Text & Foto: Petra Müller, Initiantin von FOOD MOVEMENT
Heute möchten wir euch ein nicht ganz neues, aber sehr besonderes Buch vorstellen. Es trägt einen Titel, der augenzwinkernd zu verstehen ist: HOW NOT TO DIE (deutsch: wie nicht sterben). Der Autor, Dr. Michael Greger, ist manchen von euch vielleicht bereits bekannt durch seine Website nutritionfacts.org, wo er kurze Videos zu einzelnen Lebensmitteln oder Gesundheitsthemen veröffentlicht. Immer basierend auf Studien deckt Greger Mythen auf, erklärt Zusammenhänge, er erstellt Ranglisten gesunder oder weniger gesunder Lebensmittel und ist leidenschaftlicher Vertreter der Philosophie, dass Nahrung Medizin sein kann.
Der Untertitel von HOW TO DIE erklärt perfekt dessen Inhalt und Intention: «Entdecken Sie Nahrungsmittel, die Ihr Leben verlängern und bewiesenermassen Krankheiten vorbeugen und heilen.»
Dan Buettner, der Gründer der Blue Zones (an welchen Orten der Welt die gesündesten/ältesten Menschen leben), meint auf dem Buchumschlag: «Mit Abstand das beste Buch, dass ich je über Ernährung und Diäten gelesen habe.»
Hintergrund dieses passionierten Tuns ist wie so oft eine persönliche Erfahrung. Als Greger noch ein Kind war, erlebte er, wie die Ärzte die Hoffnung für seine 65-jährige Grossmutter aufgegeben hatten. Sie wurde nach mehreren Herzoperationen als Patientin von «Herzerkrankung im Endstadium» im Rollstuhl nach Hause geschickt, weil sie keinen weiteren Eingriff mehr machen konnten. Sie wurde aufgegeben.
Das Glück wollte es, dass die Grossmutter zuhause eine Fernsehsendung über Nathan Pritikin sah, ein Pionier der sogenannten Lifestyle Medicine. Pritikin hatte soeben ein Zentrum in Kalifornien eröffnet. Im Fokus standen eine pflanzenbasierte Diät und regelmässiges Training. Die verzweifelte Grossmutter von Greger wollte das ausprobieren. Man schob sie im Rollstuhl in das Zentrum, und wenige Wochen lief sie eigenfüssig aus dem Zentrum heraus.
Michael Greger wollte nicht Arzt werden, weil er sah, wie krank seine Grossmutter wurde, sondern weil er mitbeobachten durfte, wie sie wieder gesünder wurde.
HOW NOT TO DIE behandelt die wichtigsten Erkrankungen der westlichen Welt, und so sind auch die Kapitel aufgeteilt – immer mit dem Zusatz «überlisten» (also wie wir diese Krankheiten überlisten können):
– Herzerkrankungen
– Lungenkrankheiten
– Hirnkrankheiten
– Krebsarten des Verdauungssystems
– Infektionen, Diabetes
– Bluthochdruck
– Nierenerkrankungen
– Brustkrebs
– Suizidale Depressionen
– Prostatakrebs
– Parkinson
– Iatrogene Krankheiten (oder nicht an Ärzten sterben)
Greger schafft es, uns von den positiven Möglichkeiten einer pflanzlichen Ernährungsweise zu berichten, ohne dass er als ein Hardcore-Veganer dasteht. Obwohl er sich selbst pflanzlich, also vegan, ernährt. Er erklärt es unter anderem so: «Über Millionen Jahre hinweg war unsere Ernährung hauptsächlich vom Verzehr von Grünzeug geprägt, sprich Wildpflanzen einschliesslich dunkelgrüner Blattgemüse, also hat sich der menschliche Körper vermutlich so entwickelt, dass er Mahlzeiten mit Gemüse gleichsetzt. Wenn Gemüse in unser Verdauungssystem gelangt, wirkt dies wie ein Signal, das Immunsystem zu stärken. Wenn wir keine Pflanzen mit jeder Mahlzeit essen, arbeiten wir wahrscheinlich der Strategie unseres Körpers entgegen, die darauf abzielt, uns zu schützen.»
Für jede dieser erwähnten Krankheitsarten erfahren wir Tipps, wie wir dem Risiko mit pflanzlichen Lebensmitteln entgegenwirken können. Wir lernen viel über die Wirkung von Ballaststoffen, wie Safran bei Alzheimer helfen kann, weshalb Kurkuma bei Darmkrebs relevant sein kann, welche Lebensmittel vor hohem Blutdruck schützen (z.B. gemahlene Leinsamen), und was grünes Gemüse mit Krebs zu tun hat.
Picken wir eine dieser Krankheiten heraus: Brustkrebs. Wie können wir diesen gemäss Greger überlisten?
Hierfür hat das American Institute for Cancer Research Empfehlungen erarbeitet:
«Ernährungsweisen, die auf vollwertigen pflanzlichen Lebensmitteln basieren – Gemüse, Vollkorngetreide, Obst und Bohnen – senken das Risiko, an vielen verschiedenen Krebsarten und weiteren anderen Krankheiten zu erkranken.»
Eine Studie mit 30’000 Frauen nach der Menopause über sieben Jahre hat ergeben, dass drei Faktoren wesentlich sind, das Brustkrebsrisiko zu mindern (nämlich um 62 %): eingeschränkter Alkoholkonsum, der Verzehr von hauptsächlich pflanzlichen Lebensmitteln sowie das Beibehalten eines normalen Körpergewichts.
Wir erfahren zudem im Detail, wie Ballaststoffe, grünes Gemüse, Leinsamen, Soja und Pilze das Brustkrebsrisiko mindern können – nebst Bewegung.
In einem zweiten Teil des Buches präsentiert Michael Greger sein «Tägliches Dutzend»: Die 12 Lebensmittel, deren Verzehr er täglich empfiehlt – und weshalb:
– Bohnen
– Beeren
– Obst
– Kreuzblütlergemüse (Blumenkohl, Broccoli, Grünkohl, Brunnenkresse, Rosenkohl, Rotkohl etc.)
– Grünes Blattgemüse
– anderes Gemüse
– Leinsamen
– Nüsse und Samen
– Kräuter und Gewürze
– Vollkorn
– Getränke
– Bewegung (dies der einzige Punkt, den wir nicht essen können)
Immer wieder lesen wir kleine Exkurse: Über die gesundheitlichen Vorteile von Essig, von Pilzen, Zwiebeln und Knoblauch, aber auch ideale Zubereitungsarten und Strategien, wie man Kindern vielleicht dazu bringen kann, mehr Gemüse zu essen.
Ergänzend ist zwischenzeitlich auch ein Kochbuch von Dr. Greger erschienen. Wer seinen Konsum des täglich empfohlenen Dutzend spielerisch überprüfen mag, dem sei die kostenlose App empfohlen. Wer täglich einen Grossteil oder gar alle dieser Lebensmittel auf dem Teller hat, hat mit grosser Wahrscheinlichkeit gar keinen Platz mehr für Ungesundes.
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Das Buch liest sich gut, Greger pflegt einen süffigen und auch unterhaltsamen Stil. Meines Erachtens müsste es zur Pfichtlektüre für jeden Arzt werden. Wenn in deiner Familie eine oder mehrere dieser Krankheiten die Runde macht, würde ich nicht zögern, wenigstens die dich betreffenden Kapitel im Sinne von wertvoller und Lebensqualität steigernder Gesundheitsvorsorge zu lesen.