three months. Going from twelve to four times a year was no laughing matter.

This is how my personal and very internal crusade against fructose took off. I devoured all the literature I could get my hands on and started making my own desserts with rice syrup and funnily enough, the proponents of this theory were springing up like weeds around me, helping enforce my belief in pursuing this gastronomical sacrifice. The addiction, by the way, still hasn’t gone away and I believe it never will, so while it has got easier to say no to ice cream, I do give in from time to time and am reminded of its hold over me. I am, however, happy to report that I haven’t had a bout of mononucleosis for a good two years now and that’s despite eating some fructose on occasion.

All’s well that ends well, said Shakespeare once, but that was before he knew that 25 year-olds can harbour massive polyps in their intestines without their knowing. I knocked on the proctologist’s door thinking I had developed stage 4 hemorrhoids overnight. A disconcerting amount of pain and blood needs to be present for a young woman to pluck up the courage to go and have the tail end of her intestine checked. Within a month I was put under the knife? and the polyp was extracted and declared benign. Hallelujah. I was told I’d need to have a colonoscopy every year or two to keep an eye on the situation.

Is there a more compelling way to be thrust into the world of gut health than having photos of your large intestine land in your postbox? I somehow doubt it. This brought me full-circle back to the BGU and got me wondering whether the polyp was just bad luck (a very valid possibility) or my cumulative actions had enticed it into existence. For this modern-day Alice in Wonderland, this was arguably a less “attractive” rabbit hole to stick my head down, but it turned out to be most worthwhile and is the reason I am now a self-professed fermentation geek.

As soon as held my breath and dove under the surface to check out the underside of the mircobe iceberg, I knew it was time to start learning to navigate this world as best as a layman can. I quit my job in banking and went home to Japan for a couple of months to absorb as much inspiration and information as I could through producer visits and, happily, through plenty of eating. Experiment after experiment has brought me to a point where I believe I can offer really tasty healthy food (palatability is non-negotiable) along with the corresponding information on the health benefits, which, since we are dealing with nutrition, will be different for everyone. I don’t claim to be able to put together a prescriptive diet for each and every person I try to introduce fermentation to. I do, however, firmly believe in the importance of keeping our microbiota well-fed and balancing its composition of microbes in our favour to ensure a well-functioning immune system.

Luckily, scientists who are far more qualified than I am are currently uncovering the details of how exactly this works and we all stand to benefit from their findings.

I believe you don’t need to rely on doctors or become one yourself to take your general health into your own hands. There are situations in which a doctor will be the only person able to save you or alleviate your pain, but we rely on them too heavily for situations that are out of their control. They are experts at managing symptoms and well-established illnesses, but they cannot be held responsible for controlling every aspect of your genetic makeup or the behaviour that may have led to your current situation. They cannot get to know you better than you know yourself and that’s simply not their job, they were not trained to control the stress factors in your life and force you to eat what suits your palate and gut best. These are matters we as individuals have the power to invest our time, energy and money in (whether you have overflowing means or modest ones) and that is the message I hope to get across in introducing people to the magic of wild fermented food.

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Ich hätte mir nie vorstellen können, dass eine hartnäckige Krankheit Teil meines Schicksals sein würde (wer denkt das schon?), denn weil ich in Japan aufgewachsen bin, habe ich nicht mal eine Handvoll an Schultagen gefehlt. Genügend Schlaf und Flüssigkeit haben jeweils genügt, um mich wieder in Ordnung zu bringen. Alles, was sich dann veränderte, war das: Ich stieg in ein Flugzeug und landete an einer Universität in Grossbritannien. Das war alles, was es brauchte, um meine nahezu perfekte Gesundheitsbilanz aufzuheben. Ein paar Erkältungen, ja sicher, aber auch Bronchitis, Tonsillitis und schliesslich Pfeiffersches Drüsenfieber (Mononukleose), all das überkam mich innerhalb eines Jahres in Grossbritannien. Natürlich war der allgemeine Studentenlebensstil bis zu einem gewissen Grad schuld, aber ich hatte nicht bemerkt, dass mein Darm während dem Flug nach England eine Achterbahnfahrt war, ohne dass ich es bemerkt hätte.

Meine Ernährung in den UK hätte nicht unterschiedlicher können als derjenigen in Japan. Das heisst nicht, dass ich einwandfreie Konsumgewohnheiten besass. Schliesslich war ich ein Teenager mit der Freiheit, mein eigenes Geld für Junk Food auszugeben. Aber es gab sicherlich Komponenten in meiner japanischen Ernährung, die ich dank meiner Mutter verdaut hatte und die mein Bollwerk für mein Immunsystem waren – ohne, dass ich mir dessen bewusst war. Ich habe gut sieben Jahre gebraucht, um meine kaskadierenden Gesundheitsprobleme mit dieser Quelle in Verbindung zu bringen.

Was wurde also aus der immer kranken Christine nach ihrem ersten Studienjahr? Ich kann sagen, dass sie der Vergangenheit angehört – aber in Wirklichkeit bin ich die meiste Zeit im Wartungsmodus. Die Christine, die vor der „Grossen Darm-Aufruhr“ („GDA“) existierte, erscheint dem heutigen Ich als eine mythische Kreatur. Ich schaffte es mit verschiedenen Mitteln, ein gewisses Mass an Gesundheitskontrolle zu behalten, und da ich dank der GDA und all ihren Komplikationen meine Leidenschaft für die Integration traditioneller Fermentationsmethoden in meine tägliche Küchenpraxis entdeckt habe, bin ich keineswegs traurig über meine Situation. Jetzt bin ich – ironischerweise – wahrscheinlich gesünder denn je.

Lasst mich zurückspulen zu der Zeit, als ich das Pfeiffersche Drüsenfieber bekam. Unter Teenagern ist das nicht ungewöhnlich, aber es ist ungewöhnlich, dass Ärzte einen Patientin ohne Blutuntersuchung, aber mit Antibiotika nach Hause schicken, obwohl sie gebeten wurden, mir doch bitte eine Nadel in den Arm zu stecken. Oh, die Antibiotika. Dies war ohne Zweifel die Atombombe, die mein Immunsystem traf. 56 riesige Amoxicillin-Pillen musste ich innerhalb einer Woche einnehmen. Das ist, was ich für den Ausgangspunkt der genannten GDA halte. Ich werde nicht näher auf die Nebenwirkungen eingehen, mit denen ich mich herumschlagen musste. Ich sage nur, dass sie intim waren und eine sehr unwillkommene Kirsche auf eins sowieso schon krankes Sahnehäubchen. Als ich vier Monate später endlich aus der Dunkelheit auftauchte, war ich bereits in Italien und genoss mein Erasmus-Jahr. Nach einem Monat waren meine Drüsen wieder geschwollen und der Hirnnebel schwächte mich ziemlich. Keine Sorge, dachte ich mir, ich jogge einfach viel, um mich gesund zu halten. Ein weiterer Monat war vorbei und ich fühlte mich wie im Film «Groundhog Day». Monat für Monat kämpfte ich mit den gleichen Symptomen, wenn auch etwas milder als beim ersten Angriff.

Erst als ich in Turin ins Krankenhaus ging, bekam ich die medizinische Betreuung, die ich in Grossbritannien so verzweifelt gefordert hatte. Es stellte sich heraus, dass das Joggen das Schlimmste war, was ich tun konnte, da das Epstein-Barr-Virus dazu führen kann, dass die Milz anschwillt und anstrengender Sport zu deren Bruch führen kann. Zum ersten Mal seit meinem ersten Ausbruch wurde ich ernst genommen und mit Co-Codamol (woohoo!) und Antiviral-Medikamenten nach Hause geschickt. Das wars, keine Krankheit mehr. Ich war geheilt! Das Pfeiffersche Drüsenfieber kommt -wie die Windpocken – nie zurück. Ende der Geschichte.

Schön wärs. Es stellte sich heraus, dass es in seltenen Fällen doch wieder zurückkommen und in noch selteneren Fällen zu einer Autoimmunreaktion führen kann. Hätte ich einfach weiterhin einen ausgeglichenen Lebensstil geführt, hätte ich diesen Bericht wohl nicht schreiben müssen. Wie ihr vielleicht schon vermutet habt, war meine Balance eine Weile ausser Kontrolle, und deshalb kann ich meinem Zirkus-Lebenslauf „Epstein Barr-Bändigerin“ hinzufügen.

Für jemanden wie mich, die es überdurchschnittlich allen recht machen möchte, ist es nicht unbekannt, astronomische Belastungen aufgrund mangelnder Bereitschaft zur Niederlage auf sich zu nehmen. Zu pflichtbewusst zu sein ist ein weiterer Charakterzug, der einem in so eine Situation katapultieren kann. Aber ich bin Japanerin, was erwartet ihr? Wenn man 6 Wochen lang von 7.30 Uhr bis Mitternacht arbeitet, um eine unmögliche Frist einzuhalten, und dabei alle Freizeitbeschäftigungen aufgibt und Take away-Pizza isst – das klingt nicht nach einer guten Idee, oder?

Am Tag nach dieser Deadline musste ich nach Japan fliegen. Ein 12-stündiger Flug erwartete mich, also dachte ich, dass ich all das Joggen vorholen müsse, das ich während des Fluges verpassen würde. Sobald ich das Flugzeug betreten hatte, dachte ich, meine Drüsen würden die gesamte Kabine füllen. Ich hatte den Drachen geweckt. Ich sah mich jetzt einem zweiten monatlichen Besucher gegenüber – dem Epstein Barr-Tornado, der hauptsächlich aus Gehirnnebel bestand, der so schlecht war, dass ich kaum nachvollziehen konnte, wer ich war, und Schläfrigkeit, bei der ich 34 Stunden lang nur schlafen, trinken und pinkeln konnte. Ja, 34, nicht 24. Zwischendurch versuchte ich, durch Joggen Stress abzubauen, aber das hat immer einen Rückschlag ausgelöst, sobald ich mein Tempo etwas erhöhte. Als begeisterte Läuferin, Skifahrerin und Klettererin übertreibe ich nicht, wenn ich dachte: Mein Leben ist vorbei. Ich möchte den Begriff „deprimiert“ nicht leichtfertig benutzen, aber ich war wirklich am Abgrund von etwas sehr Dunklem.

Der Optimist in mir machte einfach weiter und fühlte sich beruhigt durch die Tatsache, dass ich in der Schweiz war, einem Land der Ersten Welt, das für seine medizinischen Fähigkeiten bekannt ist. Anfangs dachte ich mir nichts dabei, mehrere Ärzte dafür zu bezahlen, um meinen Symptomen auf den Grund zu gehen. Bis ich zum x-ten Mal gehört hatte, „Frau Syrad, die einzige Möglichkeit ist, Ihre Mandeln zu entfernen“. Da die Tupferergebnisse immer als viral und nicht bakteriell zurückgekommen waren, war ich skeptisch. Zum Glück, denn eine Kollegin hatte mich vor den Folgen gewarnt, die Körperwächter des Immunsystems (die Mandeln) mitten in einem «viralen Krieg» zu entfernen. Sie hatte das nämlich getan und das Virus verlagerte sich einfach auf ihre Lungen. Ein abschreckendes Beispiel für jeden, dessen Arzt darauf besteht, die Mandeln herauszunehmen, wenn du von einem Virus geplagt wirst – und nicht von einer bakteriellen Infektion.

Nach einem Jahr meines Lebens mit einem verkrüppelten Immunsystem wandte ich mich an das Internet. Nicht nur, um meine Symptome ad infinitum zu googlen und jedes Forum zu durchsuchen, das man sich vorstellen kann. Ich ging sogar noch weiter und bezahlte eine Dame in Grossbritannien, um mir Vorschläge zu machen, wie man mit einen widerspenstigen Epstein Barr-Untermieter umgeht. Ich wusste zwar, dass das Virus für immer in mir leben würde, aber ich wollte nicht, dass es jeden Monat meine Arbeitsfähigkeit beeinträchtigte, und mich davon abhielt, das Leben zu geniessen. Diese Dame nennt sich eine Spezialistin für das seltene Phänomen der wiederholten Mononukleose-Anfälle: ich hatte den Jackpot geknackt.

Aber ich war eine ungeduldige 23-Jährige, die nach einer schnellen Lösung suchte, und mir wurde gesagt, dass ich aufpassen solle, was ich esse. Ich verzichtete auf die Hälfte meiner Lieblingsspeisen wie Kuhmilch, Blauschimmelkäse, schwarzer Tee, Pilze und Zucker. Dies führte mich beinahe auf einen nächsten Level meiner Depression. Die Dame empfahl mir auch, afrikanische Kräuterpillen zu nehmen, die mein Immunsystem regulieren würden. Als ich mich schliesslich mit all den wahrgenommenen Opfern arrangierte, versuchte ich das alles und stellte fest, dass sich meine Symptome verbesserten. Es überrascht wohl nicht, dass dies ein Interesse an der Wirkung von Ernährunng auf den Körper weckte, jenseits des überstrapazierten Mantras von „Du bist, was du isst“.

Genau zum richtigen Moment in meinem Leben beschloss Sarah Wilson, deren Blog ich schon eine Weile verfolgt hatte, Fructose aufzugeben, um zu sehen, ob ihr das helfen könnte, ihre Hashimoto-Erkrankung zu bewältigen. Ohne zu wissen, ob dies auch bei mir Ergebnisse bringen würde oder nicht, beschloss ich, es ihr nachzumachen. Ich hatte die wenigen Informationen, die erhältlich waren, über das Thema gelesen und war überzeugt, dass es mir guttun würde. Glaubt mir, die Erkenntnis, dass man total süchtig nach Zucker ist, ist schwer zu schlucken. Es war viel schwieriger, als ich es erwartet hatte, also begann ich mit einem bescheidenen Ziel von einem Monat.

Ein Monat verging und meine Symptome kamen und gingen wieder, wie gewohnt, aber weniger stark als zuvor. Ich stellte fest, dass ich mehr Energie hatte, klarer denken konnte und dass sich meine Schlafqualität verbesserte. Es wäre albern gewesen, diese Vorteile zu ignorieren, selbst wenn meine Krankheit immer noch an ihrem Zeitplan festhielt. Ich verlängerte mein Ziel um einen weiteren Monat und meine Drüsenschwellung übersprang den üblichen Termin. Ok, dann noch ein Monat, sagte ich. In der Mitte des nächsten Monats wurde ich wieder krank, aber die Symptome waren etwas milder und ich war inzwischen sechs Wochen, nicht wie bisher vier Wochen, symptomfrei. Das Experiment dauerte so lange, bis ich Zucker sogar abstossend fand (die meisten kommerziell produzierten Süssigkeiten enthalten viel mehr Zucker, als deine Geschmacksknospen wahrnehmen können). Innerhalb eines Jahres sank die Frequenz meiner Beschwerden auf einmal alle drei Monate. Runter von zwölf zu vier war keine Kleinigkeit.

So begann mein persönlicher und sehr innerer Kampf gegen Fructose. Ich verschlang all die Literatur, die mir in die Hände fiel, und begann, mir meine eigenen Desserts mit Reissirup zu machen. Die Befürworter dieser Theorie schossen wie Unkraut aus dem Boden und halfen mir, meinen Glauben an dieses gastronomische Opfer durchhalten. Die Sucht ist übrigens immer noch nicht weg und ich denke, dass sie immer bleiben wird. Auch wenn es mir leichter fällt, zu Glacé Nein zu sagen, gebe ich von Zeit zu Zeit nach und werde daran erinnert, welche Wirkung Zucker auf mich hat. Es freut mich jedoch sehr, berichten zu können, dass ich seit gut zwei Jahren keinen Mononukleose-Anfall mehr hatte und dass, obwohl ich gelegentlich etwas Fruktose zu mir nehme.

Ende gut, alles gut, sagte Shakespeare einmal, aber das war, bevor er wusste, dass 25-Jährige massive Polypen in ihren Eingeweiden beherbergen können, ohne davon zu wissen. Ich klopfte an die Tür des Proktologen weil ich dachte, ich hätte über Nacht Hämorrhoiden im 4. Stadium entwickelt. Eine beunruhigende Menge an Schmerz und Blut muss vorhanden sein, dass eine junge Frau den Mut aufbringen kann, das Ende ihres Darms untersuchen zu lassen. Innerhalb eines Monats wurde ich unter das Messer gelegt und der Polyp wurde entfernt und für gutartig erklärt. Halleluja. Mir wurde gesagt, dass ich nun jedes Jahr eine Koloskopie machen müsse, um die Situation im Auge zu behalten.

Gibt es eine überzeugendere Möglichkeit, der Welt deine Darmgesundheit zu zeigen, als Fotos von deinem Dickdarm in deinem Briefkasten zu haben? Ich bezweifle es irgendwie. Das brachte mich wieder voll in die GDA zurück und brachte mich dazu, mich zu wundern, ob der Polyp nur Pech war (eine sehr gute Möglichkeit) oder ob meine sich angehäuften Aktionen ihn ins Leben gerufen hatten. Für diese moderne Alice im Wunderland war dies wohl ein weniger «attraktives» Kaninchenloch, um ihren Kopf hineinzustecken, aber es stellte sich als äusserst lohnend heraus und ist der Grund, warum ich jetzt ein selbsternannter Fermentaions-Geek bin.

Sobald ich den Atem angehalten hatte und unter die Oberfläche getaucht war, um die Unterseite des Mikroben-Eisbergs zu untersuchen, wusste ich, dass es an der Zeit war, zu lernen, wie man als Laie durch diese Welt navigieren kann. Ich kündigte meinen Job bei der Bank. Ich ging für ein paar Monate nach Japan, um so viel Inspiration und Informationen wie möglich zu sammeln, indem ich Fermentations-Prodozenten besuchte und glücklicherweise auch, um viel davon zu essen. Experiment für Experiment hat mich zu einem Punkt gebracht, wo ich glaube, dass ich wirklich schmackhafte und gesunde Nahrung anbieten kann (Geschmack ist nicht verhandelbar), zusammen mit entsprechenden Informationen über die gesundheitlichen Vorteile, die, da wir es mit Ernährung zu tun haben, für jeden anders sind. Ich behaupte nicht, in der Lage zu sein, eine ideale Diät für jeden einzelnen zusammenstellen zu können, den ich in die Welt der Fermentation einführe. Ich bin jedoch fest davon überzeugt, dass es wichtig ist, unsere Mikrobiota gut zu ernähren und die Zusammensetzung unserer Mikroben zu unseren Gunsten auszubalancieren, um ein gut funktionierendes Immunsystem zu gewährleisten.

Zum Glück enthüllen Wissenschaftler, die weit mehr qualifiziert sind als ich es bin, derzeit die Details, wie genau das alles funktioniert und wie wir alle von diesen Ergebnissen profitieren können.

Ich hätte mir nie vorstellen können, dass eine hartnäckige Krankheit Teil meines Schicksals sein würde (wer denkt das schon?), denn weil ich in Japan aufgewachsen bin, habe ich nicht mal eine Handvoll an Schultagen gefehlt. Genügend Schlaf und Flüssigkeit haben jeweils genügt, um mich wieder in Ordnung zu bringen. Alles, was sich dann veränderte, war das: Ich stieg in ein Flugzeug und landete an einer Universität in Grossbritannien. Das war alles, was es brauchte, um meine nahezu perfekte Gesundheitsbilanz aufzuheben. Ein paar Erkältungen, ja sicher, aber auch Bronchitis, Tonsillitis und schliesslich Pfeiffersches Drüsenfieber (Mononukleose), all das überkam mich innerhalb eines Jahres in Grossbritannien. Natürlich war der allgemeine Studentenlebensstil bis zu einem gewissen Grad schuld, aber ich hatte nicht bemerkt, dass mein Darm während dem Flug nach England eine Achterbahnfahrt war, ohne dass ich es bemerkt hätte.

Meine Ernährung in den UK hätte nicht unterschiedlicher können als derjenigen in Japan. Das heisst nicht, dass ich einwandfreie Konsumgewohnheiten besass. Schliesslich war ich ein Teenager mit der Freiheit, mein eigenes Geld für Junk Food auszugeben. Aber es gab sicherlich Komponenten in meiner japanischen Ernährung, die ich dank meiner Mutter verdaut hatte und die mein Bollwerk für mein Immunsystem waren – ohne, dass ich mir dessen bewusst war. Ich habe gut sieben Jahre gebraucht, um meine kaskadierenden Gesundheitsprobleme mit dieser Quelle in Verbindung zu bringen.

Was wurde also aus der immer kranken Christine nach ihrem ersten Studienjahr? Ich kann sagen, dass sie der Vergangenheit angehört – aber in Wirklichkeit bin ich die meiste Zeit im Wartungsmodus. Die Christine, die vor der „Grossen Darm-Aufruhr“ („GDA“) existierte, erscheint dem heutigen Ich als eine mythische Kreatur. Ich schaffte es mit verschiedenen Mitteln, ein gewisses Mass an Gesundheitskontrolle zu behalten, und da ich dank der GDA und all ihren Komplikationen meine Leidenschaft für die Integration traditioneller Fermentationsmethoden in meine tägliche Küchenpraxis entdeckt habe, bin ich keineswegs traurig über meine Situation. Jetzt bin ich – ironischerweise – wahrscheinlich gesünder denn je.

Lasst mich zurückspulen zu der Zeit, als ich das Pfeiffersche Drüsenfieber bekam. Unter Teenagern ist das nicht ungewöhnlich, aber es ist ungewöhnlich, dass Ärzte einen Patientin ohne Blutuntersuchung, aber mit Antibiotika nach Hause schicken, obwohl sie gebeten wurden, mir doch bitte eine Nadel in den Arm zu stecken. Oh, die Antibiotika. Dies war ohne Zweifel die Atombombe, die mein Immunsystem traf. 56 riesige Amoxicillin-Pillen musste ich innerhalb einer Woche einnehmen. Das ist, was ich für den Ausgangspunkt der genannten GDA halte. Ich werde nicht näher auf die Nebenwirkungen eingehen, mit denen ich mich herumschlagen musste. Ich sage nur, dass sie intim waren und eine sehr unwillkommene Kirsche auf eins sowieso schon krankes Sahnehäubchen. Als ich vier Monate später endlich aus der Dunkelheit auftauchte, war ich bereits in Italien und genoss mein Erasmus-Jahr. Nach einem Monat waren meine Drüsen wieder geschwollen und der Hirnnebel schwächte mich ziemlich. Keine Sorge, dachte ich mir, ich jogge einfach viel, um mich gesund zu halten. Ein weiterer Monat war vorbei und ich fühlte mich wie im Film «Groundhog Day». Monat für Monat kämpfte ich mit den gleichen Symptomen, wenn auch etwas milder als beim ersten Angriff.

Erst als ich in Turin ins Krankenhaus ging, bekam ich die medizinische Betreuung, die ich in Grossbritannien so verzweifelt gefordert hatte. Es stellte sich heraus, dass das Joggen das Schlimmste war, was ich tun konnte, da das Epstein-Barr-Virus dazu führen kann, dass die Milz anschwillt und anstrengender Sport zu deren Bruch führen kann. Zum ersten Mal seit meinem ersten Ausbruch wurde ich ernst genommen und mit Co-Codamol (woohoo!) und Antiviral-Medikamenten nach Hause geschickt. Das wars, keine Krankheit mehr. Ich war geheilt! Das Pfeiffersche Drüsenfieber kommt -wie die Windpocken – nie zurück. Ende der Geschichte.

Schön wärs. Es stellte sich heraus, dass es in seltenen Fällen doch wieder zurückkommen und in noch selteneren Fällen zu einer Autoimmunreaktion führen kann. Hätte ich einfach weiterhin einen ausgeglichenen Lebensstil geführt, hätte ich diesen Bericht wohl nicht schreiben müssen. Wie ihr vielleicht schon vermutet habt, war meine Balance eine Weile ausser Kontrolle, und deshalb kann ich meinem Zirkus-Lebenslauf „Epstein Barr-Bändigerin“ hinzufügen.

Für jemanden wie mich, die es überdurchschnittlich allen recht machen möchte, ist es nicht unbekannt, astronomische Belastungen aufgrund mangelnder Bereitschaft zur Niederlage auf sich zu nehmen. Zu pflichtbewusst zu sein ist ein weiterer Charakterzug, der einem in so eine Situation katapultieren kann. Aber ich bin Japanerin, was erwartet ihr? Wenn man 6 Wochen lang von 7.30 Uhr bis Mitternacht arbeitet, um eine unmögliche Frist einzuhalten, und dabei alle Freizeitbeschäftigungen aufgibt und Take away-Pizza isst – das klingt nicht nach einer guten Idee, oder?

Am Tag nach dieser Deadline musste ich nach Japan fliegen. Ein 12-stündiger Flug erwartete mich, also dachte ich, dass ich all das Joggen vorholen müsse, das ich während des Fluges verpassen würde. Sobald ich das Flugzeug betreten hatte, dachte ich, meine Drüsen würden die gesamte Kabine füllen. Ich hatte den Drachen geweckt. Ich sah mich jetzt einem zweiten monatlichen Besucher gegenüber – dem Epstein Barr-Tornado, der hauptsächlich aus Gehirnnebel bestand, der so schlecht war, dass ich kaum nachvollziehen konnte, wer ich war, und Schläfrigkeit, bei der ich 34 Stunden lang nur schlafen, trinken und pinkeln konnte. Ja, 34, nicht 24. Zwischendurch versuchte ich, durch Joggen Stress abzubauen, aber das hat immer einen Rückschlag ausgelöst, sobald ich mein Tempo etwas erhöhte. Als begeisterte Läuferin, Skifahrerin und Klettererin übertreibe ich nicht, wenn ich dachte: Mein Leben ist vorbei. Ich möchte den Begriff „deprimiert“ nicht leichtfertig benutzen, aber ich war wirklich am Abgrund von etwas sehr Dunklem.

Der Optimist in mir machte einfach weiter und fühlte sich beruhigt durch die Tatsache, dass ich in der Schweiz war, einem Land der Ersten Welt, das für seine medizinischen Fähigkeiten bekannt ist. Anfangs dachte ich mir nichts dabei, mehrere Ärzte dafür zu bezahlen, um meinen Symptomen auf den Grund zu gehen. Bis ich zum x-ten Mal gehört hatte, „Frau Syrad, die einzige Möglichkeit ist, Ihre Mandeln zu entfernen“. Da die Tupferergebnisse immer als viral und nicht bakteriell zurückgekommen waren, war ich skeptisch. Zum Glück, denn eine Kollegin hatte mich vor den Folgen gewarnt, die Körperwächter des Immunsystems (die Mandeln) mitten in einem «viralen Krieg» zu entfernen. Sie hatte das nämlich getan und das Virus verlagerte sich einfach auf ihre Lungen. Ein abschreckendes Beispiel für jeden, dessen Arzt darauf besteht, die Mandeln herauszunehmen, wenn du von einem Virus geplagt wirst – und nicht von einer bakteriellen Infektion.

Nach einem Jahr meines Lebens mit einem verkrüppelten Immunsystem wandte ich mich an das Internet. Nicht nur, um meine Symptome ad infinitum zu googlen und jedes Forum zu durchsuchen, das man sich vorstellen kann. Ich ging sogar noch weiter und bezahlte eine Dame in Grossbritannien, um mir Vorschläge zu machen, wie man mit einen widerspenstigen Epstein Barr-Untermieter umgeht. Ich wusste zwar, dass das Virus für immer in mir leben würde, aber ich wollte nicht, dass es jeden Monat meine Arbeitsfähigkeit beeinträchtigte, und mich davon abhielt, das Leben zu geniessen. Diese Dame nennt sich eine Spezialistin für das seltene Phänomen der wiederholten Mononukleose-Anfälle: ich hatte den Jackpot geknackt.

Aber ich war eine ungeduldige 23-Jährige, die nach einer schnellen Lösung suchte, und mir wurde gesagt, dass ich aufpassen solle, was ich esse. Ich verzichtete auf die Hälfte meiner Lieblingsspeisen wie Kuhmilch, Blauschimmelkäse, schwarzer Tee, Pilze und Zucker. Dies führte mich beinahe auf einen nächsten Level meiner Depression. Die Dame empfahl mir auch, afrikanische Kräuterpillen zu nehmen, die mein Immunsystem regulieren würden. Als ich mich schliesslich mit all den wahrgenommenen Opfern arrangierte, versuchte ich das alles und stellte fest, dass sich meine Symptome verbesserten. Es überrascht wohl nicht, dass dies ein Interesse an der Wirkung von Ernährunng auf den Körper weckte, jenseits des überstrapazierten Mantras von „Du bist, was du isst“.

Genau zum richtigen Moment in meinem Leben beschloss Sarah Wilson, deren Blog ich schon eine Weile verfolgt hatte, Fructose aufzugeben, um zu sehen, ob ihr das helfen könnte, ihre Hashimoto-Erkrankung zu bewältigen. Ohne zu wissen, ob dies auch bei mir Ergebnisse bringen würde oder nicht, beschloss ich, es ihr nachzumachen. Ich hatte die wenigen Informationen, die erhältlich waren, über das Thema gelesen und war überzeugt, dass es mir guttun würde. Glaubt mir, die Erkenntnis, dass man total süchtig nach Zucker ist, ist schwer zu schlucken. Es war viel schwieriger, als ich es erwartet hatte, also begann ich mit einem bescheidenen Ziel von einem Monat.

Ein Monat verging und meine Symptome kamen und gingen wieder, wie gewohnt, aber weniger stark als zuvor. Ich stellte fest, dass ich mehr Energie hatte, klarer denken konnte und dass sich meine Schlafqualität verbesserte. Es wäre albern gewesen, diese Vorteile zu ignorieren, selbst wenn meine Krankheit immer noch an ihrem Zeitplan festhielt. Ich verlängerte mein Ziel um einen weiteren Monat und meine Drüsenschwellung übersprang den üblichen Termin. Ok, dann noch ein Monat, sagte ich. In der Mitte des nächsten Monats wurde ich wieder krank, aber die Symptome waren etwas milder und ich war inzwischen sechs Wochen, nicht wie bisher vier Wochen, symptomfrei. Das Experiment dauerte so lange, bis ich Zucker sogar abstossend fand (die meisten kommerziell produzierten Süssigkeiten enthalten viel mehr Zucker, als deine Geschmacksknospen wahrnehmen können). Innerhalb eines Jahres sank die Frequenz meiner Beschwerden auf einmal alle drei Monate. Runter von zwölf zu vier war keine Kleinigkeit.

So begann mein persönlicher und sehr innerer Kampf gegen Fructose. Ich verschlang all die Literatur, die mir in die Hände fiel, und begann, mir meine eigenen Desserts mit Reissirup zu machen. Die Befürworter dieser Theorie schossen wie Unkraut aus dem Boden und halfen mir, meinen Glauben an dieses gastronomische Opfer durchhalten. Die Sucht ist übrigens immer noch nicht weg und ich denke, dass sie immer bleiben wird. Auch wenn es mir leichter fällt, zu Glacé Nein zu sagen, gebe ich von Zeit zu Zeit nach und werde daran erinnert, welche Wirkung Zucker auf mich hat. Es freut mich jedoch sehr, berichten zu können, dass ich seit gut zwei Jahren keinen Mononukleose-Anfall mehr hatte und dass, obwohl ich gelegentlich etwas Fruktose zu mir nehme.

Ende gut, alles gut, sagte Shakespeare einmal, aber das war, bevor er wusste, dass 25-Jährige massive Polypen in ihren Eingeweiden beherbergen können, ohne davon zu wissen. Ich klopfte an die Tür des Proktologen weil ich dachte, ich hätte über Nacht Hämorrhoiden im 4. Stadium entwickelt. Eine beunruhigende Menge an Schmerz und Blut muss vorhanden sein, dass eine junge Frau den Mut aufbringen kann, das Ende ihres Darms untersuchen zu lassen. Innerhalb eines Monats wurde ich unter das Messer gelegt und der Polyp wurde entfernt und für gutartig erklärt. Halleluja. Mir wurde gesagt, dass ich nun jedes Jahr eine Koloskopie machen müsse, um die Situation im Auge zu behalten.

Gibt es eine überzeugendere Möglichkeit, der Welt deine Darmgesundheit zu zeigen, als Fotos von deinem Dickdarm in deinem Briefkasten zu haben? Ich bezweifle es irgendwie. Das brachte mich wieder voll in die GDA zurück und brachte mich dazu, mich zu wundern, ob der Polyp nur Pech war (eine sehr gute Möglichkeit) oder ob meine sich angehäuften Aktionen ihn ins Leben gerufen hatten. Für diese moderne Alice im Wunderland war dies wohl ein weniger «attraktives» Kaninchenloch, um ihren Kopf hineinzustecken, aber es stellte sich als äusserst lohnend heraus und ist der Grund, warum ich jetzt ein selbsternannter Fermentaions-Geek bin.

Sobald ich den Atem angehalten hatte und unter die Oberfläche getaucht war, um die Unterseite des Mikroben-Eisbergs zu untersuchen, wusste ich, dass es an der Zeit war, zu lernen, wie man als Laie durch diese Welt navigieren kann. Ich kündigte meinen Job bei der Bank. Ich ging für ein paar Monate nach Japan, um so viel Inspiration und Informationen wie möglich zu sammeln, indem ich Fermentations-Prodozenten besuchte und glücklicherweise auch, um viel davon zu essen. Experiment für Experiment hat mich zu einem Punkt gebracht, wo ich glaube, dass ich wirklich schmackhafte und gesunde Nahrung anbieten kann (Geschmack ist nicht verhandelbar), zusammen mit entsprechenden Informationen über die gesundheitlichen Vorteile, die, da wir es mit Ernährung zu tun haben, für jeden anders sind. Ich behaupte nicht, in der Lage zu sein, eine ideale Diät für jeden einzelnen zusammenstellen zu können, den ich in die Welt der Fermentation einführe. Ich bin jedoch fest davon überzeugt, dass es wichtig ist, unsere Mikrobiota gut zu ernähren und die Zusammensetzung unserer Mikroben zu unseren Gunsten auszubalancieren, um ein gut funktionierendes Immunsystem zu gewährleisten.

Zum Glück enthüllen Wissenschaftler, die weit mehr qualifiziert sind als ich es bin, derzeit die Details, wie genau das alles funktioniert und wie wir alle von diesen Ergebnissen profitieren können.

Ich glaube nicht, dass du dich auf Ärzte verlassen musst (oder selbst einer werden musst), um deine Gesundheit in die eigenen Hände zu nehmen. Es gibt Situationen, in denen ein Arzt die einzige Person ist, der dich retten oder deinen Schmerz lindern kann. Aber wir verlassen uns zu sehr auf sie auch in Situationen, die ausserhalb ihrer Kontrolle liegen. Sie sind Experten im Umgang mit Symptomen und gut etablierten Krankheiten, aber sie können nicht dafür verantwortlich gemacht werden, jeden Aspekt deiner genetischen Veranlagung oder die Umstände, die zu deiner aktuellen Situation geführt haben, zu kontrollieren. Sie können dich nicht besser kennenlernen, als du dich selbst kennst, und das ist auch nicht ihre Aufgabe. Sie wurden nicht ausgebildet, die Stressfaktoren in deinem Leben zu kontrollieren, und sie zwingen dich nicht, das zu essen, was deinem Gaumen und deinem Darm am besten entspricht.

Das sind Dinge, für die wir als Individuen die Fähigkeiten haben, unsere Zeit, Energie und auch Geld zu investieren (ob du viel Geld oder eher oder bescheidene Mittel hast) und das ist die Botschaft, die ich vermitteln möchte: Menschen in die Magie wild fermentierter Nahrung einzuführen.

Das sind Dinge, für die wir als Individuen die Fähigkeiten haben, unsere Zeit, Energie und auch Geld zu investieren (ob du viel Geld oder eher oder bescheidene Mittel hast) und das ist die Botschaft, die ich vermitteln möchte: Menschen in die Magie wild fermentierter Nahrung einzuführen.

Eine chronische Krankheit ist wie ein Teilzeitjob

Text: Petra Müller, Geschäftsleitung FOOD MOVEMENT
Foto: Katharina Lütscher, Zürich

Es freut mich sehr, dass unsere Partnerin, die EGK Gesundheitskasse, in ihrem Hausmagazin Vivere ein Portrait über mich und meine Kranken- bzw. Gesundungsgeschichte veröffentlicht hat. An einem kalten Tag anfangs Februar habe ich mich mit Tina Widmer getroffen, die mich interviewt hat. Ich bin sehr glücklich über die Geschichte, die sie über mich geschrieben hat.

Hier könnt ihr sie lesen.

Ganz herzlichen Dank, liebe Tina!