Erfahrungsbericht: Osteoporose

Text: Laura Koch

Laura Koch ist Ernährungsberaterin BSc BFH und arbeitet beim Institut für integrative Naturheilkunde NHK in Zürich. (Anmerkung von Petra Müller: Ich kenne Laura tatsächlich nur so gut gelaunt wie auf dem Bild oben)

Was hat Osteoporose mit dem Darm zu tun?
Ein ganzheitliches Ernährungskonzept der integrativen Medizin

Die heute 55-jährige Musikerin, Frau Tanner (Name geändert), stellte sich im Dezember 2014 das erste Mal im Institut für integrative Naturheilkunde vor. Im Frühling desselben Jahres ist sie beim Sprint auf den Zug gestürzt und hat sich dabei einen Splitterbruch am Tibiaplateu (zwischen Knie und Schienbein) zugezogen. Während der Behandlung wurde eine Osteoporose bei Frau Tanner festgestellt. Ihr Osteopath hat eine Gewebsübersäuerung  als Ursache im Verdacht, worauf ihre Hausärztin eine Überweisung zur Ernährungsberatung veranlasst hat.

Begleitend leidet Frau Tanner auch immer wieder unter Verspannungen im Nacken und Rücken (Wirbelsäulen-Verkrümmung), Krämpfen in den Armen, sie ist oft erkältet, hat Tinnitus und immer mal wieder migräneartige Kopfschmerzen. Auch die Schlafqualität ist eingeschränkt, da sie regelmässig zwischen ein und drei Uhr aufwacht und nachts z.T. Wasser lösen muss. Auch nächtliches Zähneknirschen kennt sie gut. Mit 49 Jahren hat die Menopause begonnen. Gegen Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen nimmt Frau Tanner Traubensilberkerzenwurzelstock-Trockenextrakt, das ihr von Anfang an gut geholfen hat.

Der Wunsch der Patientin ist es, mit möglichst wenigen Medikamenten auszukommen, die Osteoporose-Spritzen zu vermeiden und die Knochendichte zu stärken oder mindestens beizubehalten. Als Nebenziel war für Frau Tanner auch eine leichte Gewichtsreduktion anzustreben. Zum Zeitpunkt des Behandlungsbeginns wog Frau Tanner 65 kg bei einer Grösse von 161 cm.

Die engagierte Musikerin ist oft mit dem Rad unterwegs und hat viel Alltagsbewegung, im Sommer geht sie gerne Schwimmen und Wandern. Die Arbeitszeiten stellen beim Einhalten von Ernährungsempfehlungen immer wieder eine Herausforderung dar. Auf einer Stressskala von 1 (minimale Stressbelastung) bis 10 (extreme Stressbelastung) teilt sie sich zu Beginn der Behandlung auf einer 7 ein, weil die Bewegungseinschränkung aufgrund des Beinbruchs und das Gewicht sie stark einschränken und z.T. sehr frustrierend waren.

Die Ernährungssituation vor der Beratung sah wie folgt aus:
Flüssigkeit: viel Tee. Kommt aber selten auf 2 Liter Flüssigkeit pro Tag
6 Uhr: Schwarztee mit etwas Milch
8 Uhr: Frühstück: kaltes Naturejoghurt mit Knusperflöckli (2 EL), Apfel
10 Uhr: Kaffee mit Milch
12 Uhr: zur Arbeit gehen
14 Uhr: Mittagessen: Reis, Salat oder Gemüsesuppe und wenig Käse, Butterbrot
15.40 Uhr: Pause/Nachmittagskrise, Cappuccino
20 Uhr: Abendessen: kalte Speise z.B. Joghurt mit Kakaopulver, Honigbrot
Sie trinkt gerne mal Wein und mag Süsses sehr gerne.

Nahrungsergänzungen zu Beginn:
– Kalzium Kautabletten (Calcimagon)
– Vitamin D-Infusion
– Magnesium – separat (Magnesiocard 10)
– Homöopathische Mittel gegen Kopfschmerzen: Sepia und Nux vomica

Integrativ medizinisches Diagnostisches Konzept
Frau Tanner ist eine optimistische, neugierige Patientin mit einer grossen Offenheit für neue Ernährungsinputs. Was sie immer wieder spürt, ist eine verborgene Wut und innere Hitze. Das Zähneknirschen, die Muskelverspannungen und ihr Temperament lassen auf eine Konstitution mit dominierendem Feuer schliessen, was zu den oben aufgeführten typischen Leber-Zeichen führte.

Die Osteoporose wird aufgrund ihrer Erscheinung naturheilkundlich jedoch eher als trockene Kältekrankheit beschreiben (spröde, brüchige Knochen). Nach der Menopause und mit zunehmendem Alter werden sogenannte Kälte-Krankheiten häufiger, welche oft die Nieren-als Organsystem involvieren. Auch Tinnitus sowie nächtliches Wasserlösen zählen zu den Zeichen einer geschwächten/kühlen Niere/Nebenniere, was durch die vor allem kalte Ernährung weiter gefördert wurde.

So ist das primäre Therapieziel, mehr thermische Wärme in den Organismus zu bringen, um im ersten Schritt die Nieren, welche u. a. für die Knochenmineralisierung zuständig, sind zu stärken. Längerfristig ist die Unterstützung und Entlastung der Leber anzustreben, sodass die Gewebsazidose, die Muskelverspannungen und das nächtliche Erwachen zur Leberzeit gemindert werden.

Eine gut funktionierende Leber setzt einen optimal funktionierenden Magen-Darmtrakt voraus. Aus der Mikrobiomforschung (Forschung der Darmflora und ihrer Wirkung), wissen wir, dass der grösste Teil (ca. 80 %) des Immunsystems im Magen-Darm-Trakt lokalisiert. Wir besitzen zehnmal mehr Bakterien als Zellen in unserem Körper, die meisten davon sitzen im Darm und haben ein Eigenleben. Das heisst, sie bestimmen unsere Gesundheit, unsere Vorlieben für Lebensmittel sowie unser Stimmungslage.

Eine gestörte Bakterienflora (Dysbiose) – das heisst, es sind mehr krankmachende als gesundhaltende Bakterienstämme vorhanden, kann auf unterschiedlichem Weg entstehen. Zum Beispiel aufgrund eines übermässigen Zucker-/Alkohol-/Eiweiss-Konsums, meist unterstützt durch chronische Stressbelastungen inkl. arrhythmischem Ernährungs- und Schlafverhalten mit daraus resultierender mangelnden Verdauung. Dadurch „kippt“ diese Flora in den negativen Bereich, dies hat eine vermehrte Produktion von körpereigenen Giftstoffen wie z.B. Gase und andere Metaboliten zur Folge.

Diese belasten unter anderem die Leber und hemmen sie in ihrer altruistischen Stoffwechselfunktion. Eine unzureichende Gewebssäuberung, welche vor allem nachts durch Leberenzyme, aber auch über das Lymphsystem in der parasympathischen Stoffwechsellage (Entspannung) vonstatten geht, ist eine längerfristige Folge.

Resultat: Eine Gewebsazidose, welche sich auch durch sukzessive Gewichtszunahme abzeichnen (Verlangsamung des Stoffwechsels). Das macht auch die Stressregulation zu einem wichtigen Therapieansatz, da im Stress nicht nur die Entgiftung und Verdauung eingeschränkt sind, das Stresshormon Cortison stimuliert ausserdem die Aktivität der Knochensubstanz-abbauenden Zellen (Osteoklasten). In der Nahrungsergänzung bedient sich die ganzheitliche/integrative Medizin neben dem allseits bekannten Kalzium und Vitamin D auch dem Magnesium, Bor, Zink, Vitamin K2, Kupfer, Silizium und Omega-3 Fettsäuren.

Daraus abgeleitete Ernährungsinterventionen mit Begründung
1. Allgemein warme Mahlzeiten bevorzugen – sie sind leichter verdaulich und schonen die Wärmeressourcen des Körpers. Besonders ein leichtes, warmes Abendessen wie z.B. Suppe, Ofengemüse mit leichter Eiweissbeilage wie etwas Geflügel, Fisch oder Tofu, idealerweise vor 19 Uhr, schont die Leber, sodass in der Nacht regeneriert und das Gewebe von den Leberenzymen „gereinigt/entgiftet“ werden kann (Belastung ist gekennzeichnet durch regelmässiges Erwachen zur „Leber-Gallenzeit“ gemäss Organ-Uhr und Energietiefs am Nachmittag)

2. Trinkmenge erhöhen, vor allem warmes Wasser. 2 Mal pro Tag Gallen-Leber-Tee mit Kräutern, welche die Leber unterstützen, sodass sich diese insbesondere nachts zwischen 1 – 3 Uhr der enzymatischen Gewebereinigung widmen kann. Die mobilisierten Zellabfallprodukte sollen mit der erhöhten Trinkmenge leichter über die Nieren ausgeschieden werden. Morgen ½ Liter warmes Wasser mit etwas Zitrone und Ingwer kurbelt die Verdauung an, wirkt wärmend und ebenfalls reinigend.

3. Viel grünes Gemüse, vor allem dunkles Blattgemüse, da Calcium-und Magnesium-Quellen für Knochen aufgrund ihrer Mineralien ausgleichend auf den Säure-Basenhaushalt wirken, zudem unterstützen grüne Lebensmittel (schmecken meist bitter) die Leber, und die löslichen Pflanzenfasern aus dem Gemüse nähren die positive Darmflora.

4. Ein warmes, salziges Frühstück z.B. Rührei mit Frühlingszwiebeln wirkt anregend und liefert wichtige Nährstoffe. Eine ausreichende Versorgung mit Eiweiss ist zentral für die Erhaltung der Knochengesundheit. Ausserdem haben Studien gezeigt, dass ein salziges Frühstück den Süsshunger tagsüber reduzieren kann.

5. Zucker auf ein Minimum reduzieren, mind. 4 alkoholfreie Tage/Woche einhalten, Alkohol stört die gesunde Darmflora und kann zum Knochenschwund beitragen.

6. Auf eine hohe Pflanzenölqualität achten: Raps-, Hanf-, Walnuss-, Leinöl täglich ca. 1 EL (nur für die kalte Küche nutzen bzw. über gekochte Gerichte oder Saucen geben), sie wirken antientzündlich sowie wärmend und befeuchtend in ihrer Qualität und sind natürliche Quellen von Omega-3 Fettsäuren und sekundären Pflanzenstoffen.

7. Hochwertige und vitalstoffreiche glutenfreie Stärkebeilagen wie z.B. Hirse, Hafer, Mais, Reis, Kartoffeln, Süsskartoffeln etc. sowie Pseudogetreide wie Quinoa, Buchweizen, Amaranth. Besonders Weizen kann die Darmgesundheit beeinträchtigen und führt über verschiedene Mechanismen oft zu unnötiger Gewichtserhöhung.

8. Regelmässig viel Kräuter und Gewürze wie z.B. Kurkuma einsetzen zur Verbesserung der Verdauung und Unterstützung der Leber.

9. Milch als Getränk meiden, Milchprodukte können eingesetzt werden. Pure Milch im Erwachsenenalter ist nicht empfehlenswert aufgrund der vornehmlich kühlenden und verschleimenden Wirkung, der veränderten – meist bedenklichen Herstellung und dessen Folgen. Vor allem aber aufgrund der meist negativen Auswirkungen auf die Darmflora und Entzündungsgeschehen.

10. Bei Bedarf hochwertige Zwischenmahlzeiten, welche den Insulinspiegel nicht unnötig erhöhen (wenig Zucker): z.B. verschiedene Nüsse, grüne Smoothies, Avocado mit Kräutersalz, gekochtes Ei.

Welche Verbesserungen waren nach 3 Monaten feststellbar?
Frau Tanner fühlt sich im allgemeinen fitter, wacher, wohler in ihrer Haut und sie hat viel weniger Heisshunger und auch keine Blähungen mehr. Sie schläft nachts nun mehreitlich durch und hat nur noch einmal pro Woche Kopfschmerzen, diese hat sie mit homöopathischen Mitteln jedoch gut im Griff. Um die Verspannungen im Rücken- und Schulterbereich zu lindern, muss sie sich immer wieder viel bewegen und geht zur Physiotherapie. Krämpfe hat sie nur noch ab und zu in den Beinen. Ausserdem hat Frau Tanner in dieser Zeit 4 kg abgenommen, ohne quantitativ weniger zu essen. Sie ist äussert motiviert und möchte nun wissen, wie es um ihre Darmflora steht, um längerfristig weiter positiv darauf einwirken zu können.

Stuhldiagnostik
Im ersten Stuhlbefund (4.12.2015) war eine starke Dysbiose (ungünstige Darmflora) feststellbar. Das heisst vier von fünf residenten Darmstämmen waren zu tief, die Transzendente (negativ wirkende Flora) mit einem von drei Stämmen zu hoch. Wie „krankmachend“ ist die Bakterienflora für den Wirten? Dies wird mit den sogenannten „virulenten Faktoren“ bestimmt: Katalase, Hämolysin, Coagulase, Urease, Gelatinase. Dabei waren drei von fünf Faktoren erhöht. Diese erhöhen das Darmentzündungsrisiko und schwächen das Immunsystem. Was ebenfalls feststellbar war, ist ein Candida albicans-Befund (Hefepilz-Infektion) sowie ein erhöhtes Alpha-1-Antitryptsin (Entzündungsparameter), ein erhöhtes sekretorisches Immunglobulin A (gestörte Schleimhautimmunität durch Dysbiose) und zu tiefe Beta-Defensin-Werte (angeborene Immunabwehr geschwächt).

Die Ernährung wurde weiter adaptiert und eine Entgiften im Frühling eingeleitet:
– Jeden Morgen ½ l Warmes Ingwerwasser, über den Tag verteilt Sidroga Basen-Tee und viel warmes Wasser, am Nachmittag Gewürztee mit Anis, Fenchel, Süssholz, Kardamom, Zimt, Nelke
– Viel grünes Gemüse und Gemüse-Suppen, vermehrter Einsatz von Löwenzahn, allgemein bittere Lebensmittel wie Artischocke, Chicorée, grüne Smoothies mit Algenpulver und Weizengras, regelmässig ausreichend Pflanzenöle und anregende Gewürze, als Stärkebeilage gelegentlich Quinoa, etwas Reis und Linsen
– Auf rotes Fleisch, Zucker, Alkohol und Kaffee verzichten
– Zeolith (poröses Vulkangestein) zum Binden von Metallen und anderen störenden Substanzen im Darm, welche in der Folge auch die Leber belasten
– Taraxacum von Ceres (Löwenzahn), wirkt leberausleitend
– Brennnesseltee tagsüber, wirkt ausleitend über die Nieren
– Lymphdrainage zur Anregung der Gewebssäuberung via Lymphkanäle
– 1 – 2 x pro Woche ein Basenbad mit 100 g Natron und anschliessender Bürstenmassage

Stuhldiagnostik nach Ernährungsumstellung und Ausleiten im Frühling
Kontrolle Stuhlbefund, 29.3.2016
Von der residenten (positiven) Flora sind nur noch 2 von 5 Stämmen zu tief. Bei der transzendenten Flora ist immer noch einer von drei Stämmen zu hoch, was einer mittleren Dysbiose entspricht. Erstaunlicherweise hat die Ernährungsumstellung alleine und als Ergänzung das Entgiften im Frühling zu einer Senkung der Virulenz geführt, sodass nur noch 2 von 5 Faktoren zu hoch waren. Ebenfalls erfreulich ist, dass die Candidose weg ist und auch die Schleimhaut-Immunfaktoren (Alpha 1- Antitrypsin) wieder normal sind. Die angeborene Immunität (Beta-Defensin) ist nach wie vor zu tief, sodass sich die Patientin entschieden hat, das Kolonkonzept mit bioidentischen Wirkstoffen anzuwenden. Die Resultate nach dieser Therapie stehen noch aus.

Aktuell nimmt die Patientin folgende Nahrungsergänzungen:
– Vitamin D-Substitution auf Ölbasis
– Osteovital (Burgerstein)
– Cimifemin gegen Wechseljahresbeschwerden
– Goldrute (Pflanzenpräparat zur Stärkung der Niere)
– Omega 3- und Q10-Kapseln zur Verbesserung des Energiestoffwechsels

Welche Verbesserungen sind nach 2 Jahren der Behandlung erkennbar?
– Gewicht stabil bei 59 kg (September 2016)
– Längere Phasen ohne Kopfschmerzen
– Perfekte Verdauung, äusserst selten Blähungen (nur, wenn Frau Tanner anders isst)
– Krämpfe: manchmal in der Nacht Beinkrämpfe, jedoch selten
– Wacht nachts ab und zu auf, weil sie Wasser lösen muss, fühlt sich am Morgen aber regeneriert
– Rücken-Verspannungen aufgrund gekrümmter Wirbelsäule mit Physiotherapie und teilweise Osteopathie besser im Griff. Die Rückenmuskulatur ist seit der Umstellung schneller entspannt.

Fazit der ganzheitlichen Therapie und Ausblick
Lendenwirbelsäule und Oberschenkelhals waren 2014 im Stadium der Osteopenie, Die Hüfte hingegen bereits im Stadium der Osteoporose. 2016 ist nur überall nur noch eine Osteopenie festzustellen. Das 10 Jahres-Frakturrisiko ist von 8.8% auf 8% gesunken (grosse Osteoporosefraktur) und von 1.9% auf 1.3% (Hüftfraktur). Eine Osteoporose-Spritze ist nicht mehr nötig und die Patientin fühlt sich wohler und vitaler in ihrer Haut.

Um den Erfolg aufrecht zu erhalten, besucht die Patientin immer wieder die Ernährungsberatung, um saisonbedingt Inputs zu erhalten. Ausserdem wird nun 1 – 2 x pro Jahr eine leichte Entgiftung des Grundgewebes mit naturheilkundlichen Mitteln durchgeführt, um den Zwischenzellraum weiterhin sauber und den Stoffwechsel damit agil und effizient zu halten.