HEALTHY FRIDAY // FOOD: Brennnessel-Hanf Brotaufstrich

Text, Fotos & Rezepte: Kevin Nobs, skepping
Einführungstext: Petra Müller

Es ist immer wieder interessant, unter welchen Umständen man Menschen kennenlernt. Im Rahmen meiner Tätigkeit im Alpinen Museum in Bern wurde ich das erste Mal auf Kevin Nobs aufmerksam. In der Ausstellung „Wilde Küche“ wurde er in illustrer Gesellschaft weiterer Expertinnen und Experten der Wildkräuterküche vorgestellt, u.a. Meret Bissegger, Stefan Wiesner und Maurice Maggi.

Als die Veranstaltung des Museums mit Kevin verpasst hatte, bot sich etwas später die Gelegenheit, im Botanischen Garten von Bern an einer Führung über Pflanzen im Ayurveda teilzunehmen. Mir gefiel Kevins angenehme Art, seine Leidenschaft für Pflanzen und natürlich sein Fachwissen. Seit dieser Führung folge ich Kevin auf Facebook, und ich habe ihn natürlich bald angefragt, ob er nicht einen Beitrag für FOOD MOVEMENT schreiben würde. Es freute mich sehr, dass er spontan zusagte.

Als er dann für den Mai 2017 Wildkräuterkochkurse anbot, habe ich mich sofort angemeldet. Nächste Woche ist es soweit, und ich freue mich sehr darauf. Erwarten wird uns vielleicht auch der sicherlich leckere Brennessel-Hanf Brotaufstrich, den Kevin uns heute vorstellt.

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Kevin Nobs, geboren 1992, wuchs in Rüdtligen-Alchenflüh auf. Er besuchte das Gymnasium in Burgdorf mit dem Schwerpunktfach Biologie-Chemie. Mit seiner Maturaarbeit über die Heilpflanzen an der Emme gewann er den ersten Preis des Wettbewerbs «Emmentaler Facetten» im Frühjahr 2010. Im Herbst 2010 begann er das Pharmaziestudium an der Universität Basel. Nebst dem Studium schrieb er dann das Buch «Heilpflanzen an der Emme», das 2012 beim ott-Verlag erschien. Seit Januar 2011 arbeitet er regelmässig in der Apotheke Ryser in Burgdorf. Seit 2013 studiert er an der Universität Bern Biologie und Germanistik. Er arbeitet als Dozent für Botanik für das Kräuterseminar am Inforama des Kantons Bern und leitet mit verschiedenen Partnern botanische Reisen in diverse Länder.

Lokale Superfoods
Unbekannte Gemüse aus fernen Ländern und mit Pestiziden belastete Superfoods aus Fernost. Je globalisierter unsere Welt ist, desto einfacher ist es, an solche Lebensmittel heranzukommen. Mit der Produktion und mit dem Vertrieb von diesen Produkten lässt sich viel Geld verdienen. Entsprechend werden sie bei uns gross vermarktet, und das Lokale, Günstige und doch so Gute gerät leider oft etwas in Vergessenheit. Denn auch wir in Mitteleuropa haben Superfoods: Sie wachsen und gedeihen vor unserer Haustüre, in unserem Garten oder im Wald nebenan. Ja sogar beinahe jede Grünfläche in der Stadt wird von ihnen besiedelt.

Insbesondere im Frühling eignen sich die saftig grünen Pflanzen wunderbar, um zu herrlichen Köstlichkeiten verarbeitet zu werden. Die Vorzüge der Wildkräuter sind scheinbar fast unendlich: Man muss selbst nichts anpflanzen, um doch Gemüse zu haben, dass vollkommen biologisch und lokal wachsen konnte.

Da Wildkräuter nicht gezüchtet wurden, enthalten sie sämtliche ursprünglichen Inhaltsstoffe. Ja, die Geschmacksrichtungen sind im ersten Moment etwas ungewohnt, denn wir haben es beinahe verlernet, Lebensmittel mit einer solch hohen Nährstoffdichte zu verzehren.

In diesen Pflanzen sind generell auch noch mehr Bitterstoffe enthalten als im Supermarktgemüse. Denn dort wurden diese  zu Gunsten des süssen Geschmacks leider weggezüchtet. Doch genau diese Bitterstoffe fehlen oft in der täglichen Ernährung, sie spielen für die menschliche Gesundheit eine zentrale Rolle. Denn Bitteres löst eine Abwehr aus. Werden zu einer Mahlzeit Bitterstoffe verzehrt, führen diese zu einer stärkeren Speichelproduktion, erhöhen die Bildung des Magensafts und regen sämtliche Verdauungsorgane wie Dünn- und Dickdarm, Leber und Gallenblase an. Wird der gesamte Verdauungstrakt angeregt, leuchtet es ein, dass die Nährstoffe einer Mahlzeit besser aufgespalten und dann besser in den Körper aufgenommen werden können. Denn der Mensch ist nicht was er isst, er ist das, was er verdaut.

Ich liebe einfache Rezepte, die man immer wieder abändern kann und sich dauerhaft bewähren. So entstand auch der Brennnessel-Hanf Brotaufstrich, den ich hier gerne mit euch teile. Die Brennnessel und die Hanfpflanze sind zwei Pflanzen, die sich eigentlich sehr ähneln. Beide sind jedem bekannt und beide sind massiv unterschätzt.

Brennnessel
Die kräftig grüne Farbe der Brennnessel macht uns oft wenig an, denn die geschickte Pflanze schützt sich mit ihren Brennhaaren vor Pflanzenfressern. Doch sie ist äusserst reich an Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen und ist deshalb bestens für den Verzehr geeignet. Ausserdem enthält sie Stoffe, die die Eisenaufnahme für unseren Körper unterstützen und so helfen kann, einen Eisenmangel auszugleichen.

Natürlich müssen zum Verzehr von Brennnessel zuerst die Brennhaare zerstört werden. Dies kann man auf zwei Arten machen: Entweder man lässt im Wasserdampf die Brennnessel zusammenfallen, so werden die Brennhaare durch die Hitze inaktiviert. Dieser Brennnesselspinat kann zu einer Quiche oder zu einem Gemüsestrudel weiterverarbeitet werden oder natürlich auch so verzehrt werden. Andererseits kann man die Nadeln auch mechanisch zerstören, indem man die Blätter ganz einfach püriert oder mit einem Wallholz ein paar Mal über die Blätter fährt.

Hanf
Der Hanf ist eine der ältesten Nutzpflanzen der Welt. Insbesondere früher wurde er aufgrund seiner Fasern sehr geschätzt, sie können direkt als Baustoff verwendet werden oder zu Seilen, Kleidung und weiteren Materialien verarbeitet werden. Neben der missbräuchlichen Verwendung als Rauschmittel spielen bestimmte Inhaltsstoffe in der Medizin eine grosse Rolle. Vor allem in der Schmerztherapie und bei der Linderung von durch Multiple Sklerose hervorgerufene Spasmen ist der Hanf eine geschätzte Heilpflanze. An weiteren Anwendungsmöglichkeiten u.a. in der Krebstherapie wird zurzeit geforscht.

Und was man oft nicht weiss: Die Hanfsamen sind Superfood par excellence: Sie enthalten sämtliche relevante Nährstoffe und dies erst noch in grösseren Mengen. Daneben enthalten sie viele Antioxidanzien, die unseren Körper von Entzündungen schützen und dem Alterungsprozess entgegenwirken. Genauso gut ist natürlich auch das aus den Samen gewonnene Hanföl, das in der kalten Küche Verwendung findet. Und erst noch ideal für Sportler: Die nach der Ölgewinnung ausgepressten Samen können pulverisiert gekauft werden. Dieses Pulver enthält knapp 50 % Eiweiss und kann als natürlicher Proteinshake verwendet werden. Hanfsamen werden auch Hanfnüsschen genannt und können in Drogerien und Reformhäusern aus Schweizer oder österreichischer Produktion gekauft werden.

Und nun endlich das Rezept für den Brennnessel-Hanf-Brotaufstrich:

100 g Hanfsamen für einige Stunden in kaltes Wasser einlegen, danach abtropfen lassen. Man püriert nun diese Samen mit ca. 1 – 2 EL Hanföl und 2 Handvoll rohen Brennnesselblättern (idealerweise die obersten, noch zarten Blätter) zu einer cremigen Masse. Nach Wunsch kann für eine flüssigere Konsistenz noch etwas Wasser hinzugefügt werden. In ein sauberes Glas abfüllen und im Kühlschrank aufbewahren. Eignet sich als Brotaufstrich, Dip mit Gemüse oder als Grundlage für Salatsaucen.

Wem dies nicht genügend Tipps sind, kann ich nur raten, an einem veganen Wildkräuterkochkurs  im Mai teilzunehmen 🙂

Alle Informationen und Anmeldung findet ihr unter www.skepping.ch

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Vielen Dank für dieses schöne Rezept, lieber Kevin.
Ich freue mich jetzt schon auf den Wildkräuterkochkurs vom 5. Mai, den ich bei dir besuchen werde!

Herzlich,
Petra