Fiorina Springhetti: Snackt dein Kind gesund?

Text: Fiorina Springhetti
Foto: Lukas Schnurrenberger, AVP Media Design

Snackt dein Kind gesund?

Reiswaffeln im Visier

Knabber knabber hier, knusper knusper dort – Reiswaffeln sind aus Mamas und Papas Taschen und Küchenschränken kaum mehr wegzudenken. Früher gab es sie nur untertellergross. Die geliebte Lebensmittelindustrie schuf Abhilfe und stellt seit längerem auch „kindermünder gerechte“ Reiswäffelchen her (ich erwähne nicht im Speziellen, dass der CHF/100g-Preis deutlich höher ist als jener der stinknormalen 08/15 Reiswaffeln). Die Reiswaffeln sind, ohne dass ich das jetzt in einer Fallstudie genauer unter die Lupe genommen habe, wohl die nach Darvida und Blévita zweithäufigste Snack-Variante für 0 bis 5-Jährige. Was daran jetzt so spannend sein soll? Warum ich darüber schreibe? Weil ich die Reiswaffeln ins Visier genommen habe. Ich prangere sie an und erzähl euch gleich mal warum.

Vielleicht habt ihr alle schon einmal von guten und schlechten Kohlenhydraten gehört.

Vielleicht habt ihr alle schon einmal von guten und schlechten Kohlenhydraten gehört. Einher geht mit dieser fast etwas banalen Kategorisierung, ob die Kohlenhydrate langsam oder schnell resorbiert werden. Und weil bei der Verdauung von Kohlenhydraten ja unter anderem Glukose entsteht, bedeutet es im Wörtlichen: Wie schnell lassen sie den Blutzuckerspiegel ansteigen? Will also kurz zusammengefasst heissen: Die guten Kohlenhydrate lassen den Blutzuckerspiegel deutlich langsamer und weniger hoch ansteigen. Die schlechten Kohlenhydrate machen genau das Gegenteil, sie schiessen den Blutzuckerspiegel in die Höhe und zwar rasant. Wo bleibt jetzt die Reiswaffel und was hat die damit zu tun? Kommt noch, etwas Geduld, ich muss noch schnell etwas zum Blutzuckerspiegel sagen.

Unbedeutend, ob man Diabetiker ist oder nicht. Ein schneller Anstieg des Blutzuckerspiegels hat gewichtige Folgen: hohe Insulinausschüttung und Heisshunger. Isst man viel und oft schlechte Kohlenhydrate und lässt man dadurch den Blutzuckerspiegel immer wieder stark ansteigen, zeigen sich auch andere Merkmale: Ermüdung des Pankreas (Bauchspeicheldrüse, die das Insulin produziert), sich schleichend einstellende Diabetes wegen der Überbeanspruchung des Pankreas, Übergewicht, Gewebeübersäuerung und Darmpilz.

Wie definieren sich jetzt gute und schlechte Kohlenhydrate?

Wie definieren sich jetzt gute und schlechte Kohlenhydrate? Wohl kaum über deren Erscheinungsbild? Oder sagt man geläufig: Ach du hübsche, attraktive Karotte du! Du bist so unsagbar wohlgeformt, was für gute Kohlenhydrate du nur mit dir rumträgst. Aber du, liebes kleines hässliches Rettichlein, nein, du bist nun wirklich kein schöner Schwan – husch husch zu den schlechten Kohlenhydraten, aber subito! Äh, nein! Es dreht sich nicht alles nur um’s Aussehen, und deswegen gibt es den glykämischen Index.  Mit dem glykämischen Index beschreibt man die Auswirkung der Kohlenhydrate aus unserer Nahrung auf den Blutzuckerspiegel. Kurz GI genannt, zeigt der glykämische Index also, ob wir gute oder schlechte Kohlenhydrate zu uns nehmen. Und siehe da: Die Reiswaffel spielt ganz oben mit auf der Liste der schlechten Kohlenhydrate. Mit einem gelisteten GI von 85 geht die Ampel definitiv auf „rot“. Kohlenhydrate mit einem GI von 40 – 50 gelten als niedrig, Kohlenhydrate mit einem GI unterhalb von 35 gelten als sehr niedrig. Alles über 50 ist hoch. Ob hübsch oder nicht ist da vollkommen egal.

Wenn wir uns jetzt noch einmal das knabber knabber hier und knusper knusper dort vor Augen führen, zieht sich folgendes Fazit: Reiswaffeln als Snack sind äusserst ungünstig, denn sie lassen den Blutzuckerspiegel unserer kleinen Knirpse sofort in die Höhe schnellen, führen nach kürzester Zeit zu Heisshunger und beanspruchen die Bauchspeicheldrüse ganz arg. Das sind die Dinge, die passieren, wenn wird Naturreiswaffeln verfüttern. Jetzt gibt es ja, eben wieder von unserer allseits geliebten Lebensmittelindustrie, sensationell geistreiche Superprodukte, die Reiswaffeln und Früchte vereinen. NEEEEEE?!? Doch! ICH GLAUB ICH SPINN, wie toll ist das denn? Nicht toll, nicht mal gut, sondern eher ganz schlecht. Denn auf den farbigen Packungen mit den Reiswaffeln à la Heidelbeere, Apfel oder Himbeere steht zwar „ohne Zuckerzusatz“ (wäre ja noch schöner, tzzzzzz) und „natürlicher Zuckergehalt aus den Zutaten“.

Aber genau das ist das Problem: Durch die hinzugefügten Fruchtpürees und dem Apfelsaftkonzentrat steigt der Fruktose anteil. Der hat zwar einen niedrigen GI, führt aber dazu, dass die Kinderleins auch richtig schön hibbelig werden. Und zusätzlich als wichtige Info: Fruktose wird in unserem Körper kaum im Energiestoffwechsel eingesetzt, sondern dient dem Fettaufbau.

Jetzt haben wir also den Salat mit der ewigen Reiswaffel-Knabberei. Mir wäre lieber, wir hätten eine Reiswaffel bezüglich der ewigen Salat-Knabberei, aber soweit kommt’s noch! Ja wohin nun mit der Reiswaffel? Es gibt verschiedene Möglichkeiten.

1. Ich entscheide mich, die soeben gelesenen Informationen zu ignorieren, eine Reiswaffel wird wohl nicht so schlimm sein (UND ich habe vor lauter Pankreas und glykämikakikukuk eh nur Bahnhof verstanden).

2. Ich lass die Reiswaffel im Küchenschrank stehen und nehme ab sofort Zwieback mit (dumm nur, dass der Zwieback einen GI von 70 hat, das ist genauso schlecht wie 85 – okeee ein bisschen weniger schlecht).

3. Ich lese jetzt noch ein paar Zeilen weiter, schaue mir die Aufzählung der Niedrig-GI-Snacks an und entscheide mich, welche Varianten mir und meinen Sprösslingen mundet und guttut.

Hallo, schön hast Du Möglichkeit 3 gewählt und liest noch ein bisschen mit mir weiter. Ja was snacken wir nun mit unseren Kleinsten? Vom Mama-Papa-Aspekt her gesehen soll es möglichst handlich, verstaubar, wenig Dreck verursachen und wenn möglich nicht selbstklebend sein.

Meine bessere Superhälfte, ich und unsere beiden Mädels plädieren für Mandeln. Mandeln haben einen GI von 15, sind also besonders gute Kohlenhydrate, liefern viel Kalzium, senken nachweislich den Blutcholesterinspiegel und sind voller Vitamin E.

Walnüsse sind ebenfalls mit einem niedrigen GI von 15 unterwegs. Sie liefern viel Alpha-Linolensäure, das senkt den Gesamtcholesterinspiegel. Und sie sind voller Antioxidantien – kleine Helferchen für unser Immunsystem.

Früchte als Snack sind wahrlich nichts Neues, aber immer noch der Renner. Her mit dem Apfel, der Birne, der Pfirsich oder einer Orange oder Mandarine. Sie alle sind mit einem GI von 30 – 35 gelistet.

Ebenfalls sehr einfach zu transportieren sind Gemüse-Sticks. Karotten, Sellerie, Kohlrabi, Tomaten, Gurken, Peperoni – alles im Bereich von GI 15 – 30. Dazu kann man auch gerne einen Avocado-Dip servieren (Kinder lieben Dips), denn die Avocado liefert hochwertige ungesättigte Fettsäuren und hilft auch gleich noch die fettlöslichen Vitamine in den Gemüse-Sticks aufzunehmen. Zudem hat sie einen hohen Gehalt an Kalium, Folsäure, Magnesium und Vitamin E.

Anstelle eines Avocado Dips schmeckt natürlich auch ein traditioneller Hummus wunderbar mit den Gemüse Sticks. Der GI von Kichererbsen liegt bei niedrigen 30 und sie liefern eine gute Portion Proteine, Eisen und Zink. Wenn man noch einen Schuss Leinöl daruntermischt, kriegt man wertvolle Omega-3-Fettsäuren und Antioxidantien hinzu.

Ich weiss, es kann einen verrückt machen, wenn man hinter jedem gut vermarkteten Kinderprodukt Monate später wieder einen versteckten „Das-geht-gar-nicht“-Hint kriegt. Will man sich doch manchmal einfach auf die Verpackung und auf das darauf propagierte verlassen können. Leider kann man das nicht und soll man auch nicht.

Essen ist lebenserhaltend, schon deswegen alleine hat es die Berechtigung, dass wir uns Mühe geben, zu überlegen, was wir zu uns nehmen und was wir unseren Kindern geben. Allzu häufig ist falsche Ernährung, ob bewusst oder unbewusst, Grundlage all unserer Erkrankungen.

Woher kommt soviel Übergewicht? Woher die vielen Diabetes-Fälle? Warum ADHS? Hautkrankheiten? Autoimmunkrankheiten? Ich will hier nicht predigen und schon gar nicht besser wissen. Denn alles was ich bis jetzt weiss, musste ich erlernen, studieren, in Büchern lesen. Und deswegen gebe ich es weiter, an euch. Und ihr gebt es wieder weiter, an eure Kinder, an eure Liebsten, an euren Körper und euch selbst.

Snackt dein Kind gesund? Na klar, wo denkst du denn hin ist beim nächsten Mal eure Antwort. Und weil die Alternativen so viel hübscher anzuschauen sind als die öde Reiswaffel, wird sich euer Banknachbar vielleicht gleich zu eurer Snackerei miteinladen – Bon appetit!

Quellen:
www.montignac.com
Schwarzbuch Super Food – Heisse Luft und wahre Helden, Leopold Stocker Verlag
Miriam Polunin, Die 50 besten Lebensmittel für Ihre Gesundheit, garant Verlag

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