Schlagwort: Rheuma

Gluten – essen oder nicht essen?

Interview & Foto: Petra Müller, ehemalige Betreiberin von Freakfood
mit Laura Koch, Ernährungsberaterin BSc BFH am NHK Zürich

Liebe Laura, als Mensch mit einer Autoimmunerkrankung bin ich seit Jahren verunsichert, ob ich glutenhaltige Getreide meiden oder nur mindern soll. Was ist deine Empfehlung?
Ich rate bei akuten Entzündungen (v. a. auch im Magen-Darm-Bereich), auf Gluten zu verzichten. Grundsätzlich ist es aber so, dass unsere Darmflora sich längerfristig nicht zu sehr auf glutenfrei einstellen sollte (sofern keine Zöliakie vorhanden ist). Gluten wir dann zum Problem, wenn die Darmwände beschädigt sind. Für diese Beschädigung sind verschiedene Einflüsse verantwortlich – aus der Ernährung ist es ganz klar der Weizen. Das sogenannte Weizenkeimagglutinin (ein Lektin) sorgt immer wieder für kleinste Verletzungen der Mikrovilli (Bürstensaum des Darms). Klar, diese können sich auch wieder rückbilden, das dauert aber je nach Mikronährstoffstatus der Person einen bis mehrere Tage. Immer wieder Weizen und andere unpassende Lektine zu essen sehe ich also als problematischer, als ab und an Gluten zu essen z. B. in Form von Urdinkel-Sauerteigbrot.

Kürzlich habe ich festgestellt, dass Dinkel eigentlich mehr Gluten enthält als Weizen. Weshalb gilt Dinkel dennoch als verträglicher?
Im Dinkel ist das oben erwähnte Weizenkeimagglutinin (engl. Wheat-Germ-Agglutin) nicht vorhanden. Dieses Lektin macht den grossen Unterschied. Ist stelle in der Praxis fest, dass v. a. auch Menschen mit Reizdarm Dinkel/Urdinkel vertragen, Weizen hingegen nicht.

Als ich nach mehreren Wochen Verzicht auf glutenhaltige Getreide ein Urdinkelbrötchen gegessen habe, wurde ich innerhalb einer Stunde unglaublich müde. Ist das Zufall, oder kennst du so ein Phänomen?
Es gibt zwei Erklärungen für dieses Phänomen. Erstens: du hast mit dem Brötchen für einen überhöhten Blutzuckeranstieg gesorgt, die Bauchspeicheldrüse hat verstärkt mit Insulin gegengesteuert mit der Folge, dass der Blutzucker wiederum zu stark absinken konnte. Diese sogenannte Unterzuckerung führte dann zur Müdigkeit. Die zweite Erklärung: Die Darmbakterien haben sich bereits stark auf das fehlende Gluten eingestellt. Wird es nach längerer Zeit dann wieder in grösseren Mengen zugeführt, überfordert das die Darmmitbewohner. Die nun neue Bakterien-Gesellschaft erkennt das Eiweiss nicht mehr und verstoffwechselt es zu potentiell pro-entzündlichen Metaboliten. Diese können die Darmwand passieren und bis ins Gehirn gelangen. Unter anderem ist „Gliadomorphin“ bekannt, welches zu Benommenheit und Müdigkeit führen kann. Ein schrittweises Wiedereinführen könnte die Darmflora wieder daran gewöhnen, was den Effekt womöglich beheben würde.

Welche Getreide empfiehlst du Patient*innen mit einer chronischen entzündlichen Erkrankung?
Ich empfehle v. a. Hafer, Hirse sowie sogenannte Pseudogetreide wie Quinoa, Amaranth, z. T. auch Buchweizen sowie Mais und bei guter Toleranz auch Urdinkel. Weizen empfehle ich grundsätzlich nicht, bei Gerste und Roggen empfehle ich Sauerteig-Varianten zu bevorzugen und nicht übermässig viel davon zu essen.

Immer wieder stelle ich fest, dass Menschen glutenhaltige Getreide meiden müssen oder möchten und zu Fertigprodukten greifen, vor allem Backwaren. Ich persönlich vertrage die darin enthaltenen und meist verwendeten Mais- und Kartoffelmehle nicht. Was rätst du?
Unsere Darmbakterien sind grundsätzlich mit möglichst unverarbeiteten Grundnahrungsmitteln am besten bedient, daher rate ich natürlich zu selbst gemachten Alternativen. In glutenfreien Fertigprodukten sind nicht nur Mais- und Kartoffelstärke enthalten, sondern auch Zusatzstoffe, welche die negative Wirkung von Lektinen sogar verstärken können. Es gibt aber Qualitätsunterschiede bei den Fertigprodukten. Ich rate bei Backwaren z. B. zu Varianten, welche Sauerteigferment drin haben und auf Reis oder Quinoa basieren. Interessant ist, dass insbesondere Menschen mit Blutgruppe 0 schlechter auf Mais und A-Typen schlecht auf Kartoffeln reagieren. Daher beachte ich auch da das Lektinmuster und die individuelle Anti-Genstruktur (Blutgruppe). Z.B. glutenfreie Spaghetti aus Buchweizen oder Reis für 0-Typen und Mais/Reis-Alternativen für A-Typen.

Ganz herzlichen Dank für diese spannenden Informationen!

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Wer mehr von Laura Koch erfahren möchte, sei ihr Buch „Essen, geniessen, gesund bleiben“ empfohlen, das im AT Verlag herausgekommen ist. Wir haben es in diesem Beitrag vorgestellt.

Wie ich neulich hörte… Naturheilkundiges von Fiorina: Stille Entzündungen

Text & Foto: Fiorina Springhetti

Wenn die Entzündung schweigt – silent inflammations

In unserem Körper ist immer was los. Er ist uns ein unermüdlicher Wirt, ein stetes Heim. Das Herz schlägt, das Blut reichert sich an und transportiert. Der Magen-Darm-Trakt verdaut und die Darmschleimhaut spielt Türsteher. Unser Nervensystem filtert Eindrücke und unser Hirn legt Höchstleistungen an den Tag. Tag für Tag. Minute für Minute. Ohne unser willentliches Zutun. Läuft alles reibungslos, sind wir uns diesem Tun oft gar nicht bewusst. Läuft allerdings etwas nicht mehr so wie gewohnt, merken wir schnell, dass es eben doch nicht so selbstverständlich ist, wie alles funktioniert.

Symptome gibt es unzählige, Krankheiten und Gebrechen auch. Oft äussern sie sich durch Fehlfunktion oder Schmerz. Oft, aber eben nicht immer. Stille Entzündungen – häufig auch „silent inflammations“ genannt – sind genau solch stumme Kandidaten. Gegenläufig einer akuten Entzündung mit Schwellung, Rötung, Hitze und Schmerz, zeigt sich die stille Entzündung kaum unserem Bewusstsein. Die Ursachen sind vielfältig. Chronischer Stress im psychischen sowie physischen Bereich zählen ebenso dazu wie eine Dysbiose, also eine Störung der Darmflora, oder eine regelmässige und andauernde Einnahme von Medikamenten wie Antibiotika oder Schmerzmitteln. Eine stille Entzündung ist also eine Reaktion des Körpers, wenn etwas aus dem Gleichgewicht fällt. Sie beansprucht unseren Körper in höchstem Masse, denn dieser versucht die stillen Entzündungsherde stets zu eliminieren oder klein zu halten. Immunsystem und Abwehrkräfte sind ohne Unterbruch im Einsatz und ermüden und schwächeln dadurch.

Es gibt verschiedene Ansätze, wie man solchen stillen Entzündungen vorbeugt. Ebenso wirksam sind diese Ansätze bei einer bereits vorhandenen silent inflammation. So komplex und vielschichtig die Ursachen sind, so sind es auch die Therapiemassnahmen. Ein für mich ganz zentraler Punkt ist eine antientzündliche Ernährung. Sie unterstützt, beugt vor und trägt zum Erhalt der Gesundheit massgeblich ihren Teil bei.

Entzündungsfördernde Lebensmittel:

  • Transfette (Frittiertes, Paniertes)
  • Industriell hergestellte Fertigprodukte
  • Raffinierter Zucker und grosse Mengen an Fruktose
  • Gluten
  • Verarbeitete Wurstwaren
  • Alkohol
  • Milchprodukte
  • Lebensmittel, die Unverträglichkeiten oder Allergien auslösen

Entzündungshemmende Lebensmittel:

  • Fettreiche Kaltwasserfische (Lachs, Hering, Makrele)
  • Gewürze (Kurkuma, Ingwer, Zwiebeln, Knoblauch, Thymian, Oregano)
  • Kräuter (Brennnessel, Petersilie)
  • Grünes Gemüse (Brokkoli, Rosenkohl, Federkohl, Spinat, Oliven)
  • Dunkles Obst (Heidelbeeren, Johannisbeeren, Holunder, Aronia)
  • Enzymfrüchte (Papaya, Guave, Feige, Ananas)
  • Leinsamen und Chiasamen
  • Wurzelgemüse

Es lohnt sich, im Alltag darauf zu achten, die entzündungsfördernden Lebensmittel niedrig zu halten, die entzündungshemmenden dafür mehrmals täglich in den Speiseplan miteinzubeziehen. Weder ab und zu ein Croissant, noch hier und da etwas Wein, noch die Wurst auf dem Grill am Sommerfest lassen eine stille Entzündung entstehen. Rennen wir jedoch weiterhin in unserem Tempo durch leistungsorientierte Berufswelten, gönnen uns weder Pausen noch ausreichend Schlaf, können uns unter dem Zeitdruck nur am Imbissstand ernähren und unseren Energiemangel durch die fehlende Regeneration nur mit Energydrink, Zucker und Koffein wett machen – ja dann, dann steigt die Wahrscheinlichkeit einer stillen Entzündung. Und diese triggert im schlimmsten Fall irgendwann eine chronische Erkrankung.

Und so lasst es mich sagen: Niemand streicht uns etwas Schokolade oder die Crèmeschnitte. Doch wir sollten unseren Körper, der uns tagtäglich zu Diensten steht, nicht ausreizen. Er ist oft sehr gnädig zu uns und lässt so einiges durchgehen, ohne mahnend den Finger zu heben oder mit einer Standpauke aufzustampfen. Wir sind es ihm und unserer Gesundheit schuldig, etwas achtsam mit ihm umzugehen.

Angstmache

Text & Foto: Petra Müller, Geschäftsleitung FOOD MOVEMENT

Wer selbst eine chronische Krankheit hat oder jemanden mit einer solchen Erkrankung kennt, hat ziemlich sicher auch schon einmal die unschöne Erfahrung machen müssen, dass Ärzte (und wohl auch Ärztinnen) nicht davor zurückschrecken, die Methode «Angstmache» anzuwenden.

Gerade kürzlich habe ich eine Frau beraten, die wie ich mit der Diagnose rheumatoide Arthritis lebt. Sie hat mir erzählt, dass ein Rheumatologe ihr auf ihr Zögern, das Medikament Metothrexat zu nehmen, entgegnete: «…oder möchten Sie im Rollstuhl landen?»

Ich frage mich bei solchen Geschichten mehrere Dinge: Weshalb hat ein Arzt es nötig, die Angstmach-Methode anzuwenden? Wieso scheint es ihm egal zu sein, was man als Patientin von so einem Arzt denkt? Weshalb denkt so ein Arzt, dass sich so eine Bemerkung rechtfertigt? Wie kann ein subjektiv intelligenter Mensch solchen Unfug aussprechen? Weshalb nimmt ein Arzt seine Patienten nicht ernst? Und: Ist so einem Arzt wirklich nicht bewusst, dass solch ein Verhalten nicht nur Angst, sondern auch eine fremderfüllende Prophezeiung auslösen kann – wenn man sich als Patientin erdreisten sollte, NICHT auf die Empfehlung einzugehen?

Auch mir sagte mein erster Rheumatologe: „Frau Müller, Sie werden den Rest Ihres Lebens immer stärkere Medikamente einnehmen müssen.“ Wäre ich nicht so ein Dickkopf, hätte ich meine Medikamente wohl nicht sukzessive reduzieren und vor drei Jahren ganz absetzen können.

FOOD MOVEMENT hat unter anderem den Anspruch, durch Aufklärungsarbeit selbständig denkende und entsprechend agierende Patienten zu fördern. Solange selbst auf Darmerkrankungen spezialisierte Ärzte es zum grössten Teil immer noch Humbug finden, dass unsere Ernährung selbst bei Darmerkrankungen eine wichtige Rolle spielt, werden wir hoffentlich nicht müde, unsere Ziele bekannt zu machen.

Es bleibt zu hoffen, dass steter Tropfen den Stein höhlen wird und möglichst wenige Menschen Angstmache von Ärzten erleben müssen.

(Schreibt uns eure Erfahrungen und Geschichten, wir zeigen sie gerne auch auf diesem Kanal)


Mouni: Rheumatoide Arthritis

Einführungstext: Petra Müller, Geschäftsleitung FOOD MOVEMENT
Erfahrungsbericht: Anke Mouni Meyer,
Eat & Move, Hamburg

Vor ein paar Wochen war ich in Norddeutschland, meine liebe Cousine besuchen (hallo Elke!). Anschliessend habe ich ein paar Tage in Hamburg verbracht. Kurz zuvor hatte mir eine Bekannte erzählt, dass sie soeben das Buch von Mouni Meyer bestellt habe, Mouni lebt wie ich auch mit der Diagnose rheumatoide Arthritis. Mir war Mouni bereits ein Begriff, da ich deren Schwester Ingrid Meyer-Legrand auf Facebook folge und Ingrid ab und zu auf das Schaffen ihrer Schwester verweist.

Ich wusste auch, dass Mouni in Hamburg wohnt. Deshalb dachte ich: Wieso nicht Kontakt aufnehmen und fragen, ob sie an einem Treffen zum Tee interessiert ist? Die Antwort kam prompt: Natürlich!

So kam es, dass ich mich an einem sonnigen Mittwoch in Hamburg-Eppendorf mit Mouni im Petit Café verabredete. Schon als ich anspaziert kam, winkte sie mir in ihrem Blümchenkleid entgegen. Ich kann nicht sagen, woran es lag, aber schon nach wenigen Minuten entstand zwischen Mouni und mir eine so entspannte und vertraute Atmosphäre, dass wir über weit mehr als das Austauschen von Arthritis-Erfahrungen sprachen. Nachdem der Kaffee (ich) bzw. der Tee (Mouni) längst ausgetrunken war, verspürten wir langsam Hunger. Mouni fragte mich, ob ich sie grad noch zum Mittagessen in ein makrobiotisches Restaurant begleiten wolle. Aber sofort!

Im Fröhlichen Reisball assen wir einen köstlichen makrobiotischen Teller mit Chicorée-Salat, Linsen, Fenchel, Broccoli und Reisplätzchen. Für mich war es wunderbar, eine so warme, sympathische und lustige Frau zu treffen und mich mit ihr auszutauschen. Ich hatte noch nie jemanden getroffen, der einen so ähnlichen Umgang mit dieser Krankheit hat, obwohl wir sicherlich sehr verschieden sind. Ich bewundere Mouni, dass sie zu Zeiten ohne Internet den Mut hatte, auf schulmedizinische Medikamente zu verzichten und ihren eigenen Weg einzuschlagen. Was für ein Privileg, sie bei dieser Gelegenheit kennenzulernen. Mouni, du bist eine tolle Frau!

Wir bedauerten beide, dass es aus zeitlichen Gründen nicht möglich war, uns während meines Hamburg-Aufenthaltes noch einmal treffen zu können. Aber wir bleiben in Kontakt, keine Frage!

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Meine himmlischen Rezepte gegen höllische Schmerzen
Ganzheitliche Ernährung bei Rheuma, Gicht und Arthrose

Als ich mit 24 Jahren an rheumatoider Arthritis erkrankte, habe ich nicht erwartet, dass ich mich in meinem Leben noch mal so intensiv mit dem Thema Ernährung beschäftigen und mich zu einer leidenschaftlichen Köchin entwickeln würde.

Mit meinen jungen Jahren konnte ich gar nicht kochen. Ich lebte zu dem Zeitpunkt in einer Gemeinschaft mit einer Horde netter Menschen, die sich abwechselnd in die Küche stellten und ich durfte genießen, was serviert wurde. Dafür habe ich dann andere Arbeiten gemacht.

In den 80er -jahren, zum Zeitpunkt meiner Diagnose, gab es einen großen Skandal mit Rheumamedikamenten. Die Zeitschrift „Der Spiegel“ berichtete damals. Vielen Menschen ging es hundsdreckig mit der verabreichten Medizin und nicht wenige starben daran. Die Aussicht daran sterben zu können, hat mir Angst gemacht, und der Weg mit den üblichen Medikamenten, wie sie damals verschrieben wurden, kam für mich nicht in Frage. Ich hielt die Schmerzen aus und schaute mich nach anderen Heilungsmöglichkeiten um. Dabei bin ich auf die fernöstliche Medizin gestoßen, deren großes Wissen über die Wirkung von Lebensmitteln, Kräutern und speziellen Zubereitungen mich tief beeindruckten.

Die Ernährungslehren, die ich entdeckte und zu praktizierten begann, waren die makrobiotische und die 5–Elemente-Ernährung der traditionellen fernöstlichen Medizin. Das war ein großes Glück! Denn sonst gab es weit und breit nur wenig Informationen zur Ernährung bei Rheuma. Die Ernährung wird in der fernöstlichen Medizin als ein ganz wichtiger Pfeiler gesehen, um Krankheiten vorzubeugen und zu lindern. Dabei werden auch die Eigenverantwortlichkeit und die Mitarbeit des Patienten erwartet, damit die Therapie gelingt.

Die wichtigsten Prinzipien dieser Ernährungslehren kurz zusammengefasst:
⁃ Zuckerhaltiges stark minimieren
⁃ überwiegend gekochtes Essen zu uns nehmen
⁃ überwiegend warme Getränke – vor allem Wasser
⁃ weniger Brotmahlzeiten – mehr Gekochtes mit Gemüse – auch Suppen
⁃ gut kauen
⁃ dem Kochen und Essen Aufmerksamkeit geben
⁃ jahreszeitliches Kochen/saisonales Obst und Gemüse
⁃ deinen individuellen Zustand berücksichtigen (dabei hilft eine Ernährungsberatung)

Damit hatte ich einen ganzheitlichen Ansatz gefunden, in dem es nicht nur darum ging, was ich am besten esse. Nein, es werden auch andere Fragen gestellt: Wie sind deine Beziehungen zu anderen? Fühlst du dich wohl an deinem Arbeitsplatz? Hast du genug Zeit, dich auszuruhen? Fühlst du dich geschützt und geliebt? Bewegst du dich genug? Denn all dies beeinflusst deine Gesundheit.

Doch zuerst kam das Essen und das ist bei mir bis heute so geblieben. Mit dem, was ich esse, kann ich meinen Gesundheitszustand am besten beeinflussen.

Also begann ich zu kochen. Zuerst lernte ich aus entsprechenden Kochbüchern. Doch bald entdeckte ich ganz in meiner Nähe einen Bioladen, der wöchentlich Kochkurse anbot. Ich ging hin und das jede Woche. Es hat richtig viel Spaß gemacht und ich setzte alles gleich begeistert um.

Schmerzen waren stark und leider verschwanden sie nicht von heut auf morgen. Mir blieb nichts anderes übrig, als geduldig zu sein. Intuitiv wusste ich, dass ich nicht zu meinen alten Gewohnheiten zurückgehen konnte – mit viel Käse, Zucker, Alkohol, Zigaretten und einem aufreibenden Lebensstil. Die Änderungen, die ich damals gemacht habe, waren enorm.

Ich verzichtete komplett auf Milchprodukte (ich liebte Käse), Nachtschattengewächse, Zigaretten (Tabak ist auch ein Nachtschattengewächs), Zucker (das war richtig schwer), kochte mir ab sofort ganze Mahlzeiten mit viel Gemüse, Eintöpfen, Tofusteaks, mariniertem Tempeh, aß regelmäßig Fisch, Mandeln, Sesam, Meeresalgen, Hülsenfrüchte, Quinoa, Reis oder mit Kürbis gebackene Hirse und vor allem regelmäßig grünes Gemüse. Es war variationsreich, bunt und unglaublich lecker. Ein neues Leben begann. Bevor ich mit dieser Reise startete, war mir fast immer kalt. Das veränderte sich schnell und nachhaltig. Heute komme ich mit jedem Wetter zurecht.

Warum? Weil ich anfing, jahreszeitlich zu kochen, d.h. im Winter kaum bis gar keine Rohkost, im Sommer dafür mehr und ich verkochte möglichst nur Gemüse und Obst, was zur jeweiligen Saison wuchs. Ich aß also überwiegend gekochtes und meist warmes Essen.

Bevor ich damit loslegte, habe ich verschiedene Ernährungsrichtungen ausprobiert, die für mich, wie ich schnell merkte, nicht funktionierten: Rohkost, Fit for life, Fasten (1/2 Tag habe ich das ausgehalten) Vollwert- mit Frischkornmüsli, Milchprodukten und Rohrohrzucker und Honig – für mich alles völlig unpassend.

Am Anfang der Umstellung habe ich noch eine Ernährungsberatung in Anspruch genommen, die mir eine gute Orientierung gab.

Es war natürlich nicht immer einfach mit der Umstellung, bemerkte ich doch mit Erstaunen, dass ich nach bestimmten Lebensmitteln regelrecht süchtig war. Dazu gehörte Brot und eben auch der weiße Zucker.

Die Seele spielt auch eine Rolle
Doch die Seele wollte auch gehört werden und für meine inneren Konflikte habe ich den Mut gefunden, eine Psychotherapeutin aufzusuchen, die mir mit Gestalt- und Gesprächstherapie weitergeholfen hat. Endlich konnte ich meine Konflikte an die Oberfläche holen, Gefühle zulassen und verstehen.

Das brachte Bewegung in meine Gefühlswelt und auch auf körperlicher Ebene hatte ich immer mehr Tage, an denen ich keine Schmerzen hatte. Diese Momente dehnten sich aus und nach ca. 2 Jahren war ich überwiegend schmerzfrei. Für mich ein großer Erfolg.

Medikamente habe ich in all den Jahren kaum genommen. Ab und zu nahm ich Ibuprofen, was mir gut half, und später entdeckte ich die Neuraltherapie für mich. In Hamburg gibt es einen hervorragenden Arzt, der die Neuraltherapie gekonnt anwendet: Er hat mir geholfen, meinen guten Zustand zu stabilisieren.

Weiterbildung und daraus einen neuen Beruf entwickelt:
Begleitend zu meinem Berufsleben in unterschiedlichen Unternehmen (Sachbearbeiterin, Verkauf, Marketing) begann ich, mich in dem Bereich Gesundheit und Ernährung weiterzubilden. Ich besuchte eine Kochschule in Köln und ließ mich zur Fachfrau für Bio-Gourmet-Ernährung ausbilden – es kam eine Fortbildung in Kochen nach den 5 Elementen und eine Ausbildung zur Ernährungsberaterin nach TCM dazu. Mit verschiedenen Praktika in gesundheitsorientierten Einrichtungen und unzähligen Seminaren vertiefte ich mein Wissen rund um das Thema.

Mittlerweile gebe ich mit großem Engagement Ernährungsseminare für Menschen mit Rheuma und zeige ihnen, wie es möglich ist, mit unserem täglichen Essen ganz viel für ihre Gesundheit zu tun. Dabei profitieren meine Teilnehmer*innen von meiner 30-jährigen Erfahrung und etlichen Fortbildungen, die ich im Laufe meines Lebens absolviert habe. Der Schwerpunkt in meinen Seminaren liegt auf dem gemeinsamen Kochen und ich zeige dabei, welche Lebensmittel und Zubereitungen wir einsetzen können, um unsere Gesundheit zu stärken. Ganz nebenbei wird sich lebhaft ausgetauscht und sich gegenseitig Tipps gegeben. Noch dazu gibt es jede Menge an wichtigen Hintergrundinformationen, die wir brauchen, um mit Rheuma umzugehen und es zu lindern.

Ein Buch ist entstanden!
Letztes Jahr habe ich dann endlich mein Buch geschrieben! Es lag mir schon so lange auf der Seele, es zu schreiben. In diesem Buch „Ganzheitliche Ernährung bei Rheuma, Arthrose & Gicht – meine himmlischen Rezepte gegen höllische Schmerzen“ findest du 120 Rezepte, die auch für Menschen ohne Rheuma ein Genuss und eine Bereicherung sind. Die Rezepte sind alltagstauglich und es bringt Spaß, in dem Buch zu stöbern, weil es richtig spannende Artikel zu unterschiedlichen Gesundheitsthemen enthält – auch für „gesunde“ Menschen.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass wir alle, die wir mit Rheuma zu tun haben, unseren eigenen Weg finden müssen. Die einen nehmen die modernen Rheumamedikamente und fühlen sich wohl damit. Andere kombinieren Ernährungstherapie mit den modernen RA-Medikamenten und kommen gut zurecht. Einige, so wie ich, verlassen sich auf die Ernährung und nehmen vielleicht noch Nahrungsergänzungsmittel hinzu und kommen damit gut weiter. Wenn ich schreibe, dass ich keine Medikamente genommen habe, bedeutet das nicht, dass ich denke, dass es besser ist, keine zu nehmen. Ich weiß, dass es manchmal wirklich notwendig ist, damit wir überhaupt die Kraft haben, es anzupacken. Meine Hinweise in diesem Artikel ersetzen keinen Arztbesuch.

In der chinesischen Sprache sind die Schriftzeichen für Krise und Chance die gleichen. Das kann uns froh stimmen, denn genauso habe ich es erlebt: In der Krise liegt die Chance! Hole dir dabei soviel Unterstützung, wie du brauchst. Ich bin mir sicher, dass du deinen Weg findest.

Du möchtest mehr über mich und meine Arbeit wissen?
Du findest alles dazu hier: Eat & Move

Das Buch kannst du entweder direkt beim Thieme Verlag bestellen oder über Amazon.

Für Schleckmäuler: Süssen, aber gesund

Text & Foto: Petra Müller, Initiantin FOOD MOVEMENT und Betreiberin des Blogs Freakfood

Dieser Beitrag erschien erstmals im Mai 2018 auf dem Vituro-Blog der EGK Gesundheitskasse

Süssen, aber gesund

Sie überkommt uns wohl fast alle manchmal: Die Lust auf etwas Süsses.

Süsses gibt Energie, Süsses tröstet, Süsses macht uns glücklich. Das kommt wohl nicht von ungefähr, denn alle, die das Glück hatten, von ihrer Mutter gestillt zu werden, haben mit der süsslichen Muttermilch auch all diese angenehmen Gefühle erlebt. Das ist zumindest mein persönlicher Erklärungsversuch.

Vor meiner Diagnose «rheumatoide Arthritis» vor 7 Jahren war es für mich ganz normal, regelmässig Süssigkeiten wie Milchschokolade, Guetzli, Schokoladenjoghurt oder Aprikosenwähe zu essen. Als ich mich dann mit entzündungshemmender Ernährung auseinandersetzte, fiel normaler, raffinierter Zucker und all seine vermeintlich gesünderen Alternativen (brauner Zucker, Agavensirup, Reissirup etc.) von meinem Speiseplan. Zucker fördert Entzündungen, darüber sind sich inzwischen alle ernstzunehmenden Experten und Ärztinnen einig, denn zahlreiche Studien belegen dies.

Auch wer nicht an einer chronischen Krankheit leidet, tut gut daran, seinen/ihren Zuckerkonsum zu reduzieren. Das heisst aber nicht, dass wir gar nichts Süsses mehr essen können. Es kommt wie immer auf die Menge an, sehr viel mehr jedoch auch auf die Zuckerart.

Von künstlichem Zucker sollte man übrigens am besten gänzlich die Finger lassen, denn unser Körper kann schlecht mit künstlichem Süssstoffen umgehen. Der ganze Light-Hype ist nicht harmlos, weil künstlicher Zucker zwar keine Kalorien hat, aber zahlreiche Abläufe in unserem Organismus durcheinanderbringt. Studien kommen zum Ergebnis, dass künstliche Süssstoffe auf lange Zeit zu einer Gewichtszunahme führen könnten und das Risiko für Adipositas, Diabetes Typ 2, Bluthochdruck oder Herzerkrankungen steigen könnte. Denn Zuckerersatzstoffe stehen unter Verdacht, den Stoffwechsel, die Zusammensetzung der Darmbakterien und den Appetit zu beeinflussen.

Wer es also süss mag, aber seine Gesundheit nicht schädigen möchte, hat dennoch Alternativen. Allerdings möchte ich grad zu Beginn festhalten: Gekaufte Süssigkeiten sind selten diejenigen, die ich empfehlen würde. Mit wenigen Ausnahmen enthalten gekaufte Guetzli, Schokoladen (empfehlenswert ist ein Kakaoanteil von mind. 80 %), Kuchen und Glacé zu viel Zucker. Egal ob traditionell, bio oder vegan.

Ok, ich nenne sie nun endlich, die süssen Produkte, die ich empfehlen kann:

Datteln, Dattelsirup + Dattelsüsse (getrocknete und zu einem Mehl gemahlene Datteln)
Datteln eignen sich zum Backen, für Crèmes, rohe Brownies, «Bliss Balls» oder mein «Löffel-Dessert». Datteln haben einen verhältnismässig niedrigen glykämischen Index, das heisst, dass sie den Blutzuckerspiegel nicht so schnell hochschnellen lassen wie üblicher Zucker – das ist gut. Ausserdem enthalten Datteln im Gegensatz zu normalem Zucker zahlreiche Mineralstoffe, Kalium und Ballaststoffe. Selbstverständlich sollte man Datteln aber auch nicht kiloweise essen.

Birkenzucker
Auch Xylit genannt. Birkenzucker ist ein natürliches Süssungsmittel, das den Blutzuckerspiegel ebenfalls nur langsam ansteigen lässt. Studien belegen, dass der alternative Zucker die Anzahl der zahnfeindlichen Bakterien im Speichel und die schädliche Säurebildung in der Plaque reduziert.

Birkenzucker eignet sich zwar zum Backen, aber nicht mit Hefe – er bietet den Hefebakterien zu wenig Nahrung. Zudem löst sich Birkenzucker nur in warmen Flüssigkeiten richtig auf. In rohköstlichen «Back»waren ist ein deutlicher «Crunch» bemerkbar, den ich jedoch als attraktiv empfinde. Mit Birkenzucker können Sie zum Beispiel ein köstliches Soft Ice zubereiten.

Birkenzucker kann bei zu grossen Mengen jedoch abführend wirken – grosse Mengen sind aber sowieso zu vermeiden. Zudem: HundebesitzerInnen sollten ihren Vierbeinern keine Süssigkeiten mit Birkenzucker geben, da er für Tiere schädlich ist.

Vanille
Erst nach meiner Ernährungsumstellung wurde mir bewusst, dass ich Vanille auch als eine Art Süssungsmittel einsetzen kann, denn Vanille erinnert meine Geschmacksknospen automatisch an Süssigkeiten. Man kann Vanille also gut mal in Kaffee, Tee oder Smoothies ausprobieren. Aber es kommt noch besser: Vanille wirkt entzündungshemmend. Vielleicht sind Sie mutig und süssen Ihren Kurkuma-Ingwer-Tee das nächste Mal mit einer Prise Vanille? Das schmeckt vorzüglich!

Sachbuch: Der Ernährungkompass von Bas Kast. Plus Buchverlosung!

Text & Foto: Petra Müller, Initiantin von FOOD MOVEMENT

«Der Ernährungskompass. Das Fazit aller wissenschaftlichen Studien zum Thema Ernährung» von Bas Kast

Dass es Bas Kast mit seinem «Ernährungskompass» mal in die Bestsellerlisten schaffen würde, hätte er wohl auch nicht gedacht. Denn schon auf der Suche eines Verlages sagte man ihm unter anderem, dass so ein Buch niemanden interessieren wird. Kilometerweit gefehlt! Und Bertelsmann Verlag sei Dank, dass er das Buch in sein Programm aufgenommen hat.

Bas Kast hat geschafft, was eigentlich wirklich beinahe unmöglich ist: Dass sich Menschen, darunter auch viele Herren, plötzlich für gesunde Ernährung interessieren. Das hat womöglich damit zu tun, dass Bas Kast selbst ein Mann ist und sich an Studien orientiert (nicht, dass wir Frauen nicht auch wissenschaftlich belegte Fakten bevorzugen, wir sind aber wahrscheinlich auch offener gegenüber gefühlsbetonten oder spirituellen Philosophien). Die Glaubwürdigkeit kommt aber auch daher, dass Bas Kast sich lange und gerne von Fast Food ernährt hat, sich also wie viele Menschen nicht wirklich Gedanken über die Ernährung gemacht hatte.

Das änderte sich, als Bas Kast eines schönen Morgens beim Joggen plötzlich einen jähen Schmerz in der Brustgegend verspürte. Und das mit Anfang vierzig. Als sich sein Zustand nicht verbesserte, fing er an zu recherchieren. Bas Kast ging der Frage nach, was er essen sollte, um sein Herz zu schonen. Als Wissenschaftsjournalist war dieses Vorgehen wohl nicht nur vernünftig, sondern ganz natürlich.

Die vielen neuen Erkenntnisse, auf die Bas Kast gestossen ist, behält er zum Glück nicht für sich alleine, sondern teilt sie uns mit seinem Ernährungskompass.

So lesen wir zum Beispiel auf Seite 24:
«Bis zu einem gewissen Grad ist es dabei schlicht so, dass jene Nahrungsmittel, die das Herz schonen, im Grossen und Ganzen auch heilsam für das Gehirn und den Rest des Körpers sind».

Obwohl ich mich selbst sein einigen Jahren mit Ernährung und Gesundheit auseinandersetze, habe ich dank dem Ernährungskompass etliche Dinge neu betrachtet oder dazugelernt.

In meinen Beratungen höre ich oft, dass meine Klientinnen Schwierigkeiten haben, satt zu werden. Bas Kast hat vielleicht eine Erklärung dafür: Wir hören erst auf zu essen, wenn unser «Eiweisshunger» gestillt ist. In einem Experiment liess man eine Gruppe von Menschen zuerst an einem Buffet essen, wie sie wollten. Am zweiten Tag gab es zwei verschiedene Buffets: Eines mit proteinreichen Lebensmitteln (Fleisch, Fisch, Joghurt, Käse, Milch etc.) und eines mit proteinarmen Lebensmitteln (Croissants, Waffeln, Nudeln, Kartoffeln, Couscous, Obst, Gemüse etc.). Am dritten Tag gab es wieder ein Buffet mit allem für beide Gruppen.

Das Spannende an diesem Experiment war, dass die Gruppe mit dem proteinreichen Buffet am zweiten Tag insgesamt 38 Prozent weniger Kalorien zu sich nahm – ihr Hungergefühl war drastisch schneller gestillt. Protein ist also sättigend.

«Stellt man uns proteinreiche Nahrung zur Verfügung, ist unser Bedarf bald gedeckt, wir fühlen uns satt, hören spontan auf zu essen. Ist unsere Nahrung allzu proteinverdünnt, essen wir instinktiv mehr, ja wir essen so lange, bis unser Körper bekommen hat, was er braucht, will heissen: Wir überfressen uns und nehmen zu.»

«Proteinverdünnt»! Der Ausdruck gefällt mir. Vielleicht mögt ihr ja mal euer Essverhalten beobachten und findet heraus, ob auch ihr oft «proteinverdünnte» Lebensmittel esst oder gar bevorzugt? Die Lebensmittelindustrie hat das längst begriffen und überschwemmt uns mit Produkten, die zu einem grossen Teil aus billigen Rohstoffen wie Zucker und Fett bestehen. Die Menschen lieben diese Kombination, tun sich und ihrer Gesundheit längerfristig jedoch keinen Gefallen.

Nun ist es aber nicht so einfach. Bestimmte Proteine kurbeln den Alterungsprozess an und erhöhen damit das Risiko zahlreicher Altersleiden. Zitiert wird der Altersforscher Valter Longo von der University of Southern California in Los Angeles: «Wir haben simple Organismen studiert, aber auch Mäuse, bis hin zu Menschen, und konnten überzeugend nachweisen, dass proteinreiche Diäten – insbesondere, wenn die Proteinen von Tieren stammen – fast so schädlich für ihre Gesundheit sind wie Rauchen».

Etwas vereinfacht gesagt hilft Protein dem Zellwachstum. Werden unsere Körperzellen aber ständig zu Wachstum angeregt, kriegen unter anderem auch Krebszellen ihren Hauptrohstoff. Einfach viel Protein zu essen ist deshalb eine schlechte Idee. Die gute Nachricht ist, dass der schädliche Effekt verschwindet, sobald es sich um pflanzliche Proteine handelt.

Auch der ehemalige Fleischesser Bas Kast musste sich das eingestehen. Bei ihm gibt es nur noch selten Fleisch, und wenn, dann aus artgerechter Tierhaltung. Es erstaunt ihn selbst, dass er Fleisch inzwischen kaum mehr vermisst.

Wohin zeigt die Kompassnadel in Sachen Proteine?
Von Norden (gesund) nach Süden (ungesund):

– Leinsamen
– Nüsse, Linsen
– Weizenkeime, Bohnen
– Pilze, Kichererbsen
– Joghurt, fettiger Fisch
– Landhuhn, Käse, Eier
– Milch, Wild, Gras-Rind
– rotes Industriefleisch
– Pangasius
– frittierter Fisch
– Schinken
– Wurst
– Hotdogs

Es folgen Kapitel zu Kohlenhydraten, wobei Bas Kast auf den verführerischen Zucker (und die Fettleber) eingeht, aber auch auf Low-Carb Ernährung (und weshalb manche Menschen so gut damit abnehmen), aber auch gesunde Kohlenhydrate, angeführt von Hülsenfrüchten und Gemüsen sowie Haferflocken und Sauerteigbrot. Am Schluss der Kohlenhydratereihe humpeln fette Pommes, Chips, Süssigkeiten und Soft Drinks.

Zwischendurch erfährt man, wie sich die langlebigsten Völker ernähren oder wie man effizient abnimmt. Der «Ernährungskompass» geht auch auf Getränke ein wie Milch, Kaffee, Tee und Alkohol. Sehr differenziert beschreibt Bas Kast zudem unterschiedliche Fette und welche zu meiden sind.

In einem Epilog zählt Bas Kast seine 12 wichtigsten Ernährungstipps auf.
Ich zeige sie euch ohne den Detailbeschrieb, obwohl ich jedem die Lektüre dieses Buches wirklich empfehlen kann!

1. Essen Sie echtes Essen (möglichst unverarbeitet Nahrungsmittel)
2. Machen Sie Pflanzen zu Ihrer Hauptspeise
3. Lieber Fisch als Fleisch
4. Joghurt: ja. Käse: auch okay. Milch: so lala
5. Zucker minimieren, industrielle Transfette meiden
6. Keine Angst vor Fett!
7. Schlankmachertipp Nr. 1: Low-Carb ist keine «Modediät», sondern gerade bei Übergewicht einen Versuch wert
8. Schlankmachertipp Nr. 2: Eiweisseffekt nutzen
9. Schlankmachertipp Nr. 3: Praktizieren Sie «Zeitfenster-Essen»
10. Schlankmachertipp Nr. 4: Hirnentzündung mit Omega-3 lindern
11. Keine Vitaminpillen!
12. Geniessen Sie!

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Bas Kast, Jahrgang 1973, studierte Psychologie und Biologie in Konstanz, Bochum und Boston/USA. Er arbeitet als Wissenschaftsjournalist und Autor.

Es ist ein Interview mit Bas Kast vorgesehen, aber Bas wird zurzeit mit Anfragen überhäuft. Wir warten geduldig, lieber Bas!

V E R L O S U N G
Wir verlosen 3 Exemplare des «Ernährungskompass»!

Schickt uns bis am 5. August 2018 eine Mail mit eurer Postadresse:
welcome@food-movement.ch.

Wer sich nicht auf sein Verlosungsglück verlassen mag: Der Kauf dieses Buches ist eine super Investition in eure Gesundheit und in eure Lebensqualität.

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* Die Verlosung wurde durchgeführt *

Die glücklichen Gewinnerinnen je eines Ernährungskompasses sind Maya Tews, Doris Büchi und Caroline Schwarze. Herzlichen Glückwunsch!

Eine chronische Krankheit ist wie ein Teilzeitjob

Text: Petra Müller, Geschäftsleitung FOOD MOVEMENT
Foto: Katharina Lütscher, Zürich

Es freut mich sehr, dass unsere Partnerin, die EGK Gesundheitskasse, in ihrem Hausmagazin Vivere ein Portrait über mich und meine Kranken- bzw. Gesundungsgeschichte veröffentlicht hat. An einem kalten Tag anfangs Februar habe ich mich mit Tina Widmer getroffen, die mich interviewt hat. Ich bin sehr glücklich über die Geschichte, die sie über mich geschrieben hat.

Hier könnt ihr sie lesen.

Ganz herzlichen Dank, liebe Tina!

Marieluise: Sklerodermie (rheumatische Erkrankung)

Erfahrungsbericht & Foto: Marieluise Römer

Im Jahr 2013 veränderte eine Autoimmunerkrankung mein Leben: Das war damals ein harter Schlag für mich, denn ich dachte. mir passiert so was nicht, ich habe doch schon so einen gesunden Lebensstil… Heute sehe ich das ganz anders. Ich bin sehr dankbar für diese Chance, die ich bekommen habe: Ich habe jetzt mehr Gesundheit und Wohlbefinden als je zuvor und das möchte ich gerne weitergeben.

Wie alles anfing
Nun aber von Anfang an: Mein Name ist Dr. Marieluise Römer und ich bin Ernährungswissenschaftlerin und Mutter von zwei Kindern. Schon seit meiner Kindheit interessiere ich mich für gesunde Ernährung. Dabei achtete ich auf Gemüse und Obst, Frischkostmüsli, Vollkorn sowie wenig Fleisch. Natürlich waren auch jede Menge Milch, Buttermilch, Joghurt, Quark und Käse für mich wichtig.

Mir war ziemlich bald klar, dass ich das Thema gesunde Ernährung auch beruflich vertiefen möchte, denn mir lag schon immer die Prävention und Therapie von Erkrankungen durch natürliche Methoden am Herzen. So studierte und promovierte ich im Bereich Ernährungswissenschaften. Sowohl privat als auch beruflich hat das Thema gesunde Ernährung für mich immer schon einen hohen Stellenwert.

Wie ich von einer Autoimmunerkrankung überrascht wurde
Bis zum Jahr 2013 ging es mir gesundheitlich ziemlich gut. Dann merkte ich immer mehr, dass ich Probleme mit den Händen und Füßen bekam. Kalte Füße und Hände kannte ich schon seit meiner Kindheit, allerdings nicht so extrem: Immer öfter wurden Zehen und Finger weiß und kurzzeitig gefühllos, um sich dann später wieder rot und bläulich zu färben. Heute weiss ich, dass es sich um das Raynaud Syndrom handelt. Das erschreckte mich schon etwas.

Viel schlimmer waren allerdings die geschwollen Finger und Zehen, rot und entzündet, viele offene Stellen. Es tat höllisch weh bei der kleinsten Bewegung und Berührung, oft auch schon in Ruhe. Ich war total eingeschränkt bei simplem Tätigkeiten wie Gemüse schneiden oder schälen, Brot schneiden, Salat waschen, spülen, Betten beziehen, schreiben per Hand oder am PC, im Garten arbeiten, walken usw. Dies alles ging – wenn überhaupt – dann nur unter Schmerzen. Und natürlich konnte ich auch weder mit meinen Kindern spielen, noch sie in den Arm nehmen.

Sowohl fetthaltige Cremes, als auch Kortisoncremes an den Händen halfen gar nicht.
Der Hausarzt tippte dann, genau wie ich selbst, auf eine rheumatische Erkrankung und überwies mich zum Rheumatologen.

Dieser stellte dann Ende 2013 eine Kollagenose, genauer eine systemische Sklerodermie, also eine Art Bindegewebsrheuma, fest, anhand von Kapillarmikroskopie und Blutwerten. Dies trat bei mir speziell an den Händen und Füßen auf und war noch in einer sehr frühen Phase. Im weiteren Verlauf der Erkrankung werden üblicherweise diverse Organe befallen wie Lunge, Speiseröhre, Leber, Nieren, Darm, Herz, Augen usw. Diese wurden alle geprüft und waren zum Glück ohne Auffälligkeiten.

Was mich total schockte war, dass es sich hier um eine Autoimmunerkrankung handelte. Also nach allgemeiner Meinung nicht heilbar und auch nicht wirklich therapierbar. Man kann lediglich die Symptome unterdrücken, üblicherweise durch Medikamente. So verschrieb der Arzt mir auch sofort Kortison und Quensyl: Gegen die Entzündung, die Schmerzen und zur Verbesserung der Durchblutung. Aufgrund des starken Leidensdrucks nahm ich diese auch anfangs.

Allerdings war die Vorstellung, lebenslang diverse Medikamente (gegen die Entzündung und die Schmerzen) nehmen zu müssen, total abschreckend. Ich spürte sehr deutlich, dass das nicht mein Weg sein konnte. Deshalb suchte ich nach alternativen Möglichkeiten.

Wie ich zurück zu meinen „Wurzeln“ fand
Relativ schnell kam ich da wieder auf meine „Ernährungswurzeln“ zurück. Ich erinnerte mich daran, dass es bei Ernährung und Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises einen deutlichen Zusammenhang gibt. Vielleicht könnte ja die Ernährung ein Weg für mich sein? Mein Ziel war es, meine Problematik hiermit bestmöglich in den Griff zu bekommen und Medikamente – wenn überhaupt – auf ein Minimum zu beschränken.

Wie ich weg von den Medikamenten kam
Zu dem was ich schon wusste kam nochmals ein intensives Studium: Dazu habe ich viele wissenschaftliche Studien, Fachinformationen und Bücher rund um die Thematik studiert und bezogen auf meine Krankheit die entsprechenden Schlüsse daraus gezogen. Auf dieser Basis habe ich über die letzten 3 Jahre mein eigenes Programm entwickelt und ständig verbessert.
Also änderte ich meine Ernährung und Lebensweise nochmals deutlich: Mir begegneten erstmals selbst hergestellte Säfte auf Basis von Gemüse (nicht Obst!) und grüne Smoothies (grünes Blattgemüse wie Salat/Spinat mit süßem Obst im Mixer ganz fein und cremig zerkleinert). Nach einer gewissen Gewöhnungsphase begann ich meine Ernährung erst zu schätzen und dann zu lieben. Und heute könnte ich mir ein Leben ohne meinen geliebten Mixer gar nicht mehr vorstellen.

Während der Ernährungsumstellung reduzierte ich meine Medikation immer mehr. Ich merkte schon nach wenigen Wochen, wie gut mir diese Art der Ernährung tut. Ich hatte plötzlich wieder den ganzen Tag Energie (ohne Coffein), ein top Immunsystem, Schwindelgefühle und Kopfschmerzen waren verschwunden. Und ich hatte sogar mehr Genuß und Freude bei der Zubereitung und dem Verzehr meiner Nahrung! Auch meine Hauptprobleme wurden deutlich besser. Zunächst an den Füßen und danach auch an den Händen: Die Schwellungen, Entzündungen und die Schmerzen sind weg, und ich kann wieder alles tun was ich möchte und so liebe!

Wie ich auch meinen Arzt begeistern konnte
Mein Arzt ist übrigens total begeistert, was ich durch meine mittlerweile fast vegane Ernährung erreicht habe: Wie sich meine Blutwerte verbessert haben und dass keine Entzündung mehr nachweisbar ist.

„Machen Sie weiter so mit ihrer Ernährung und die Medikamente können wir jetzt komplett weglassen und es reicht, wenn Sie 1 mal pro Jahr kommen statt vierteljährlich.“ Das hat mich nochmals bestätigt auf meinem Weg, dies sogar von einem „klassischen Schulmediziner“ zu hören. Wobei ich mir heute sicher bin: Wenn mein Rheumatologe nicht zumindest offen für meine Ernährungsumstellung gewesen wäre, hätte ich ihn sicher gewechselt.

Wie meine Ernährung heute aussieht: Ich genieße täglich 2 große grüne Smoothies, viel gutes Wasser (oft mit Ingwer und Zitrone), viel Salat und Gemüse sowie gute Fette wie Kokosöl, Olivenöl, Nüsse und Saaten. Auch auf hochwertige pflanzliche Eiweißquellen wie Hülsenfruchte, Sprossen, Hanf und Chia achte ich. Sehr selten esse ich etwas fetten Fisch, wie z.B. Wildlachs. Natürlich gibt es auch mal Naschereien – ohne Zucker: köstlich und einfach selbstgemacht. Habe ich schon erwähnt, dass ich meine neue Ernährungsweise sehr liebe und nicht mehr eintauschen möchte?

Allerdings ist es nicht ganz so simpel, sondern u.a. auch sehr wichtig sicherzustellen, dass wirklich alle Mikronährstoffe, also Vitamine und Spurenelemente in ausreichender Menge und Qualität aufgenommen werden. Hier kommt mir besonders auch mein Studium sehr zugute.
Wie ich mich entspanne

Ernährung ist in meinen Augen so wichtig in der Prävention und Therapie von Erkrankungen. Doch natürlich ist Ernährung nicht alles. Auch andere Themen wie Bewegung, Entspannung oder Entgiftung habe ich in mein Konzept integriert. Für mich persönlich bedeutend ist meine Möglichkeit zum Stressabbau, zum Entspannen. Hier genieße ich wieder, dass ich alles tun kann: Nordic Walken mit unserem Hund, Yoga, Trampolin springen und im Garten arbeiten. Und natürlich köstliche gesunde Nahrung zuzubereiten, denn auch das kann so entspannend sein!
Ich bin sehr glücklich und dankbar für meinen Gewinn an Gesundheit und Wohlbefinden. Auch mein Mann und meine Kinder freuen sich riesig und genießen das meiste mit mir – was auch ihrer Gesundheit zugutekommt.

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Marieluise hilft anderen mit ähnlichen gesundheitlichen Problemen inzwischen weiter.
Hier geht es zu ihrer Website.

Selbstgespräch: Eine Krise

Text & Foto: Petra Müller, Initiantin von FOOD MOVEMENT

(auf dem Foto: Mein geliebtes Totenköpfli, das mich täglich an die Endlichkeit meines Daseins auf diesem Planeten erinnert, und das Herz, das für die Liebe steht und immer hilft)

Letzte Woche habe ich endlich das neue Buch der amerikanischen Ärztin Dr. Susan Blum in der Post gehabt. Der Titel: Healing Arthritis. HEALING! Nicht: lindern. Man muss wissen, dass rheumatoide Arthritis in der Schulmedizin als unheilbar gilt. Solche Titel lösen natürlich hoffnungsvolle Gefühle in mir aus, insbesondere, wenn es sich bei der Autorin um eine erfahrene Ärztin handelt, die selbst an Arthritis erkrankt und inzwischen geheilt ist.

Allerdings ist solche Hoffnung immer auch gepaart mit unangenehmeren Gefühlen: Jetzt mache ich seit 5 Jahren so vieles für meine Gesundung, und ich habe immer noch Beschwerden, nachweisliche Entzündungen an einzelnen Gelenken. Immer noch habe ich ab und zu Schmerzen, wenn ich etwas «Falsches» gegessen habe, mich ärgere oder freue (ja, ganz fies, dem Körper ist es egal, wenn der «Stress» positiver Natur ist).

Als ich letzte Woche also mit der Lektüre dieses Buches angefangen habe, stürzte mich das erstmal fadengerade in eine Krise. Ich kenne diese Krisen inzwischen gut. Sie kommen, wenn mir glasklar bewusst wird, dass ich nicht darum herum komme, meine eigenen Entscheidungen treffen zu müssen. Denn: Der Rheumatologe ist einer Meinung, der ganzheitlich praktizierende Arzt und die Ernährungsberaterin einer anderen Meinung – und alle diese Meinungen haben ihre Berechtigung. Aber wer steht dazwischen? Ich. Wer muss entscheiden? Ich.

Auch wenn der Rheumatologe glücklicherweise sagt, dass er zurzeit keinen dringenden Handlungsbedarf sieht, Rheuma-Medikamente einzusetzen. Aber eine freundliche Empfehlung habe ich dennoch, sofern die Entzüngswerte sich bis Mitte 2018 nicht wesentlich bessern.

Heute habe ich einen Termin bei meinem ganzheitlich praktizierenden Arzt. Ich werde ihn fragen, was er vom Einsatz der vom Rheumatologen spezifisch vorgesehenen Medikamenten hält. Und was er sonst noch für Möglichkeiten für mich sieht. Und was er von den Methoden von Dr. Susan Blum hält (ich werde ihm kurz und knapp ihre Empfehlungen erklären).

Was ich jedoch Inzwischen gelernt habe: Jeder Verlauf einer rheumatoiden Arthritis ist anders. Jede Patientin hat ihre eigene Geschichte, sie verhält sich anders, wird anders beraten, trifft andere Entscheidungen, lebt ihr Leben anders. Und was erwarte ich? Eine massgeschneiderte Behandlung.

Was parallel zu meiner Krise geführt hat ist die erneute Erkenntnis, dass ich täglich versuche, stark zu sein. Nicht jedes Mal zu jammern, wenn ein Gelenk schmerzt, wenn ich eine Bewegung nicht machen kann. Nicht zu klagen, dass es mir seit 8 Jahren nicht mehr gut geht. Dass ich seit über vier Jahren zwei Tage die Woche an meinem Arbeitsplatz im Museum erscheine, ohne die anderen merken zu lassen, wenn ich mal keinen guten Tag habe, ich schon mit schmerzenden Gelenken aufgestanden bin, oder – noch schlimmer – nachts Schmerzen hatte und kaum schlafen konnte. Stark zu bleiben, wenn ein Team-Essen ansteht, und ich einmal mehr mit der Köchin abklären muss, ob sie bereit ist, etwas Spezielles für mich zu kochen, dass ich überhaupt an diesem sozialen Anlass teilnehmen kann.

Dass ich vor drei Jahren beschlossen habe, mich mit meinem Blog Freakfood so stark zu exponieren, macht es auch nicht einfacher. Ich möchte mit meinen Erfahrungen und Erkenntnissen vor allem andere kranke Menschen inspirieren, ihnen Mut machen, ein Vorbild sein. Und dies gelingt nun mal besser, wenn ich optimistisch formuliere, buntes, leckeres und gesundes Essen vorstelle, Vorschläge für positive Veränderungen machen kann.

Am Ende jedoch bin auch ich nur ein Mensch. Und erst noch ein chronisch kranker. Ich bin mehr als dankbar, dass ich durch diesen Krankheits- bzw. Gesundungsprozess neue Seiten an mir kennenlerne, mein Leben neu betrachten kann, mehr «zu mir finde», lerne, grosszügig mit mir zu sein und anzunehmen, was ist. Bedingungslos. Unschönes und Wunderbares.

Und solange ich auch nur eine positive Rückmeldung von jemandem von euch bekomme und nur eine Person inspirieren kann, sich selbst zu helfen, dann werde ich diesen Weg gestärkt und motiviert weitergehen. Eure Worte helfen mir, mit solchen Krisen umzugehen. Und sie helfen mir, Freakfood weitherhin zu betreiben und zwei Tage die Woche für FOOD MOVEMENT zu arbeiten, zum grössten Teil immer noch ehrenamtlich.

Es gibt noch so lange zu tun, bis wir Patientinnen unseren Ärzten vertrauen wir sicher sein können, dass neue Erkenntnisse wie eine kluge Ernährung und Lebensführung in den Gesundungsweg miteinbezogen werden. Das ist für mich sinnvolle Arbeit. Und die hilft in der Krise.

Interview mit Dr. med. Giorgio Tamborrini, Rheumatologe

Text & Interview: Petra Müller, Geschäftsleitung FOOD MOVEMENT

Im Frühling dieses Jahres wurde ich von der Rheumaliga beider Basel angefragt für einen Vortrag zum Thema „Entzündungshemmende Ernährung“. Ich habe erfreut zugesagt. Letzte Woche habe ich erfahren dass mein Vortrag vom 15. November 2017 bereits ausgebucht ist und sicher stattfinden wird. Toll!

Im Rahmen dieser Vortragsreihe machte ich eine Entdeckung: Auch ein Herr Tamborrini war für einen Vortrag vorgesehen, ein praktizierender Rheumatologe. Wer meine Geschichte nicht kennt: Ich bin seit meinen Erkrankung an rheumatoider Arthritis vor 6 Jahren auf der Suche nach einem Rheumatologen, der die positive Wirkung einer klugen Ernährung anerkennt. Bisher erfolglos. Ich machte mir Hoffnungen: Es gibt ihn offenbar doch!

Noch am selben Tag habe ich Dr. Tamborrini ein Mail geschrieben und ihn gefragt, ob er bereit wäre, sich kurz mit mir zu unterhalten und allenfalls für FOOD MOVEMENT ein Interview zu geben. Innerhalb von wenigen Tagen hatten wir miteinander telefoniert – es war ein hoch erfreuliches Gespräch. Ausserdem hatten wir vereinbart, dass ich ihm einen Fragebogen zukommen lassen kann.

Es freut mich deshalb ausserordentlich, dass wir euch heute dieses wichtige Interview mit einem Facharzt für Rheumatologie zeigen dürfen. Wir hoffen, dass es viele von euch inspiriert und Menschen mit sowohl rheumatischen wie auch anderen Erkrankungen ermutigt, die Ernährung Teil des Genesungsprozesses werden zu lassen.

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Dr. med. Giorgio Tamborrini-Schütz

Lieber Herr Tamborrini, Sie sind Facharzt für Rheumatologie und sind der Meinung, dass die Ernährung bei Rheumaerkrankungen eine Rolle spielen kann. Wie sind Sie dazu gekommen?
Zum einen berichten viele Patientinnen und Patienten von positiven oder negativen Effekten gewisser Speisen oder Ernährungsgewohnheiten in Bezug auf ihre Gelenksbeschwerden. Als Beispiel nenne ich den positiven entzündungshemmenden Effekt fettreicher Fische und den Verzicht auf übermässigem Fleischkonsum. Zum anderen gibt es unterdessen wissenschaftliche Untersuchungen, die den Zusammenhang zwischen Entzündung und Ernährung beweisen. Es gibt etliche Studien, die beispielsweise den negativen Einfluss von zu viel Konsum von rotem und verarbeitetem Fleisch auf Stoffwechsel, Herz-Kreislauf-System oder Krebs zeigen. Hierzu verweise ich auf den Bericht der Eidgenössischen Ernährungskommission zu den gesundheitlichen Aspekten des Fleischkonsums (https://tinyurl.com/yav7cz3u)

Was empfehlen Sie Patientinnen und Patienten, die offen sind, sich auf eine Ernährungsumstellung einzulassen? Gibt es spezifische Lebensmittel, die Sie Rheumapatienten empfehlen zu meiden?
Ich bespreche mit den Patientinnen und Patienten ihre Ernährungsgewohnheiten und gebe in der Regel Ernährungstipps und Richtlinien mit. Die Ernährung kann einen Einfluss auf die Krankheitsaktivität haben, ersetzt aber nicht eine präzise und auf den einzelnen Menschen abgestimmte medikamentöse oder nicht-medikamentöse Therapie.

Ich bin überzeugt, dass eine gesunde Ernährung den rheumatischen Entzündungsprozess beeinflusst.

Ich bin überzeugt, dass eine gesunde Ernährung den rheumatischen Entzündungsprozess beeinflusst (https://tinyurl.com/yc9uw8wk). Ich befürworte eine Ernährung mit wenig tierischen Fetten, ausgenommen gelegentlicher (fettreicher) Fischkonsum. Zudem empfehle ich täglichen Konsum von frischen Früchten und Gemüsen, idealerweise aus der Region und wenn möglich bio.

Bei entzündlichen Krankheiten sollte die Arachidonsäure in den Lebensmitteln vermindert werden, dies durch Reduktion von verarbeitetem (gepökeltem) Fleisch, Innereien oder Wurstwaren, Reduktion des Eikonsums oder anderer tierischer Fettquellen («fette» Fische ausgenommen). Zu empfehlen ist eine vorwiegend lacto-vegetabile Ernährung mit Fischkonsum unter Beachtung individueller Unverträglichkeiten und unter Vermeidung einer Mangelerscheinung (Vitamine etc.). Beim Kaufen von Fischprodukten sollte auf deren Herkunft geachtet werden. Biologische Fische oder Fische aus Wildfang enthalten mehr Omega-3-Fettsäuren.

Neben der Reduktion entzündungsfördernder Lebensmittel ist die reichliche Zufuhr von entzündungshemmenden Lebensmitteln anzustreben, u. a. mit Omega-3-Fett-säuren, Gamma-Linolensäure und Antioxidantien wie z. B. Vitamin E. Pflanzliche Omega-3-Fettsäuren sind sehr zu empfehlen, welche wir z. B. im Rapsöl, in Walnüssen, Leinsamen oder Chia-Samen finden.

Was machen Sie für Erfahrungen, wenn Patienten auf bestimmte Lebensmittel verzichten oder sie reduzieren? Können Sie von einer (oder mehreren) Erfolgsgeschichte(n) berichten?
Ich betreue einige Menschen, die durch die Anpassung der Ernährungsgewohnheiten die Entzündung positiv beeinflussen konnten. Dies spiegelt sich im Alltag darin, dass weniger Schmerzmittel benötigt werden oder die spezifischen Rheumamedikamente in tieferen Dosierungen ausreichend wirken. Es gibt ganz wenige Ausnahmen, wo die Ernährungsanpassung soweit geführt hat, dass die Medikamente ganz abgesetzt werden konnten. Man kann diese Erfolgsgeschichte nicht auf andere Menschen übertragen, da es so viele verschiedene rheumatische Erkrankungen gibt und auf jeden Fall jede Patientin, respektive jeder Patient individuell beraten und behandelt werden soll. Dies ist ein Grundsatz moderner und personalisierter Präzisionsmedizin, wo nebst der Erkrankung selbst auch Umwelteinfluss oder der Lebensstil im Behandlungskonzept mitberücksichtigt wird.

Sie fördern gesunde Ernährung, indem Sie Ihre Patientinnen und Patienten Rezepte austauschen lassen. Können Sie uns etwas über dieses Projekt erzählen?
Das mit dem Rezeptaustauschen hat leider nicht so gut geklappt, wie ich mir erhofft hatte. In einem halben Jahr erhielt ich weniger als ein halbes Dutzend Rezepte von Patientinnen und Patienten. Der Hintergrund zur Idee mit den Rezepten ist, dass ich für diverse Patientenzeitschriften Artikel über die Ernährung schreiben durfte und auch schon mit Patienten an einem Kochevent teilgenommen habe. So kam ich auf die Idee, ein kleines Kochbuch zu schreiben und auch Rezepte von Patientinnen und Patienten zu integrieren. Vielleicht klappt es ja noch, ich bin da ganz zuversichtlich.

Gibt es natürliche Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel, die Sie bei Rheumaerkrankungen empfehlen können?
Hierzu muss ich gestehen, dass ich mich mit diesen Produkten nicht genügend auskenne. Ich bin der Meinung, dass der natürliche Weg über gesunde und frische Lebensmittel bevorzugt werden soll. Eine Anpassung der Ernährung unter Beachtung oben genannter Punkte kann eine Änderung des Quotienten zwischen Arachidonsäure (löst eine Entzündung aus) und mehrfach ungesättigten Fettsäuren verändern. Der Effekt von Fischölkonsum wurde in diversen Studien untersucht. Sowohl bei Arthrosen wie auch bei rheumatoider Arthritis konnte gezeigt werden, dass Fischölkonsum in Bezug auf Schmerzen und rasches Erreichen einer Remission eine positive Wirkung hat.

Welche sonstigen Faktoren, abgesehen von der Ernährung, erachten Sie als wichtig für Gesundheit und Wohlbefinden?
Ich versuche die Patientinnen und Patienten zu motivieren, sich regelmäßig zu bewegen, beziehungsweise sich sportlich zu betätigen. Zudem sollte der Alkoholkonsum minimiert werden. Mit Rauchen sollte auf jeden Fall aufgehört werden.

Haben Sie persönlich positive Erfahrungen mit einer bestimmten Ernährungsweise gemacht?
Meine Familie pflegt eine klassische mediterrane Ernährungsweise, die gut schmeckt und eine reichliche Variation anbietet. Diese umfasst viele frische und minimal verarbeitete Produkte, u.a. Gemüse, weisses Fleisch, Fische, Vollkornprodukte, Nüsse und Früchte.

Verraten Sie uns noch Ihr Lieblingsessen?
Ich persönlich liebe rohes oder gegrilltes Gemüse wie Fenchel und ich mag ausgesprochen gern Nüsse und Hülsenfrüchte. Ein eigentliches Lieblingsessen habe ich nicht, aber nichts geht über eine Pizza mit Gemüse, Oliven und Kapern… natürlich mit Vollkorn-Teig!

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Institut für Ultraschall und des Bewegungsapparates und Rheumatologie UZR, Basel