Schlagwort: Ernährung

Das Ende von FOOD MOVEMENT

Liebe Menschen

Schweren Herzens haben wir entschieden, das Projekt FOOD MOVEMENT zu beenden. Weder dem aktuellen Geschäftsführer Kevin Nobs noch mir, Petra Müller (Initiantin und langjährige Geschäftsführerin) ist es möglich, die für die Bewirtschaftung notwendige ehrenamtliche Zeit aufzubringen.

Fest steht: Wir sind seit der Gründung von FOOD MOVEMENT im Jahr 2016 gesamtgesellschaftlich immerhin ein wenig vorwärts gekommen. Die Sensibilisierung, dass die Ernährung eine wesentliche Rolle zur Linderung (oder gar Heilung) von chronischen Erkrankungen beiträgt, ist grösser geworden. Dank Erfahrungsberichten von Betroffenen, aber auch von Ärzt:innen mit Offenheit und breitem Horizont wird von populären Medien aufgegriffen, dass wir dank kluger Ernährung nicht nur präventiv, sondern auch therapeutisch viel erreichen können. Sehr viele Menschen haben inzwischen wohl mitbekommen, dass eine intakte Darmgesundheit Voraussetzung ist für eine hohe Lebensqualität, körperlich wie mental.

Ganz herzlich bedanken möchte ich mich bei all den Menschen, die FOOD MOVEMENT mit ihren Erfahrungsberichten oder leckeren, gesunden Rezepten bereichert haben. Ein grosser Dank geht auch an unsere Unterstützer:innen und Kompliz:innnen, die uns als Multiplikator:innen und Berater:innen begleitet haben. Und schliesslich ein herzliches Merci an die Mitglieder unseres Vereines, die wir während dieser Jahre hinter uns wussten – ein sehr wichtiger Support!

Damit weiterhin all jene, die dies wünschen, von der reich bepackten Website profitieren können, lassen wir FOOD MOVEMENT online. Mails beantworte ich gerne noch bis Ende August 2022, danach wird die Mailadresse welcome@food-movement.ch nicht mehr bedient.

Wir drei vom Vorstand werden uns weiterhin auf eigenen Wegen für eine kluge Ernährung einsetzen: Kevin Nobs im Rahmen seiner Tätigkeit als Naturheilpraktiker in Bern, Django Russo als Rheumatologe am Triemli Spital in Zürich und ich mit Freakfood-Beratungen.

Ich winke euch ein herzliches Adieu zu – bleibt (oder werdet) gesund und offen für alle weiteren Entwicklungen ernährungstechnischer Art, die da noch auf uns warten.

Liebe Grüsse
Petra Müller

Übergabe, Corona, Mitglieder & Sprossen

Text & Bilder: Kevin Nobs, skepping

Es sind ungewöhnliche Zeiten, in denn ich nun Food Movement übernehmen durfte. Und nun kam alles etwas anders, als es geplant war. Ich hatte Pläne, die jetzt noch etwas verschoben werden müssen, wie auch die Mitgliederversammlung verschoben werden musste. Nun ja, das geht ja im Moment nicht nur mir so. Nebst meiner Ausbildung zum Naturheilpraktiker, die im Moment auch auf Eis gelegt ist, bestreite ich ein Pensum im Labor einer Apotheke. Dort war diese Woche grosser Einsatz gefordert. Lieferungen trafen nicht ein, ich habe versucht, Rohstoffe zu kriegen und irgendwie den Menschenandrang zu bewältigen.

Symbolische Übergabe des Federkohls von Petra zu Kevin 🙂

Gerade jetzt ist es auch äusserst schwierig (bis fast unmöglich), Gelder für die Tätigkeit von Food Movement zu sammeln. Deshalb der Aufruf: Werde Mitglied! Bestimme mit, was Food Movement in Zukunft alles erreichen soll und sichere diese wertvolle (Aufklärungs-) Arbeit.

Trotz dem ganzen Chaos in der Apotheke: Die Arbeit von Food Movement ist wichtiger als je zuvor. Was ich gerade im Moment Tag für Tag an mir selbst spüre: Gesunde, abwechslungsreiche und saisonale Ernährung spendet Kraft und Energie, um diese Situation überhaupt meistern zu können. Auch das Immunsystem wird durch unser Essverhalten beeinflusst. Das spannende am Immunsystem finde ich ja, dass zahlreiche Körperteile daran beteiligt sind: Ganze Organe wie der Thymus oder die Milz, spezialisierte Zellen, Gewebe und sogar einfache Faktoren im Blutserum (bsp. Antikörper). Es ist beispielsweise nachgewiesen, dass die Aktivität von bestimmten weissen Blutkörperchen (den sogenannten Neutrophilen, die  ca. 65% aller weissen Blutkörperchen ausmachen), durch das Konsumieren von bsp. 100g Zucker bereits nach 30 Minuten um bis zu 50% gesenkt wird. Erst nach über 5 Stunden (= bei der nächsten Mahlzeit mit Zucker?) haben (oder hätten) sich die Neutrophilen dann wieder erholt und die ursprüngliche Abwehraktivität erreicht.

Alfalfa- und Randensprossen

Ok – gesund und frisch Essen, wenn im März das einheimische Gemüse noch nicht reif ist und man die Rüben langsam satt hat. Zum Glück gibt es ja die Wildkräuter und natürlich Sprossen!

Nährstoffwissen

Jegliche Sprossen sind wahre Nährstoffbomben, was total nachvollziehbar ist: Sie bilden den Grundstein einer jeden neuen Pflanze. Ein Keimling in der freien Natur muss vor allem eins: sich vor äusseren Einflüssen schützen. Auch wir können von diesen schützenden Stoffen wie den Antioxidantien profitieren, indem wir dann diese Sprossen essen. Wer nicht gleich alle Sprossen auf einmal Essen kann / möchte, kann sie gut im Kühlschrank aufbewahren. Die Kälte regt die meisten Sprossen sogar noch dazu an, mehr Nährstoffe auszubilden (das ist doch fast schon verrückt, nicht?).

Quellen: Murray, Michael T., Pizzorno, Joseph: Natural Medicine. Third Edition. S. 174-175. & https://nutritionfacts.org/video/bean-pastas-and-lentil-sprouts/

Wer jetzt keine Sprossen im Vorratsschrank hat und nicht mehr shoppen gehen möchte: Kein Problem. Man auch die meisten getrockneten Hülsenfrüchte keimen lassen. Habt ihr es beispielsweise schon einmal mit Kichererbsen ausprobiert? Sie kriegen einen anderen, etwas frischeren Geschmack und lassen sich auch gekeimt zu einem superverträglichen Humus verarbeiten. Gerne poste ich bei anderer Gelegenheit einmal ein Rezept dazu.

Hier eine kleine Liste üblicher Sprossen, die absolut nicht abschliessend ist:

  • Alfalfa
  • Senf
  • Mungobohnen
  • Zwiebeln
  • Rettich
  • Randen
  • Klee
  • Brokkoli
  • Kichererbsen
  • Linsen
  • Kresse
  • Rucola
  • Hafer
  • Kürbis
  • Sonnenblumenkerne
  • und viele mehr!

Die Samen kann man zum Keimen natürlich in ein professionelles Keimglas legen oder auch einfach auf einen Teller mit einem Rand. Sie sollten stets befeuchtet sein aber nicht im Wasser schwimmen, sie können sonst verderben. Idealerweise deckt man das ganze mit einem durchsichtigen Deckel oder Cellophan zu, damit zwar Licht durchkommt aber die Feuchtigkeit nicht verloren geht. Je nach Art sieht man dann nach bereits einem Tag erste Resultate. 

Sprossen in der Keimschale, ohne Deckel

Hier noch ein paar Ideen zur Verwendung von Sprossen

  • im / auf dem Salat
  • Topping auf Suppen, Gemüse, Waffeln und mehr
  • Belag auf Aufstrichen
  • als Füllung in Pfannkuchen
  • im Curry
  • als salzige Quiche verarbeitet

So, ich kann fast gar nicht mehr aufhören zu schreiben und an den Plänen von Food Movement weiterzuarbeiten. 

Hast auch du Ideen oder Wünsche, welchen Themen & Aktivitäten sich Food Movement in Zukunft vermehrt annehmen soll? Dann melde dich ganz einfach bei uns unter welcome@food-movement.ch

Nun bleibt mir nichts anderes mehr übrig, als euch allen zu wünschen: Bleibt gesund!

Herzliche Grüsse,

Kevin

Sprossenmischung, Brokkoli- und Zwiebelsprossen
Mungobohnensprossen

Neue Geschäftsleitung: gefunden!

Kevin & Petra

Text & Foto: Petra Müller

Es freut mich sehr, euch den neuen Geschäftsleiter von FOOD MOVEMENT vorstellen zu dürfen: Kevin Nobs. Falls euch der Name bekannt vorkommt, dann ist das kein Wunder. Kevin hat schon HEALTHY FRIDAY-Rezepte für uns verfasst (zum Beispiel den feinen Brennnessel-Hanf-Aufstrich).

Wir sitzen gerade zusammen am Tisch und besprechen ganz lose und unverkrampft die Übergabe, die wahrscheinlich anfangs Februar 2020 über die Bühne gehen wird.

Wir werden Kevin noch genauer vorstellen, aber hier ganz kurz die tollen, passenden Eckdaten seiner Biografie:

2010: Maturarbeit „Heilpflanzen an der Emme“ (als Buch!)
2010 – 2013: Studium der pharmazeutischen Wissenschaften, Uni Basel
2013 – 2018: Studium der Germanistik & Biologie, Uni Bern
2017: Gründung skepping GmbH (Wildkräuter- und Umweltbildung)
2010 – heute: Apotheke Ryser AG, Burgdorf (Labor, Herstellung natürlicher Heilmittel)
2018 – 2021: Ausbildung zum Naturheilpraktiker TEN, SAKE, Bern

Sapperlott, oder?

Ich bin überglücklich!

Ganz herzliche Grüsse von uns beiden, Tulsi-Tee trinkend:
Kevin & Petra


Neue Geschäftsleitung gesucht

GESUCHT

Neue Geschäftsleiter*in FOOD MOVEMENT

Fünf Jahre nach der Gründung von FOOD MOVEMENT mache ich mich auf zu neuen beruflichen Ufern und suche per Januar 2020 oder nach Vereinbarung eine Nachfolgerin.

Wir suchen jemanden, die/der die Koordination des Vereines FOOD MOVEMENT übernimmt.

Ideale Voraussetzungen sind:

  • Engagement für eine sinnvolle Sache
  • Interesse an Gesundheit und Ernährung
  • Freude am Schreiben und an Kommunikation
  • Selbständiges Arbeiten
  • Erfahrung in Social Media und vielleicht sogar WordPress (beides keine Hexerei)
  • Wenig Scheu beim Netzwerken
  • Offenheit für verschiedene Ernährungsempfehlungen
  • Erfahrung oder Interesse an Fundraising

Auch wenn du nicht alle Punkte sofort mit Ja beantworten kannst, dein Herz aber schneller schlägt bei diesem Angebot, dann melde dich trotzdem!

Die Übergabe wird sorgfältig vonstatten gehen und den Bedürfnissen der neuen Geschäftsleitung angepasst. Das Honorar entspricht der Höhe der jeweiligen Partner-Vereinbarungen. Eine Einführung ins Fundraising ist gewährleistet.

Der zeitliche Aufwand entspricht ungefähr 1 Tag pro Woche – er kann selbstverständlich den eigenen Wünschen und Bedürfnissen angepasst werden. Du kannst von zuhause aus arbeiten, daher ist diese Tätigkeit auch ideal für Mütter oder Väter, die Teilzeit arbeiten oder das Wieder-Einsteigen ausprobieren möchten.

Bei Fragen und für Detail-Informationen stehe ich telefonisch oder per Mail gerne zur Verfügung: welcome@food-movement.ch oder 031 305 93 83 (in der Regel bin ich Dienstag & Donnerstag telefonisch erreichbar).

Herzlich,
Petra Müller
Gründerin von FOOD MOVEMENT

Podcast mit Bas Kast

Text: Petra Müller, Geschäftsleitung FOOD MOVEMENT

Wer keine Zeit hat, das von uns vorgestellte Buch „Der Ernährungskompass“ von Bas Kast zu lesen, kann sich aufs Sofa fläzen und Bas Kast und seinen Gastgebern zuhören, was er alles zu gesunder Ernährung zu sagen hat.

In dem Podcast der ZEIT bleibt der Gast so lange auf Sendung, bis er ein zu Beginn vereinbartes „Stichwort“ ausspricht – nämlich erst dann, wenn er meint, alles Wichtige gesagt zu haben.

Hier geht es zu zugegebenermassen unglaublichen 4 Stunden Podcast:
https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-08/bas-kast-interviewpodcast-alles-gesagt

Unsere innere Uhr: Der zirkadiane Rhythmus

Text & Foto: Petra Müller, Initiantin von FOOD MOVEMENT

Es gibt ein paar Naturgesetze, die der Mensch auch durch sein Verhalten nicht verändern kann. Eines dieser grundsätzlichsten Naturgesetze ist: Lebewesen müssen schlafen. In ungefähr 24 Stunden dreht sich die Erde sich um ihre eigene Achse, und in dieser Zeit verändern sich Licht, Temperatur und (bis vor wenigen hundert Jahren) die Verfügbarkeit von Nahrung für uns Lebewesen.

Dieser «zirkadiane Rhythmus» hat grossen Einfluss auf den Schlaf-Wach-Rhythmus von Tier und Mensch. Schlafen wir nicht genug, hat das Folgen für die Herzfrequenz, den Blutdruck, den Hormonspiegel und jede noch so kleine Nische unseres Körpers bis in die Zellen.

Nicht zu Unrecht heisst es daher auf Englisch: «The shorter you sleep, the shorter your life.» (je weniger du schläfst, desto kürzer ist dein Leben). Gemäss Studien haben Menschen, die 45 Jahre alt oder älter sind und regelmässig weniger als 6 Stunden pro Nacht schlafen ein 200 % grösseres Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden.

Es ist interessant, wie wir solche Naturgesetze in unserer leistungsorientierten und denaturierten Gesellschaft ignorieren. In manchen Kreisen gilt es gar als cool, wenn man sich damit brüstet, dass man nur wenige Stunden Schlaf braucht.

Persönlich fällt mir das Schlafen glücklicherweise nicht schwer, denn ich gehöre zu den Menschen, die eher früh aufstehen und entsprechend früh ins Bett gehen. Dennoch weiss ich noch nicht lange, wie schwerwiegend sich Schlafentzug auf unseren Organismus auswirkt (jeder, der nach einer langen Flugreise einen Jet Lag hatte, hat dies schon zu spüren gekriegt).

Mein Spezialgebiet sind die Zusammenhänge von Ernährung und Gesundheit. Haben Sie auch schon bemerkt, dass Sie besser bzw. weniger gut schlafen, je nachdem, was sie gegessen und getrunken haben?

Der Schlafforscher Matthew Walker schreibt in seinem Buch «Why We Sleep», dass es laut wissenschaftlicher Beweise empfehlenswert ist, weder zu satt noch zu hungrig ins Bett zu gehen und zurückhaltend zu sein bei Kohlenhydraten (Pasta, Kartoffeln, Reis, Brot) und insbesondere Zucker (in diese Kategorie gehört auch Alkohol).

Diese Aussage kann ich bestätigen. Obwohl ich regelmässig zwischen 7 und 8 Stunden pro Nacht schlafe, konnte ich meine Schlafqualität enorm steigern, seit ich meine Ernährung umgestellt habe.

Dies Begann, als ich vor 6 Jahren ich die Diagnose rheumatoide Arthritis erhalten und meine Ernährung auf anti-entzündlich umgestellt habe (ich verzichte nach einer Ausschlussdiät auf meine persönlichen Entzündungstrigger Zucker, Weizen, Fleisch, Milchprodukte, Nachtschattengewächse, Mais und Alkohol). Seither habe ich keine «Schübe» mehr und konnte die schulmedizinischen Medikamente 2016 absetzen.

Erst vor einem guten Jahr jedoch startete ich ein Experiment und verabschiedete mich von der üblichen grossen Mahlzeit am Abend, die ich gemeinsam mit meinem Mann genoss. Diese Umstellung fiel mir schwer, denn ich war dies seit meiner Kindheit her so gewohnt, dass man abends «richtig» zusammen isst.

Bereits nach wenigen Tagen fiel bei mir jedoch der Groschen, weshalb eine leicht verdauliche Abendmahlzeit idealer ist: Weshalb soll ich mir abends noch den Bauch vollschlagen, wenn ich danach bloss noch auf dem Sofa sitze und wenig später im Bett liege? Dafür brauche ich keine Energie in Form von Essen mehr.

Inzwischen esse ich zu Mittag meine grösste Mahlzeit mit Salat oder sonstiger Rohkost, viel gekochtem Gemüse und Protein (in meinem Fall sind das Linsen, Bohnen oder Pasta aus Hülsenfrüchten), manchmal auch Hirse, Quinoa oder Vollreis. Abends hingegen gibt es «nur» noch Gemüse, gedünstet oder als Suppe. Rohkost lasse ich abends meist weg, nur im Sommer esse ich selten etwas Salat. Eine Suppe muss nicht langweilig sein. Eine Gemüsesuppe mit Ingwer, Shiitake-Pilzen, Tamari und Algen schmeckt vorzüglich – ich mag aber auch ganz einfache, cremig pürierte Suppen aus Lauch, Süsskartoffeln mit Sellerie oder Kürbis.

Der Schlaf-Erfolg mit solch leichten Abendmahlzeiten blieb nicht aus. Seit dieser Umstellung schlafe ich deutlich besser. Und mit dem Wissen, dass ausreichender, guter Schlaf so wichtig für alle Abläufe in meinem Körper ist, ermögliche ich meinem Organismus einen – wie ich ihn nenne – «Engelskreis» (im Gegensatz zu einem Teufelskreis).

Es lohnt sich, den zirkadianen Rhythmus freundlich anzuerkennen und in die für uns vorgesehenen Abläufe zurückzugleiten. Tiere und Kinder sind dafür gute Vorbilder. Gute Nacht!

Dieser Text ist erstmals auf dem Blog unseres Partners Hüsler Nest erschienen.

Mouni: Rheumatoide Arthritis

Einführungstext: Petra Müller, Geschäftsleitung FOOD MOVEMENT
Erfahrungsbericht: Anke Mouni Meyer,
Eat & Move, Hamburg

Vor ein paar Wochen war ich in Norddeutschland, meine liebe Cousine besuchen (hallo Elke!). Anschliessend habe ich ein paar Tage in Hamburg verbracht. Kurz zuvor hatte mir eine Bekannte erzählt, dass sie soeben das Buch von Mouni Meyer bestellt habe, Mouni lebt wie ich auch mit der Diagnose rheumatoide Arthritis. Mir war Mouni bereits ein Begriff, da ich deren Schwester Ingrid Meyer-Legrand auf Facebook folge und Ingrid ab und zu auf das Schaffen ihrer Schwester verweist.

Ich wusste auch, dass Mouni in Hamburg wohnt. Deshalb dachte ich: Wieso nicht Kontakt aufnehmen und fragen, ob sie an einem Treffen zum Tee interessiert ist? Die Antwort kam prompt: Natürlich!

So kam es, dass ich mich an einem sonnigen Mittwoch in Hamburg-Eppendorf mit Mouni im Petit Café verabredete. Schon als ich anspaziert kam, winkte sie mir in ihrem Blümchenkleid entgegen. Ich kann nicht sagen, woran es lag, aber schon nach wenigen Minuten entstand zwischen Mouni und mir eine so entspannte und vertraute Atmosphäre, dass wir über weit mehr als das Austauschen von Arthritis-Erfahrungen sprachen. Nachdem der Kaffee (ich) bzw. der Tee (Mouni) längst ausgetrunken war, verspürten wir langsam Hunger. Mouni fragte mich, ob ich sie grad noch zum Mittagessen in ein makrobiotisches Restaurant begleiten wolle. Aber sofort!

Im Fröhlichen Reisball assen wir einen köstlichen makrobiotischen Teller mit Chicorée-Salat, Linsen, Fenchel, Broccoli und Reisplätzchen. Für mich war es wunderbar, eine so warme, sympathische und lustige Frau zu treffen und mich mit ihr auszutauschen. Ich hatte noch nie jemanden getroffen, der einen so ähnlichen Umgang mit dieser Krankheit hat, obwohl wir sicherlich sehr verschieden sind. Ich bewundere Mouni, dass sie zu Zeiten ohne Internet den Mut hatte, auf schulmedizinische Medikamente zu verzichten und ihren eigenen Weg einzuschlagen. Was für ein Privileg, sie bei dieser Gelegenheit kennenzulernen. Mouni, du bist eine tolle Frau!

Wir bedauerten beide, dass es aus zeitlichen Gründen nicht möglich war, uns während meines Hamburg-Aufenthaltes noch einmal treffen zu können. Aber wir bleiben in Kontakt, keine Frage!

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Meine himmlischen Rezepte gegen höllische Schmerzen
Ganzheitliche Ernährung bei Rheuma, Gicht und Arthrose

Als ich mit 24 Jahren an rheumatoider Arthritis erkrankte, habe ich nicht erwartet, dass ich mich in meinem Leben noch mal so intensiv mit dem Thema Ernährung beschäftigen und mich zu einer leidenschaftlichen Köchin entwickeln würde.

Mit meinen jungen Jahren konnte ich gar nicht kochen. Ich lebte zu dem Zeitpunkt in einer Gemeinschaft mit einer Horde netter Menschen, die sich abwechselnd in die Küche stellten und ich durfte genießen, was serviert wurde. Dafür habe ich dann andere Arbeiten gemacht.

In den 80er -jahren, zum Zeitpunkt meiner Diagnose, gab es einen großen Skandal mit Rheumamedikamenten. Die Zeitschrift „Der Spiegel“ berichtete damals. Vielen Menschen ging es hundsdreckig mit der verabreichten Medizin und nicht wenige starben daran. Die Aussicht daran sterben zu können, hat mir Angst gemacht, und der Weg mit den üblichen Medikamenten, wie sie damals verschrieben wurden, kam für mich nicht in Frage. Ich hielt die Schmerzen aus und schaute mich nach anderen Heilungsmöglichkeiten um. Dabei bin ich auf die fernöstliche Medizin gestoßen, deren großes Wissen über die Wirkung von Lebensmitteln, Kräutern und speziellen Zubereitungen mich tief beeindruckten.

Die Ernährungslehren, die ich entdeckte und zu praktizierten begann, waren die makrobiotische und die 5–Elemente-Ernährung der traditionellen fernöstlichen Medizin. Das war ein großes Glück! Denn sonst gab es weit und breit nur wenig Informationen zur Ernährung bei Rheuma. Die Ernährung wird in der fernöstlichen Medizin als ein ganz wichtiger Pfeiler gesehen, um Krankheiten vorzubeugen und zu lindern. Dabei werden auch die Eigenverantwortlichkeit und die Mitarbeit des Patienten erwartet, damit die Therapie gelingt.

Die wichtigsten Prinzipien dieser Ernährungslehren kurz zusammengefasst:
⁃ Zuckerhaltiges stark minimieren
⁃ überwiegend gekochtes Essen zu uns nehmen
⁃ überwiegend warme Getränke – vor allem Wasser
⁃ weniger Brotmahlzeiten – mehr Gekochtes mit Gemüse – auch Suppen
⁃ gut kauen
⁃ dem Kochen und Essen Aufmerksamkeit geben
⁃ jahreszeitliches Kochen/saisonales Obst und Gemüse
⁃ deinen individuellen Zustand berücksichtigen (dabei hilft eine Ernährungsberatung)

Damit hatte ich einen ganzheitlichen Ansatz gefunden, in dem es nicht nur darum ging, was ich am besten esse. Nein, es werden auch andere Fragen gestellt: Wie sind deine Beziehungen zu anderen? Fühlst du dich wohl an deinem Arbeitsplatz? Hast du genug Zeit, dich auszuruhen? Fühlst du dich geschützt und geliebt? Bewegst du dich genug? Denn all dies beeinflusst deine Gesundheit.

Doch zuerst kam das Essen und das ist bei mir bis heute so geblieben. Mit dem, was ich esse, kann ich meinen Gesundheitszustand am besten beeinflussen.

Also begann ich zu kochen. Zuerst lernte ich aus entsprechenden Kochbüchern. Doch bald entdeckte ich ganz in meiner Nähe einen Bioladen, der wöchentlich Kochkurse anbot. Ich ging hin und das jede Woche. Es hat richtig viel Spaß gemacht und ich setzte alles gleich begeistert um.

Schmerzen waren stark und leider verschwanden sie nicht von heut auf morgen. Mir blieb nichts anderes übrig, als geduldig zu sein. Intuitiv wusste ich, dass ich nicht zu meinen alten Gewohnheiten zurückgehen konnte – mit viel Käse, Zucker, Alkohol, Zigaretten und einem aufreibenden Lebensstil. Die Änderungen, die ich damals gemacht habe, waren enorm.

Ich verzichtete komplett auf Milchprodukte (ich liebte Käse), Nachtschattengewächse, Zigaretten (Tabak ist auch ein Nachtschattengewächs), Zucker (das war richtig schwer), kochte mir ab sofort ganze Mahlzeiten mit viel Gemüse, Eintöpfen, Tofusteaks, mariniertem Tempeh, aß regelmäßig Fisch, Mandeln, Sesam, Meeresalgen, Hülsenfrüchte, Quinoa, Reis oder mit Kürbis gebackene Hirse und vor allem regelmäßig grünes Gemüse. Es war variationsreich, bunt und unglaublich lecker. Ein neues Leben begann. Bevor ich mit dieser Reise startete, war mir fast immer kalt. Das veränderte sich schnell und nachhaltig. Heute komme ich mit jedem Wetter zurecht.

Warum? Weil ich anfing, jahreszeitlich zu kochen, d.h. im Winter kaum bis gar keine Rohkost, im Sommer dafür mehr und ich verkochte möglichst nur Gemüse und Obst, was zur jeweiligen Saison wuchs. Ich aß also überwiegend gekochtes und meist warmes Essen.

Bevor ich damit loslegte, habe ich verschiedene Ernährungsrichtungen ausprobiert, die für mich, wie ich schnell merkte, nicht funktionierten: Rohkost, Fit for life, Fasten (1/2 Tag habe ich das ausgehalten) Vollwert- mit Frischkornmüsli, Milchprodukten und Rohrohrzucker und Honig – für mich alles völlig unpassend.

Am Anfang der Umstellung habe ich noch eine Ernährungsberatung in Anspruch genommen, die mir eine gute Orientierung gab.

Es war natürlich nicht immer einfach mit der Umstellung, bemerkte ich doch mit Erstaunen, dass ich nach bestimmten Lebensmitteln regelrecht süchtig war. Dazu gehörte Brot und eben auch der weiße Zucker.

Die Seele spielt auch eine Rolle
Doch die Seele wollte auch gehört werden und für meine inneren Konflikte habe ich den Mut gefunden, eine Psychotherapeutin aufzusuchen, die mir mit Gestalt- und Gesprächstherapie weitergeholfen hat. Endlich konnte ich meine Konflikte an die Oberfläche holen, Gefühle zulassen und verstehen.

Das brachte Bewegung in meine Gefühlswelt und auch auf körperlicher Ebene hatte ich immer mehr Tage, an denen ich keine Schmerzen hatte. Diese Momente dehnten sich aus und nach ca. 2 Jahren war ich überwiegend schmerzfrei. Für mich ein großer Erfolg.

Medikamente habe ich in all den Jahren kaum genommen. Ab und zu nahm ich Ibuprofen, was mir gut half, und später entdeckte ich die Neuraltherapie für mich. In Hamburg gibt es einen hervorragenden Arzt, der die Neuraltherapie gekonnt anwendet: Er hat mir geholfen, meinen guten Zustand zu stabilisieren.

Weiterbildung und daraus einen neuen Beruf entwickelt:
Begleitend zu meinem Berufsleben in unterschiedlichen Unternehmen (Sachbearbeiterin, Verkauf, Marketing) begann ich, mich in dem Bereich Gesundheit und Ernährung weiterzubilden. Ich besuchte eine Kochschule in Köln und ließ mich zur Fachfrau für Bio-Gourmet-Ernährung ausbilden – es kam eine Fortbildung in Kochen nach den 5 Elementen und eine Ausbildung zur Ernährungsberaterin nach TCM dazu. Mit verschiedenen Praktika in gesundheitsorientierten Einrichtungen und unzähligen Seminaren vertiefte ich mein Wissen rund um das Thema.

Mittlerweile gebe ich mit großem Engagement Ernährungsseminare für Menschen mit Rheuma und zeige ihnen, wie es möglich ist, mit unserem täglichen Essen ganz viel für ihre Gesundheit zu tun. Dabei profitieren meine Teilnehmer*innen von meiner 30-jährigen Erfahrung und etlichen Fortbildungen, die ich im Laufe meines Lebens absolviert habe. Der Schwerpunkt in meinen Seminaren liegt auf dem gemeinsamen Kochen und ich zeige dabei, welche Lebensmittel und Zubereitungen wir einsetzen können, um unsere Gesundheit zu stärken. Ganz nebenbei wird sich lebhaft ausgetauscht und sich gegenseitig Tipps gegeben. Noch dazu gibt es jede Menge an wichtigen Hintergrundinformationen, die wir brauchen, um mit Rheuma umzugehen und es zu lindern.

Ein Buch ist entstanden!
Letztes Jahr habe ich dann endlich mein Buch geschrieben! Es lag mir schon so lange auf der Seele, es zu schreiben. In diesem Buch „Ganzheitliche Ernährung bei Rheuma, Arthrose & Gicht – meine himmlischen Rezepte gegen höllische Schmerzen“ findest du 120 Rezepte, die auch für Menschen ohne Rheuma ein Genuss und eine Bereicherung sind. Die Rezepte sind alltagstauglich und es bringt Spaß, in dem Buch zu stöbern, weil es richtig spannende Artikel zu unterschiedlichen Gesundheitsthemen enthält – auch für „gesunde“ Menschen.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass wir alle, die wir mit Rheuma zu tun haben, unseren eigenen Weg finden müssen. Die einen nehmen die modernen Rheumamedikamente und fühlen sich wohl damit. Andere kombinieren Ernährungstherapie mit den modernen RA-Medikamenten und kommen gut zurecht. Einige, so wie ich, verlassen sich auf die Ernährung und nehmen vielleicht noch Nahrungsergänzungsmittel hinzu und kommen damit gut weiter. Wenn ich schreibe, dass ich keine Medikamente genommen habe, bedeutet das nicht, dass ich denke, dass es besser ist, keine zu nehmen. Ich weiß, dass es manchmal wirklich notwendig ist, damit wir überhaupt die Kraft haben, es anzupacken. Meine Hinweise in diesem Artikel ersetzen keinen Arztbesuch.

In der chinesischen Sprache sind die Schriftzeichen für Krise und Chance die gleichen. Das kann uns froh stimmen, denn genauso habe ich es erlebt: In der Krise liegt die Chance! Hole dir dabei soviel Unterstützung, wie du brauchst. Ich bin mir sicher, dass du deinen Weg findest.

Du möchtest mehr über mich und meine Arbeit wissen?
Du findest alles dazu hier: Eat & Move

Das Buch kannst du entweder direkt beim Thieme Verlag bestellen oder über Amazon.

Mirjam: Morbus Crohn

Interview: Petra Müller, Initiantin von FOOD MOVEMENT
Foto: Mirjam Hill

Kein Erfahrungsbericht hat mich bisher so bewegt wie derjenige von Mirjam. Nach einem über einstündigen Telefongespräch konnte ich kaum glauben, was ich da soeben für eine haarsträubende Geschichte gehört hatte. Konnte das wirklich stimmen? Kann es sein, dass jemand in der Schweiz so behandelt wird?

Mirjam und ich verblieben so, dass wir ihren Erfahrungsbericht in Form eines Interviews gestalten würden. Als der beantwortete Fragebogen dann bei mir eintraf, musste ich erneut leer schlucken. Diese Geschichte ist so ungeheuerlich, dass ich nicht wusste, ob sie wirklich wahr sein kann. Viele Tage trug ich dieses Gefühl mit mir herum und wusste nicht, wie und ob ich die „Richtigkeit“ überprüfen könnte.

Irgendwann war ich mutig und griff zum Telefonhörer. Ich erklärte Mirjam, dass ich ihre Geschichte immer noch so unglaublich finde und ehrlich gesagt einen Hauch an deren Echtheit zweifle. Mirjam reagierte wunderbar. Sie meinte, dass sie das gut verstehen könne. Unser Gespräch dauerte erneut eine Stunde. Ich äusserte auch meine Bedenken an Anthony Williams, dessen Empfehlungen sie in den Antworten erwähnt. Auch diese Zweifel konnte Mirjam sehr gut verstehen – weil sie diese Zweifel anfänglich auch hatte.

Dieser Erfahrungsbericht ist nichts für schwache Nerven. Mirjam und ich verzichten auch explizit auf „Beweisfotos“ von ihr im Spital, von denen wenige existieren – die meisten Spitalaufenthalte fanden vor der Zeit der Smartphones statt, wo man auf die Schnelle ein Foto hätte machen können. Zudem wollen wir hier auf FOOD MOVEMENT nicht „Sensationsjournalismus“ betreiben. Aber dennoch finde ich es wichtig, dass solche Geschichten ebenfalls in die Welt hinausgetragen werden.

Hier geht es zu unserem Interview.
Ganz herzlichen Dank für deine Offenheit, liebe Mirjam!

Liebe Mirjam,
Du hast – wie viele Menschen mit einer chronischen Erkrankung – eine lange Odyssee hinter dir, bis du die Diagnose Morbus Crohn erhalten hast. Wie du mir erzählt hast, hat das bereits in der Kindheit begonnen. Wie hat sich das geäussert, und was hat man dagegen unternommen und ausprobiert?

Eigentlich bin ich bereits mit Beschwerden zur Welt gekommen, wollte nichts essen und habe nur geweint. Meine Mutter rannte mit mir von Arzt zu Arzt aber keiner nahm sie ernst, es hiess nur: „Kein Kind verhungert freiwillig, sie wird schon essen, wenn sie genug Hunger hat!“ Aber ich nahm weiterhin nur ab statt zu und meine arme Mutter hatte einen riesen Stress, mich nur schon am Leben zu erhalten.

Seit ich denken kann, habe ich auf Stress mit Bauchschmerzen und Durchfall reagiert, essen fand ich Zeitverschwendung und so ass ich oft nur 1 Mandarine und 1 Schinkensandwich – pro Woche! Aber die Ärzte fanden in all den Jahren nichts.

Mit knapp 20 habe ich dann eine Kur gegen Akne mit dem Medikament Roaccutan gemacht. Nach den 3 Monaten ging es dann richtig los mit den Symptomen und erst als meine Speiseröhre so schmerzte, dass ich nicht mal mehr Wasser schlucken konnte, wurde ich erstmals zu einem Gastro-Enterologen überwiesen, der dann sah, dass die Speiseröhre voller Geschwüre war. Aber erst, als noch schlimme Gelenkschmerzen dazu kamen, wurde mein Darm gespiegelt und es war ziemlich schnell klar, dass ich Morbus Crohn habe.

Welche Beschwerden hattest du in deiner Jugend, und wann wurde dir Morbus Crohn diagnostiziert?
Ich hatte ständig Bauchkrämpfe und Durchfall, vor allem in Stresssituationen und war oft müde und lustlos. Bei der Diagnose war ich knappe 20 Jahre alt.

Was haben dir die Ärzte verschrieben und was für Empfehlungen hast du erhalten? Hat auch jemand deine Ernährung angesprochen?
Die Assistenz-Ärztin kam nach der ersten Darmspiegelung zu mir ans Bett und sagte, dass ich Morbus Crohn hätte, das sei aber überhaupt kein Grund, sich Sorgen zu machen, ich könne damit ganz normal weiterleben. Ich bräuchte einfach mein Cortison, genauso wie ein Diabetiker sein Insulin brauchen würde.

Das war erstmal eine grosse Erleichterung für mich, ich dachte tatsächlich, ich hätte einfach sowas wie einen Cortison-Mangel! Etwas später hat mir mein Gastro-Enterologe dann die ersten Ernährungsempfehlungen gegeben: Möglichst viel Fleisch wegen dem Eisen, möglichst viel Fett und Zucker damit ich wieder zunehme und Energie bekomme und ich solle mich von Gemüse, Salat und Obst fernhalten, da seien zu viele Ballaststoffe drin, das würde meinen Darm unnötig belasten, ansonsten hätte die Ernährung keinen Einfluss auf Krankheiten und ich könne essen, was ich wolle.

Ich muss dazu noch sagen, dass ich sehr schulmedizinisch geprägt aufgewachsen und selber ausgebildete Pharma-Assistentin bin. Deshalb habe ich diese Sachen nicht hinterfragt sondern mich natürlich daran gehalten. Schräg gegenüber der Apotheke, in der ich arbeitete, war eine Bäckerei und so ging ich in jeder Pause rüber und kaufte mir etwas Süsses damit ich möglichst schnell wieder zunehmen und gesund werden würde.

Der Schuss ging natürlich nach hinten los und nach wenigen Wochen landete ich im Krankenhaus und musste das erste Mal künstlich ernährt werden. Da aber auch diese Form der Ernährung vor allem aus Fetten und Zuckerarten besteht und ich das alles nicht vertrug, ging es mir immer schlechter, mein Gewicht sank weiterhin, auch das Cortison vertrug ich überhaupt nicht und ich konnte nicht aufhören, mich zu übergeben. Auch den Durchfall kriegten wir mit Medikamenten nicht in den Griff und nach weiteren 6 Wochen verabschiedete sich mein Arzt in die Ferien und fragte mich, ob ich im Spital bleiben wolle zum Sterben oder lieber nach Hause wolle, er sehe keine Hoffnung mehr für mich, da ich weder Medikamente noch die künstliche Ernährung vertrug und von monatelangem starkem Durchfall und Erbrechen völlig ausgemergelt war.

Diesen Schock musste ich erst verdauen und wollte so schnell wie möglich nach Hause. Das war an einem Freitagnachmittag und dieses Wochenende hätte ich tatsächlich beinahe nicht überlebt. Meine Mutter hielt mich mit einer Banane und Tee am Leben, bis wir am Montag eine neue Lösung gefunden hatten.

Zu einem späteren Zeitpunkt wurden auch diverse Immunsuppressiva eingesetzt, wie Imurek, Remicade und Co. Leider sprach ich darauf überhaupt nicht an. Zudem gefiel mir der Gedanke nicht, dass die gesamte, ziemlich starke Medikation auf einer blossen Vermutung aufbaute, nämlich der, dass Morbus Crohn eine Autoimmunkrankheit sei, doch dafür gibt es bis heute keinerlei Beweise, die Forschung tappt völlig im Dunkeln. Ebenso wenig Sinn machte mir, dass mein Körper sich selber angreifen sollte. Eine kleine Schnittwunde heilte von selber, warum sollte das beim Rest des Körpers anders sein? Die Antwort sollte ich erst Jahre später bekommen. Mein Schmerzmittelverbrauch war in all den Jahren sehr hoch und ich habe manchen Morphium-Entzug hinter mir.

Du hast etliche Krankenhaus-Aufenthalte hinter dir. Magst du kurz erzählen, wie oft und wofür?
Das kann ich beim besten Willen nicht mehr zählen, ich fürchte, da kommen ein paar Jahre zusammen, ich schätze so ungefähr 4 – 5 Jahre Krankenhausaufenthalte insgesamt. Ich war oft monatelang in Spitälern im In- und Ausland. Ich war bei Spezialisten von Basel über Lausanne bis St. Gallen. Mein Bruder wohnte damals in den USA und Kanada, deshalb war ich auch dort ein paar Mal hospitalisiert und hoffte auf neue Erkenntnisse, leider vergebens.

Ich hatte sehr oft sehr starke Schmerzen, war über Jahre stark untergewichtig, bis auf 24 kg abgemagert, konnte nichts essen, weil ich sofort starke Schmerzen bekam und mich übergeben musste. Die Medikamente vertrug ich nicht, ich hatte über 60 Operationen, jede einzelne mit Komplikationen und zig Folgeoperationen.

Oft standen die Ärzte kopfschüttelnd an meinem Bett und sagten, so etwas hätten sie noch nie gesehen und eigentlich könne das gar nicht sein, dass ich jetzt diese oder jene Komplikation hätte. Ich bekam z.B. von einem schlecht gesetzten ZVK (zentralen Venenkatheter für die künstliche Ernährung) eine Thrombose in der Halsvene, so dass ein Stück davon entfernt werden musste in einer NotOP, dann hatte ich einen Porth-à-cath, dessen Schlauch normalerweise vor dem Herzen sitzt. Meiner hatte sich gelöst und war durch das Herz durchgewandert. Nur zufällig hat man das entdeckt, auch hier sofortige NotOP mit staunenden Ärzten.

Einmal erwachte ich aus der Narkose und hatte aus unerklärlichen Gründen einen Pneumothorax, die Ärzte hatten wohl, ohne es zu merken, meine Lunge verletzt. Andere Male hatte ich Darmdurchbrüche, wo die Ärzte weder im Blut noch im Ultraschall etwas davon sahen und ich wurde morgens um 2.00 Uhr aus der Notaufnahme gejagt, ich solle mich nicht so anstellen, ich habe nichts und ich sei doch nur scharf aufs Morphium. Da ich vor Schmerzen schrie, fuhren wir verzweifelt in die nächste Notaufnahme, wo dann erstmal auch nichts Auffälliges gefunden wurde. Wenigstens wurde ich ernst genommen und ins CT geschickt, daraufhin wieder sofortige NotOP, da mein Darm total zerfetzt war, der ganze Bauchraum voller Stuhl und bereits entzündet.

Alles, was es nicht gab, hatte ich; ich war die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Ich hatte immer ganz tolle Blutwerte, ohne erhöhte Entzündungswerte. Deshalb nahmen viele Ärzte meine Beschwerden nicht ernst. Ein hochangesehener Professor hat mich dann irgendwann als körperlich gesund eingestuft, da meine Laborwerte immer bestens waren und meinte aufgrund meines Gewichtes, ich hätte einfach eine Magersucht.

Daraufhin wurde ich vor die Wahl gestellt: Entweder ich verlasse die Klinik sofort (ohne Infusion hätte ich keine 3 Tage in dem Zustand überlebt) oder ich stimme einer Therapie durch eine spezialisierte Psychologin für Magersüchtige zu. Was blieb mir anderes übrig, als widerwillig zuzustimmen? Also wurde ich total isoliert, niemand durfte mehr zu mir oder mich anrufen, ich musste Tagebuch führen und wurde durch diese Frau „therapiert“.

Sie machte mir gleich zu Anfang deutlich klar, dass sie schon viele Magersüchtige in meinem Zustand gesehen hätte und Keine davon hätte überlebt. Eines Tages kam sie aus einem Word-Kurs mit einem Dokument, das sie mir wortlos mit einem breiten Grinsen überreichte. Sie hatte die Geschichte des Suppenkaspers aufgeschrieben und überall statt „Suppenkasper“ meinen Namen eingesetzt. So lautete der letzte Abschnitt folgendermassen: „Am dritten Tag, o weh und ach! Wie ist die Mirjam dünn und schwach! Doch als die Suppe kam herein, Gleich fing sie wieder an zu schrei’n: Ich esse keine Suppe! Nein! Ich esse meine Suppe nicht! Nein, meine Suppe ess‘ ich nicht! Am vierten Tage endlich gar die Mirjam wie ein Fädchen war. Sie wog vielleicht ein halbes Lot – Und war am fünften Tage tot.“

Es waren Monate des Horrors! Aber ich musste ihr Spiel mitspielen, damit ich nicht aus dem Spital flog. Dort hiess es immer wieder, ich wolle nicht gesund werden, weil ich immer wissen wollte, was an Medikamenten mir gegeben wurde und auch beim Essen wollte ich mitreden. Ich wusste, dass mir Blattsalate und Gemüse sehr gut taten, aber mit einer Darmerkrankung hat man im Spital schlechte Karten auf Wunschkost. Da gibt’s einfach das, was die Ernährungsberatung und der Arzt bestimmen, Platz für Diskussionen gibt es leider meist keinen und für Gemüse und Salate schon gar nicht. Zum Glück brachte meine Mutter mir ab und zu etwas zu essen mit, was ich besser vertrug als die Schonkost im Spital!

Mir wurden immer wieder Stücke vom Darm und Abszesse im Bauchraum entfernt. Inzwischen habe ich keinen Dickdarm mehr und nur noch Teile des Dünndarms, zudem fehlen mir Rektum, Scheide, Gebärmutter und ein Eierstock. All das haben die Entzündungen, Fisteln und Verwachsungen regelrecht zerfressen. Seit über 20 Jahren habe ich deshalb ein Ileostoma (künstlicher Dünndarmausgang). Seit 2003 lebe ich nach der letzten grossen, verpfuschten OP mit einer tiefen, eiternden Wundhöhle im kleinen Becken und mehreren offenen, entzündeten Geschwüren, bei denen ich mein eigenes Fleisch und freiliegende Nervenstränge sehen konnte, so tief waren sie. Auch diese Wunden zogen mehrere OPs nach sich und reagierten langfristig auf keinerlei Medikamente oder Behandlungen. Ich musste mich damit arrangieren, was über Jahre nur mit Fentanyl ging.

Irgendwann kam der Punkt, wo auch die Schulmedizin mit deiner Krankheit überfordert war. Du hast mir erzählt, dass du dann notfallmässig in eine ganzheitlich praktizierende Klinik gehen konntest. Was geschah dann?
Ja, genau, das war, nachdem mein Arzt mich gefragt hatte, wo ich sterben möchte und ich dann nach Hause gegangen war. Damals gab es die Aeskulap-Klinik in Brunnen, in der Ärzte und Naturheilpraktiker Hand in Hand therapierten. Ich war nicht sehr begeistert, da ich damals der festen Überzeugung war, ich müsse zu einem „richtigen“ Arzt und nicht zu einem „Chrütlidokter“. Ich hatte jedoch keine Wahl und als ich dort aufs Zimmer kam und man mich fragte, was ich zum Znacht wolle, stockte mir der Atem: Die hatten nur vegane Vollwertkost mit viel Gemüse, Vollkornprodukten und keinen Zucker! Also das pure Gegenteil, von dem, was mir mein Arzt damals geraten hatte.

Ich war in einem derart schlechten Zustand, dass ich dachte, diese Art der Ernährung würde mich umbringen. Ich sass stundenlang vor einer Vollkorn-Gemüsewähe und traute mich nicht, diese zu essen! Im Nachhinein muss ich sagen, dass diese Ernährungsumstellung mein Leben gerettet hat. Ab diesem Zeitpunkt war meine Faszination über Ernährung und ihren Einfluss auf die Gesundheit endgültig geweckt.

Welche persönlichen Strategien haben dir geholfen, das alles auszuhalten und nicht aufzugeben?
Phuu, das ist schwierig zu sagen. Auf jeden Fall eine grosse Portion Galgenhumor! Und ich habe gelernt, aus jeder Situation das Beste zu machen, nicht zu hadern und immer Lösungen zu finden.

Ich habe aber auch gelernt, mich auf mein Gefühl zu verlassen, auch wenn das bedeutet, mich erst mal zurückzunehmen. Im Laufe der Jahre musste ich mir viele Beschimpfungen von Ärzten und Pflegepersonal anhören, weil ich mir das Recht rausnahm, auch mal Medikamente zu hinterfragen, von denen ich aus der Vergangenheit wusste, dass sie mir entweder nicht gut taten oder nicht halfen. Als Pharma-Assistentin hatte ich zudem auch etwas Ahnung und schlug manchmal auch Alternativen vor, was gar nicht gern gesehen war.

Ich war da wirklich ein kleiner Rebell und spürte aber ziemlich genau, was gut für mich war und was nicht. Wenn die Ärzte nicht mit sich verhandeln liessen, dann konnte ich auch mal Medikamente in Vasen (sorry liebe Blumen!) und im Abfall verstecken um sie nicht nehmen zu müssen. Heute bin ich überzeugt, dass all dies dazu beigetragen hat, dass ich heute noch hier bin. Ich wurde in den 20 Jahren, in denen ich immer wieder im Spital war, selber zur Expertin und habe in der Zeit auch sehr viele Fachbücher gelesen zum Thema Darm, Ernährung und Therapien.

Es war vor allem aber eine Kopfsache. Es gab natürlich auch viele Tage, an denen ich nicht mehr leben wollte und mich die Kräfte verliessen, doch ich sagte mir immer wieder: „an Morbus Crohn stirbt man nicht, das ist keine tödliche Krankheit!“ Diese Überzeugung hat mir sicher sehr geholfen, dies Alles irgendwie zu überstehen.

Was mir sicher im Nachhinein auch geholfen hat, war die ganze Aufarbeitung. Ich habe so viel Unglaubliches und Verstörendes erlebt, dass ich es manchmal fast selber nicht fassen konnte. Also habe ich mir irgendwann bei allen Ärzten und Krankenhäusern meine Krankenakten abgeholt.

Ich musste das alles nochmals nachlesen, ob ich mir das nicht nur eingebildet hatte. Mein erster Gastroenterologe, der mich damals gefragt hatte, wo ich lieber sterben wollte, zuhause oder im Spital, überreichte mir die Unterlagen höchstpersönlich, sah mich dabei herausfordernd an und fragte: „Und? Wollen Sie mich jetzt verklagen?“ Ich war derart perplex, dass ich erstmal keine Antwort darauf wusste. Mir ging es hier nicht um Gerechtigkeit, sondern ums Verstehen, Verarbeiten und Begreifen, um schlussendlich irgendwann verzeihen zu können. Ich sah die Frage aber später dann als eine Art Schuldeingeständnis, offenbar war ihm schon bewusst, dass da etwas nicht so gut gelaufen war. Das half mir, ihm zu vergeben und meinen Seelenfrieden zu finden. Auch Ärzte machen Fehler, sie sind auch nur Menschen. Jedoch fände ich es schön, wenn sie auch dazu stehen würden.

Ein anderer Arzt hat mir im Nachhinein bestätigt, dass bei mir sehr vieles schief gelaufen war und viele Fehler passiert seien. Im gleichen Satz betonte er aber, dass das kein Arzt so vor Gericht bestätigen würde, er auch nicht. Ich fand und finde das immer noch eine sehr heftige Aussage. Ich glaube, ich hätte das Ganze um einiges einfacher verarbeiten können, wenn Ärzte zu ihren Fehlern gestanden und sich bei mir dafür entschuldigt hätten.

Ein Chirurg hat mich einmal nach einer Bauchoperation nicht richtig zugenäht, weil er dachte, ich überlebe es sowieso nicht. Es gab eine Rieseninfektion und ich hatte monatelang einen offenen Bauch deswegen. Der gleiche Chirurg hatte meine Beschwerden nie ernst genommen und mich als Morphium-Junkie abgetan. Bei einer der nächsten Operationen sagte er danach zu meiner Mutter: „Kein Wunder, hatte das Mädchen solche Schmerzen, das sah ja schrecklich aus!“ Das ist das einzige und am nächsten an einer Entschuldigung dran, was ich je von einem Arzt gehört habe.

Keiner meiner damaligen Ärzte hielt es für nötig, mir das persönlich zu sagen oder sich für Fehler zu entschuldigen. Ich brauchte viele Jahre, bis ich soweit war, ihnen allen zu vergeben und die ganzen unschönen Geschichten hinter mir zu lassen. Ich tat es meinetwegen, damit ich meinen Weg weiter gehen konnte. Wenn ich heute zurückdenke, ist da immer noch viel Unverständnis und Bedauern, aber es belastet mich nicht mehr. Als Abschluss dieses Kapitels habe ich dann irgendwann fast alle meine Krankenakten vernichtet in einem grossen Feuer im Garten. Ich war jetzt bereit, diesen ganzen Scheiss (tschuldigung!) hinter mir zu lassen.

Wie geht es dir heute?
Wie sieht deine Ernährung aus? Spielt die Ernährung eine wichtige Rolle für dein Wohlbefinden?
Es geht mir viel besser, ich war jetzt fast 5 Jahre nicht mehr im Spital, ein super Rekord für mich! Die Ernährung ist für mich heute noch immer sehr zentral. Für mich ist heute auch klar, dass wenn ich eine Darmkrankheit habe, die Linderung vor allem über die Ernährung passiert.

Ich habe vor bald 10 Jahren meine Ausbildung zur Naturheilpraktikerin TEN abgeschlossen und mir auch hier viel Wissen aneignen dürfen. Für mich das allergrösste Geschenk ist es, jetzt sozusagen auf der anderen Seite zu stehen und Menschen auf ihrem Weg zur Gesundheit begleiten zu dürfen. Ich kenne ihre Sorgen und Ängste wie kein Zweiter und weiss, was sie gerade durchmachen und kenne auch ihre Ohnmacht und Hilflosigkeit.

Im Februar 2018 bin ich auf das Wissen von Anthony William gestossen, der eine geradezu revolutionäre neue Sichtweise auf sogenannte Autoimmunerkrankungen aufzeigt. Er nennt sich „Medidal Medium“ und beschreibt in seinen Büchern sehr detailliert und völlig neu die Entstehungsweise von Krankheiten und wie man sie wieder loswird. Er räumt mit Gesundheitsmythen auf und bestätigt, dass die Theorie der Autoimmunerkrankungen so nicht stimmt. Es bleibt eine Theorie, denn Beweise konnte bisher nicht mal die Wissenschaft bringen. Die Idee ist daraus entstanden, weil Forscher damals einen Antikörper fanden, den sie nicht zuordnen konnten, also kam einer mit der Idee, dass der Körper sich wahrscheinlich selber angreife.

Diese Vermutung wurde übernommen und seit Jahrzehnten nicht hinterfragt, im Gegenteil basiert immer noch die gesamte Therapie von Autoimmunerkrankungen auf dieser einen, falschen Vermutung. Die logischere Erklärung wäre gewesen, dass dieser Antikörper zu einem Virus gehört, das damals schlicht noch nicht entdeckt worden war. Genau diesen Weg zeigt Anthony William auf und erklärt in seinen Büchern die Entwicklung dieser Viren und wie sie zu den Übeltätern von zig heutigen Krankheiten werden konnten. Er gibt vor allem Ernährungstipps, die jeder umsetzen kann und die funktionieren. Er arbeitet bereits seit über 40 Jahren mit kranken Menschen und hat in dieser Zeit vielen tausend Menschen helfen können. Er ist übrigens auch der Begründer des Selleriesaftes, der jetzt langsam überall in der Presse erwähnt wird.

Meine Ernährung ist heute genau das Gegenteil dessen, was mein Arzt mir damals geraten hat: Ich ernähre mich vorwiegend pflanzlich, fettreduziert, um die Leber zu entlasten und mit einem hohen Anteil an Rohkost und Früchten. Zudem verzichte ich auf die sogenannten „no foods“, die laut Anthony William dazu beitragen, dass Viren und Bakterien gefüttert werden, welche zu Krankheiten führen können: Mais, Soja, Rapsöl, Gluten, Milchprodukte, Fisch aus Aquakultur, Schweinefleisch, Glutamat, Aromastoffe, Eier, Rapsöl, Zitronensäure als Konservierungsmittel, Süssstoffe und Zucker.

Viele mögen jetzt denken: „Jesses, das könnte ich nie, da müsste ich auf zu viel verzichten!“ Ich jedoch verzichte lieber auf Schmerzen, Entzündungen, Geschwüre und geniesse dafür die Vielfalt meiner Ernährung. Der Gewinn an Lebensqualität durch bessere Gesundheit ist so viel mehr wert als den 7-minüten Genuss eines Stücks Pizza oder Quarktorte!

Der morgendliche Selleriesaft und der Smoothie zum Ausleiten von Schwermetallen gehören inzwischen zur Tagesordnung. Diese Art der Ernährung praktiziere ich jetzt seit bald 16 Monaten und es geht mir bedeutend besser. Mein Gewicht hat sich stabilisiert, offene Wunden, die ich seit der verpfuschten OP 2003 hatte, sind endlich am heilen, Entzündungen sind massiv zurückgegangen, ich fühle mich insgesamt nicht mehr so schlapp, meine Depressionen sind praktisch weg und ich habe das erste Mal wieder Hoffnung auf weitere Besserungen. Ich habe sicher noch einen langen Weg vor mir, aber er wird jetzt immer leichter statt schwerer wie früher.

Du hast vor ein paar Jahren eine Ausbildung zur Naturheilpraktikerin TEN absolviert. Was würdest einer Klientin/einem Klienten raten, die/der mit Morbus Crohn zu dir in die Praxis kommt?
Ich muss dazu sagen, dass ich im Lauf des letzten Jahres auch meine Praxis ziemlich umstrukturiert habe. Mein ganzes Wissen über die Schulmedizin, Naturheilkunde und Ernährung musste ich revidieren, da dies bei mir selber und vielen Patienten nicht wirklich durchschlagende, anhaltende Erfolge gebracht hat. Also habe ich mehr und mehr auch die Erkenntnisse und Empfehlungen von Anthony William in meine Praxistätigkeit einfliessen lassen und inzwischen habe ich mich ganz darauf spezialisiert. Warum nicht meinen Patienten etwas weiterempfehlen, was bei mir und so vielen anderen auch funktioniert?

Die Ernährung und Optimierung des Stoffwechsels war schon immer ein zentraler Teil meiner Therapien und das ist auch weiterhin so. Ich bringe also einem Klienten mit Morbus Crohn die Erkenntnisse von Anthony William nahe und zeige ihm die Ursachen seiner Beschwerden auf. Gemeinsam erarbeiten wir dann einen Plan, der einen sanften Einstieg ermöglicht.

Es ist nicht nötig, etwaige Medikamente abzusetzen und es ist mir wichtig, die Menschen dort abzuholen, wo sie sind. Bei vielen ist der Leidensdruck so hoch, dass sie fast alles ausprobieren würden. Trotzdem tun sich einige schwer damit, weil ihnen eben Ärzte und Ernährungsberater oft etwas anderes empfehlen, als ich es tue. Das ist für viele anfangs verständlicherweise verwirrend.

Ich erkläre Ihnen dann, dass wenn etwas nicht funktioniert, wir frei sind, etwas Neues auszuprobieren. Das ist oft auch mit Ängsten verbunden. Wir dürfen alle lernen, umzudenken und alte Denkmuster loszulassen. Wer Veränderung möchte in seinem Leben, kann nicht auf alten Pfaden weitergehen. Nur auf neuen Wegen kommen wir zu neuen Zielen. Heute freue ich mich ganz besonders, wenn ich Menschen mit einer CED begleiten darf, damit sie nicht dasselbe Schicksal erleiden müssen wie ich damals.

Man könnte jetzt meinen, ich sei aufgrund meiner vielen schlechten Erfahrungen gegen die Schulmedizin, das ist aber ganz und gar nicht so. Auch sie hat ihre Berechtigung und ihren Platz. Wo die Schulmedizin an ihre Grenzen stösst, kommt die Komplementärmedizin zum Zug. Komplementär heisst ja nicht umsonst „das Andere ergänzend“.

Hätte mir aber jemand vor 2 Jahren erzählt, was ich heute mache, ich hätte ihm schlicht den Vogel gezeigt! Wieso sollte ich mein ganzes Leben umkrempeln wegen eines Autors? Das tönt auch sehr extremistisch und wer mag das schon. Aber mal ehrlich, wenn du selber etwas findest, was deine Beschwerden massiv reduziert oder sogar ganz zum Verschwinden bringt, würdest du es dann nicht mit anderen teilen wollen? Ich schon, wobei ich jeden respektiere, der sich für einen anderen Weg entscheidet. Es tönt ja auch für mich noch immer etwas abwegig und würde ich nicht am eigenen Leib die Besserungen erfahren, ich hätte das wahrscheinlich als Scharlatanerie abgetan. Ich war tatsächlich der Überzeugung, alles Wichtige über Ernährung und Entgiftung bereits gelernt zu haben. Zum Glück lag ich falsch und liess mich eines Besseren belehren!

Was sind deine wichtigsten Erkenntnisse, wenn du dein Leben Revue passieren lässt?
Es gibt immer einen Weg, sein Ziel zu erreichen, manchmal sind aber Umwege nötig und wichtig. Sei nie zu stolz oder zu stur, etwas Neues auszuprobieren. Aufgeben ist keine Option. Familie und Freunde sind unverzichtbar! Und, zu guter Letzt: Jeder Körper hat die angeborene Fähigkeit, gesund zu werden auch deiner! Die Kunst ist, ihn dementsprechend dahingehend und mit viel Mitgefühl, Liebe und Geduld zu unterstützen, es braucht nur etwas Mut!

Hier geht es zur Website von Mirjam.

Kochbuch: ESSEN GENIESSEN GESUND BLEIBEN von Laura Koch

Text & Foto des Buchcovers: Petra Müller, Initiantin von FOOD MOVEMENT

Ernährung als Medizin

Gleich vorneweg: Das ist wohl eines der zugänglichsten Kochbücher über gesunde Ernährung, das mir in den letzten Jahren in die Finger geraten ist. Das kleine Wunder dabei: Es kommt aus der Schweiz! Darum wundert es mich auch nicht, dass mir Menschen aus meinem Bekanntenkreis begeistert von diesem Buch erzählen, die sich bisher nur am Rande um gesunde Ernährung gekümmert haben.

Dieses Kochbuch ist ein Glücksfall.
Und zwar gleich aus mehreren Gründen:

Es ist zugänglich
Wer mag, «darf» weiterhin Milchprodukte, Eier, Fisch und Fleisch essen. Wie überall kommt es auf die Qualität und die Menge an. Weit verbreitet ist nämlich die Annahme, dass gesunde Ernährung langweilig und extrem einschränkend ist. Dabei können bereits kleine Veränderungen eine grosse Wirkung haben.

Es erklärt über den Tellerrand hinaus
Wir leben seit Jahrzehnten nicht mehr artgerecht. Wer für eine artgerechte Haltung von Tieren ist, sollte auch seinen eigenen Lebensstil kritisch betrachten: Wie bewege ich mich, wie schlafe ich, aber auch: wann und was esse ich?

Der zirkadiane Rhythmus hat seit der Entstehung des Lebens auf unserer Erde einen sehr grossen Einfluss auf alle Lebewesen. Dieser Rhythmus entspricht den ungefähr 24 Stunden, die die Erde braucht, um sich einmal um die eigene Achse zu drehen. In dieser Zeit verändern sich die Licht- und Temperaturverhältnisse, und bis vor ein paar Hundert Jahren auch die Verfügbarkeit auf Nahrung.

Über Millionen von Jahren hat sich unser Organismus entwickelt, und entsprechend tickt auch unsere Verdauungs- und Regenerationsuhr immer noch nach diesen alten Mustern. Es spielt zwar eine grosse Rolle, WAS wir essen, aber genau so wichtig ist auch, WANN wir essen.  Dabei kann und soll auf die individuellen Bedürfnisse Rücksicht genommen werden. Wer sich zum Beispiel wenig bewegt und morgens oder abends keinen Hunger verspürt, kann das Frühstück respektive Abendessen auch mal weglassen. Wichtig dabei ist, dass dafür die restlichen Mahlzeiten vollwertig sind.

Kurz und bündig wird in diesem Buch erklärt, welche fünf Effekte auf die Gene und den Stoffwechsel zu berücksichtigen sind und weshalb Ess-Pausen so wertvoll für uns sind. Unter dem Strich kann gesagt werden, dass gezielte und längere Pausen zwischen den Mahlzeiten helfen können, sogenannten Zivilisationskrankheiten vorzubeugen. Unser Organismus verhält sich auch heute noch grösstenteils wie in der Steinzeit – er konnte sich längst nicht an unser modernes Leben mit permanenter Nahrungsmittelzufuhr und zumeist wenig Bewegung anpassen.

Es zeigt, dass gesunde Ernährung einfach (und lecker) ist
Gesunde Ernährung geht ganz einfach:
– genügend trinken (vorzugsweise Wasser und ungesüssten Tee)
– 2 – 3 Portionen (möglichst saisonales) Gemüse täglich
– täglich etwas Früchte und Beeren
– täglich gesunde Fette wie Nüsse, Samen, Olivenöl, Ghee, Bio-Kokosöl, Hanföl etc.
– täglich Eiweiss wie Fisch, Poulet, Eier, Schafskäse, Bohnen sowie eiweissreiche Nüsse
– täglich eine Stärkebeilage wie Amarant, Dinkel, Hafer, Hirse, Marroni oder Süsskartoffeln

Es erklärt die Wirkung von Kräutern & Gewürze
Es ist ein wenig in Vergessenheit geraten, dass Kräuter und Gewürze unsere Mahlzeiten nicht nur schmackhafter machen, sondern dass sie auch eine heilende Wirkung haben. Von Galgant über Ingwer, Muskatnuss bis Zimt erfahren wir die gesundheitsfördernde Wirkung und können unseren Blick auf die vielen aromatischen Samen, Knospen und Wurzeln positiv verändern. Auch ordinäre Küchenkräuter wie Basilikum, Oregano und Schnittlauch sollten grosszügig verwendet werden. Wusstest du, dass Rosmarin nicht nur gut für die Verdauung ist, sondern sich auch positiv auf den Herz-Kreislauf und die Durchblutung auswirkt und die Nerven beruhigen kann?

Es ist übersichtlich
Der Theorieteil beschränkt sich auf übersichtliche und gut verständliche 30 Seiten. Was folgt, sind über 150 Seiten mit Rezepten, schön bebildert, sodass man sich gar nicht entscheiden kann, ob man mit den Amarant Hafer Pancakes, dem Karotten Ingwer Aufstrich, dem Nussbraten oder mit den salzigen Muffins beginnen soll. Nicht-Vegetarier/-Veganer finden aber auch gefüllte Trutenschnitzel oder Ofenfisch mit Spargel. Ich bin mir sicher, dass jede und jeder mehrere neue Lieblingsrezepte in diesem Kochbuch finden wird, die erst noch einfach in den Alltag einzubauen sind.

Wer seine Angst vor «Ernährung als Medizin» abbauen oder sich zumindest an eine solche herantasten möchte:

Wir verlosen 3 Exemplare von ESSEN GENIESSEN GESUND BLEIBEN.

Schicke uns bis am Montag, den 20. Mai 2019 eine Mail mit deinem Namen und deiner Postadresse an welcome@food-movement.ch, und du nimmst an der Verlosung teil (beschränkt auf in der Schweiz lebende Personen).

Update 21. Mai 2019:
Die Buchverlosung wurde durchgeführt.
Die glücklichen Gewinnerinnen heissen Ramona Schürch, Nicole Huber und Ulrike Mitter – sie wurden bereits über ihr Glück informiert.
Herzlichen Dank an alle, die mitgemacht haben!


ESSEN GENIESSEN GESUND BLEIBEN ist übrigens in Zusammenarbeit mit dem NHK Institut für integrative Naturheilkunde im AT Verlag erschienen, beide gehören zu den ideellen Unterstützern von FOOD MOVEMENT.

Und zum gluschtig machen hier noch zwei Bilder aus dem Buch:

Fotografie © Veronika Studer, AT Verlag / www.at-verlag.ch

Haferburger aus Haferflocken, Leinsamen, Eiern und Gemüse
Karotten Ingwer Aufstrich aus Karotten, Sauerrahm, Walnüssen, Ingwer und Gewürzen

Interview mit Antonius Conte von NaturKraftWerke

Text & Interview: Petra Müller, Geschäftsleitung FOOD MOVEMENT
Foto: Camille Pivac


Irgendwann letztes Jahr habe ich aus Neugier mit Antonius Conte Kontakt aufgenommen. Ich kannte die Produkte seiner Firma NaturKraftWerke schon lange, zu der Zeit war ich grad wild auf seinen Löwenzahnwurzel- und Chicorée Kaffee. Durch meine Tätigkeiten mit FOOD MOVEMENT und Freakfood wollte ich den Mann hinter dieser Firma und dem leckeren Kaffee endlich mal kennenlernen.

Schon nach wenigen Minuten unseeres Telefongespräches merkte ich: Das wird spannend. Antonius ist ein alter Hase, was spezielle, biologische Nahrungsmittel und den Handel mit Lebensmitteln angeht. Er machte schon „Superfoods“, als es den Begriff noch gar nicht gab. Schon 1979 hat er sich ohne tierische Produkte ernährt – ziemlich ungewöhnlich!

Aber ich möchte hier lieber Antonius das Wort übergeben. Klar ist, dass wir sicher weiterhin in Kontakt bleiben werden, und das nicht bloss, weil er FOOD MOVEMENT mit seiner Firma als Mitglied unterstützt.

Und jetzt wünschen wir viel Vergnügen und – wer weiss, vielleicht sogar neue Einsichten – mit diesem spannenden Interview.

Lieber Antonius, vor vielen Jahren hast du eine Ausbildung zum Heilpraktiker absolviert. Was hat dich damals dazu bewogen, diesen Weg einzuschlagen?
1979 beschloss ich von heute auf morgen, keine tierischen Produkte mehr zu konsumieren. Ich war damals von Zen Buddhismus fasziniert und wollte spirituell vorwärtskommen. Dabei entdeckte ich ganz nebenbei die medizinische Kraft der Lebensmittel. Wobei ich ja nicht körperlich krank, sondern von kulturellen Motiven bewegt war. Aber ich hatte seit Jahren Angst, Existenzangst, Platzangst, Panik, anfallsartig und chronisch. Kurz nach der Ernährungsumstellung war dieser ganze Spuk weg. 1982 landete ich nach einem Trip über Amerika in Berlin und blieb dort 15 Jahre. Am Ende dieser Zeit, nach viel Trial and Error, Irrungen und Wirrungen, machte ich da den deutschen Heilpraktiker. Für mich war es eine Antwort auf das ermüdende Grossstadtleben und eine Rückbesinnung auf die anfänglichen Erfahrungen mit Ernährung.

Was hat sich seit deiner Ausbildung in Sachen Ernährung verändert, und wo stehst du in Sachen Ernährung, Gesundheit und Wohlbefinden heute?
Ich fahre einen kontroversen und paradoxen Kurs. Nach über 25 Jahren veganer und vegetarischer Ernährung bin ich heute genussorientierter und kreativer Flexitarier mit reduziertem Anteil tierischer Produkte und wenig bis null Zucker. Manchmal esse ich tagelang vegan. Aber ich probiere gerne alles Mögliche aus. Essen ist auch Kulturgeschichte und das fasziniert mich.

Ich habe Phasen und Epochen, wo etwas in den Vordergrund kommt und dann wieder verschwindet. Es ist wie eine Entdeckungsreise, unterhaltsam und unbeschwert mit wundersamen Offenbarungen, aber auch Ernüchterungen und Enttäuschungen. Orientiert bin ich durch Instinkt in Kombination mit Wissen und Vorlieben. Wenn ich in einen grossen Laden gehe, weiss ich gleich, was ich will und was nicht. Manchmal werde ich auch zu etwas verführt und mache eine Dummheit. Wichtig ist mir, mich frei zu fühlen, ohne Diktat einer Ernährungslehre oder eines Glaubens über Richtig und Falsch oder dass am Ende als Lohn Gesundheit, gar Erlösung und ewiges Leben winkt.

Meine Ausbildung hat in erster Linie das Staunen vergrössert über unser Leben. Und es waren vor allem die Naturwissenschaften und die Medizingeschichte, die mich inspirierten. Ich bin dadurch von Schwurbel und Leichtgläubigkeit freigekommen, denen man leider in naturheilkundlich orientierten Szenen oft begegnet. Essenziell ist für mich, mich von etwas Lebendigem zu ernähren. Zum Beispiel kann ein tierisches Produkt sehr lebendig sein und ein veganes Produkt sehr tot. Ich vermeide starre oder religionsartige Konzepte und ich vermeide schluckfertige Nahrung.

Kennst du Menschen, bei denen dank spezifischer Ernährung eine Linderung erreicht werden konnte?
Ich habe 10 Jahre als Heilpraktiker praktiziert. Mein Ziel war immer, nach einer symptomorientierten Behandlung, die den Krankheitsdruck abmildern sollte, mit Ernährung an die Basis zu kommen. Das ist zu etwa 50 % gelungen, d. h. viele Klienten konnten ihre Gesundheit neu aufbauen und erhalten. Aber zu 50 % hat es nicht geklappt. Ernährung ist intimer als Sex. Da lassen sich viele einfach nicht ein. Und Gewohnheiten zu ändern oder Süchte zu überwinden ist die eigentliche Krux. Wenn man das schafft, muss man auch nicht zum Arzt, auch nicht zum Heilpraktiker. Souveränität und volle Selbstverantwortung ist das Ziel und ich glaube der wichtigste Teil unserer Gesundheit. Gesundheit ist nicht konsumierbar, sie setzt Kreativität voraus.

Gibt es deiner Ansicht nach spezifische Ernährungs-„Regeln“, die du als besonders wichtig und/oder wirksam empfindest?
Abwechslung, Vielfalt, Bio, frisch, jahreszeitengerecht, selbergemacht, keine Massen- und Convenienceprodukte, nicht knabbern/snacken, nicht zu viel essen, langsam essen, geniessen, auf die Verdauung achten und alles, was nicht funktioniert, weglassen.

Für mich gibt es 5 Punkte: Durchblutung/Gefässe, Knochen/ Bewegungsapparat, Entzündungen, Stimmung/Psyche, Gedächtnis. Wenn da etwas nicht stimmt, sollte man aktiv werden. Diese Regelkreise erreicht man alle mit Ernährung. Natürlich gibt es noch viel mehr, aber diese 5 Themen erscheinen mir als wirkmächtig, fast alles andere folgt daraus. Ich würde übrigens ni,e jemandem sagen mach das oder dies. Gesundheit hat auch etwas mit Bildung und – wie gesagt – Kreativität zu tun. Man muss selber Bücher lesen, aber nicht nur oberflächliche Ratgeberliteratur, mit denen viele Verlage einen Haufen Geld verdienen, sondern möglichst Originalliteratur. Man muss sich in einer gewissen Tiefe auseinandersetzen und dadurch selber Herr der Lage sein. Es ist wichtig, sich kontrovers zu informieren und den Stoff selber zu sortieren und eine eigene Kompetenz aufzubauen. Nicht einfach etwas glauben!

Was auch unterschätzt wird: Hypochondrie ist eine dauernde Selbsthypnose. Lieber dem Körper vertrauen! Nicht ständig über Gesundheit nachdenken. Gesundheit ist wie Geld, gib es aus und es kommt zurück. Gesundheit sollte nicht gespart, sondern für etwas eingesetzt werden.

Hast du persönlich positive Erfahrungen mit einer bestimmten Ernährungsweise gemacht?
Mit Makrobiotik habe ich sehr befreiende Erfahrungen gemacht, wegen der Reduziertheit, obwohl das System paternalistisch und kulturell überheblich ist. Ayurveda mag ich auch. In der traditionellen italienischen Küche sind ebenso viele Schätze versteckt. Damit meine ich nicht die weltweite Ultradominanz von Pizza und Pasta. Aber über Parmesan könnte man sich schon mal Gedanken machen oder über die italienische Gemüseküche oder die herrlichen Kräuter wie Thymian, Oregano, Basilikum, Salbei, Rosmarin, die in vielen Gerichten vorkommen. Ich habe vor ein paar Jahren die Weltküche (www.weltkueche.bio) gegründet. Die Idee dahinter ist, die genialen und bewährten Praktiken verschiedener Landes- und Volksküchen wertschätzend zu kombinieren. Die Weltküche ist eine charmante Opposition gegen Kampf und Krieg der Kulturen, Religionen, Ideologien. Ich lebe von der Idee, dass sich eines Tages alle Menschen und alle Lebensarten auf gleicher Augenhöhe begegnen und viele Menschen öfters mal was zusammen kochen.

Welche sonstigen Faktoren, abgesehen von der Ernährung, erachtest du als wichtig für Gesundheit und Wohlbefinden?
Herausfinden, was man wirklich will und es tun.

Du hast bereits 1996 die Firma NaturKraftWerke gegründet. Was war damals deine Vision, und wie sieht sie heute aus?
Durch das Do-it-your-self Prinzip für Haus und Bau, das Mitte der 70iger Jahre aufkam, schwebte mir schon lange eine Art Do-it-your-self -Konzept für die Gesundheit und Körperpflege, eine moderne Art von Hausapotheke, vor. Ein Sortiment an Basisprodukten, mit denen man effektiv Einfluss nehmen kann auf das Wohlbefinden. Unser erster Claim war etwas mit «Volksgesundheit» und «Ethnomedizin». Ich wollte einen Bausatz kreieren mit hilfreichen Mitteln aus aller Welt. Da bekam ich aber schnell Ärger mit den Behörden. Alternative Pharmazie hat mich lange fasziniert, aber es wurde mir rechtlich zu kompliziert und ich wollte nicht subversiv arbeiten. Ich ruderte zurück auf Lebensmittel. Lebensmittel haben ein pharmazeutisches Potenzial. Man darf bei uns nur keine Werbung darüber machen.

Was möchtest du FOOD MOVEMENT auf den Weg mitgeben?
Unsere Geschichte nicht vergessen: Christen ermordeten mehr Christen als seinerzeit die Römer oder später die Osmanen. Das Bedürfnis zu einer überlegenen Elite zu gehören, kann man am Calvinismus ablesen. Es macht mich traurig und enttäuscht, dass viele Menschen immer noch so konditioniert sind und meinen, dass sie etwas Besseres sind, wenn sie sich in ein vielversprechendes Regelkonzept einordnen. Das ist wohl eine Art negatives mentales Erbe. Bei Calvin war es vorbestimmt, ob man zu den Erwählten oder den Verworfenen gehört. Dementsprechend haben sich viele Menschen verhalten und erzeugten die entsprechenden äusserlichen Anzeichen, dazu gehörte Reichtum und Wohlstand. Nach dem Soziologen Max Weber soll das eine der wesentlichen Grundlagen des Kapitalismus und des Gewinnstrebens sein. Wenn Leute heutzutage predigen und glauben, dass Rohkost, Paläo, Keto, Veganismus oder weiss was das einzig Wahre ist, kommen mir die Glaubenskonflikte der Vergangenheit in den Sinn. Der Toleranzerlass, bzw. die Religionsfreiheit wurde zuerst in England realisiert, weil sich dort die evangelikalen Sekten dauernd die Köpfe einschlugen. Bei der Weltküche laden wir bewusst alle Ernährungsstile ein und stiften Pluralismus und Toleranz.

Verrätst du uns noch dein Lieblingsessen?
Das ist jetzt sentimental und keine Gesundheitsempfehlung, obwohl dieses Essen in gewisser Weise psychoaktiv ist und damit Wohlbefinden erzeugen kann. Ich hatte eine italienische Grossmutter, meine geliebte Nonna. Momentan ist mein Lieblingsessen eine klassische, gut gemachte Bolognese mit Spaghetti.

Ganz herzlichen Dank für dieses Interview, lieber Antonius!