Koch- und Lebensbuch: Wirkkochbuch

Text & Foto: Petra Müller

Es gibt Bücher, die das Leben verändern.

Dabei kann es sich um Romane handeln, oft um Sachbücher oder Exemplare aus der Selbsthilfe-Literatur – aber auch um Kochbücher. Das Wirkkocbuch von Leo Pruimboom, Daniel Reheis und Martin Rinderer ist so eines für mich.

Dabei aussergewöhnlich ist bereits, dass es von einem Männtertrio geschrieben wurde. Leo Pruimboom ist Experte der sogenannten Klinisch-Psycho-Neuro Immunologie (kPNI), Daniel Reheis arbeitet in der gehobenen Gastronomie als Experte und Dozent für kPNI und ist Physiotherapeut, Martin Rinderer ist Sport-Physiotherapeut und kPNI-Therapeut.

kPNI ist eine interdisziplinäre, auf verschiedenen medizinischen und naturwissenschaftlichen Fachbereichen aufbauende Wissenschaft. Die wichtigsten Instrumente der kPNI sind das Auslösen einer Verhaltensänderung, die Vermittlung von Wissen über Gesundheit und Krankheiten (um Unsicherheit und Angst zu verringern), der Einsatz von Nahrung als Medizin und die spezifische Behandlung mit natürlichen Substanzen und Nährstoffen sowie die Unterstützung durch Bewegung.

Was mir besonders gefällt ist, dass explizit steht, dass man diesem Buch – wie auch anderen Konzepten und Diäten – nicht kritiklos folgen solle, da dies ein Zeichen mangelnder Eigenverantwortung wäre. Gefragt ist eine offene, kritische Herangehensweise.

Tönt sinnvoll, oder?

Der Untertitel des Buches lautet „Wirkung durch artgerechte Ernährung“. In 12 Kapiteln wird man in verschiedene Wirkmechanismen eingeführt, wobei jeweils eine Erkrankung, ein Organ oder ein Hormon im Mittelpunkt steht.

Damit man sich darunter etwas vorstellen kann, zähle ich die 12 Kapitel auf:

1. Energieverteilung
2. Der undichte Darm
3. Niedriggradige Entzündung
4. Essen und Entzündung
5. Insulin
6. Cortisol
7. Schilddrüse
8. Das Hormon Leptin
9. Die systemische Stressreaktion
10. Schmerz und Chronifizierung
11. Epigenetische Programmierung
12. Entscheidungsfähigkeit

Diese 12 Wirkungsmechanismen werden alle detailliert beschrieben, und zu jedem Kapitel werden zahlreiche Rezepte gezeigt (insgesamt 70 Rezepte).

Das Kapitel Nr. 2 hat mich besonders angesprochen, dann mit einem undichten Darm werden nebst Rheumatoider Arthritis (= meine Krankheit) folgende Krankheitsbilder assoziiert:
– Akne
– Allergien
– Alzheimer
– Asthma
– Autismus
– Chronisches Ermüdungssyndrom
– Colitis Ulcerosa
– Depression
– Diabetes Mellitus Typ 1
– Hautekzeme
– Herz-Kreislauf-Erkrankungen
– Migräne
– Morbus Crohn
– Multiple Sklerose
– Nahrungsmittelunverträglichkeit
– Psoriasis
– Schizophrenie
– Urtecaria
– Zöliakie

Um es die Komplexität zu verdeutlichen, hier auch die assoziierten Symptome eines undichten Darms:
– Antriebslosigkeit
– Atembeschwerden
– Blähungen
– Chronische Ermüdungszustände
– Durchfall
– Hautunreinheiten
– Schlafprobleme
– Sodbrennen
– Starke bzw. häufige Stimmungsschwankungen
– Verstopfung

Es liegt mir fern, mit dieser Aufzählung Verunsicherung auszulösen. Im Gegenteil. Meines Erachtens liegt darin eine Chance: Zu erkennen, dass Beschwerden und Krankheiten dank einer spezifischen Ernährung gelindert werden können. Und in der Folge können im besten Fall chemische Medikamente mit zum Teil massiven Nebenwirkungen reduziert werden.

Wer nun hellhörig und/oder neugierig geworden ist:
Folgende Lebensmittel werden bei einem undichten Darm empfohlen bzw. nicht empfohlen:

Nahrung als Medizin
Algen, Ananas, Apfel, Avocado, Curcuma, Eier, Fenchel, Fermentiertes Gemüse, Geflügel, Grünes Blattgemüse (besonders Spinat), Ingwer, Knoblauch, Kohlgemüse, Meeresfisch, Meeresfrüchte und Schalentiere, Nelken, Nüsse (besonders Mandeln und Cashewnüsse), Oregano, Papaya, Petersilie, Pilze, Spargel, Thymian, Wurzelgemüse (besonders Kartotten).

Hilfreiche Lebensmittel
Honig, Kokosnuss, Minze, Obst, Sesam

Tabu
Amaranth, Quinoa, Getreide, Haushaltszucker, Hülsenfrüchte (besonders Soja), industriell erzeugte Fertigprodukte, industriell erzeugte Fruchtsäfte, Kartoffeln, Mais, Pflanzenöle wie Maiskeim-, Distel-, Sonnenblumen- und Erdnussöl, Reis, Senf, Süssgetränke und Energydrinks.

Dies die Empfehlungen der Autoren. Ich wiederhole: Deren Empfehlung ist, keinem Konzept kritiklos zu folgen. Durch Beobachten und Notieren der Auswirkungen auf verschiedene Nahrungsmittel, in Begleitung eines Naturheilpraktikers, einer Ernährungsberaterin oder dank einer Ausschlussdiät können persönliche Entzündungstrigger eruriert werden.

Das Wirkkochbuch hat die Gesunderhaltung des gesamten menschlichen Organismus zum Ziel, also Körper und Psyche. Es werden zahlreiche Lebensmittel mit ihren Inhaltsstoffen und deren positiven und negativen Auswirkungen vorgestellt. Man erfährt einiges über die verschiedenen Prozesse im Körper und wie man diese positiv beeinflussen kann.

Das Wirkkochbuch basiert auf einer evolutionsbasierten Nahrungsaufnahme, der Wiederherstellung des Flüssigkeitshaushalts, Bewegung, Stressregulation und Verhaltensänderungen. Das Fazit der drei Autoren: Mit der Verwendung der richtigen Kombination an Nährstoffen wirkt Nahrung wie Medizin. Damit sind wir mitten im Herzen von Food Movement.

Ich habe das Buch letzten Sommer gelesen und konnte kaum aufhören, interessante oder mir neue Abschnitte mit dem Leuchtstift zu markieren. Einige davon zähle ich hier auf.

Natürliche Nahrungsmittel sind durch ihre unzähligen Inhaltsstoffe perfekt in der Lage, komplexe Krankengeschichten ursächlich zu beeinflussen. Sie wirken regulierend auf Blutdruck, Körpertemperatur, Blutzucker und alle weiteren Systeme, die helfen, das Gleichgewicht (Homöostase) im Körper zu erhalten. Mit der Verwendung der richtigen Kombination an Nährstoffen wirkt Nahrung wie Medizin. Nahrung als Medizin funktioniert allerdings nur, wenn sie gut schmeckt, schön aussieht, angenehm richt, die richtige Konsistenz hat und einfach in der Zubereitung ist.

Trinken
Heute haben wir praktisch immer Getränke zur Verfügung. Unsere Evolution hat jedoch über Jahrtausende eine andere Situation vorgefunden: Das Durstgefühl hat uns Menschen animiert, nach Wasser zu suchen. Wir mussten uns zuerst bewegen, manchmal stundenlang, um Wasser zu finden und den Durst zu stillen. Durst ist eine alt bekannte Stressreaktion wie Kälte, Hunger und Angst. All diese Stressoren führten in der Vergangenheit zu einer spontanen Bewegung, deren Dauer man nicht abschätzen konnte. Das Durstgefühl ist der einzige evolutionäre Stressfaktor, der dazu führt, dass Angstgefühle und Aggression reduziert werden. Dieser Stoffwechselprozess wird durch die Ausschüttung des Hormons Oxytocin aktiviert. Dieses Oxytocin ist auch der Grund, weshalb natürliche Feinde wie Löwen und Gazellen sich an einer Wasserstelle nicht angreifen; die reduzierte Aggression und Angst durch Oxytocin macht dies möglich.

Wasser ist, schreiben die Autoren, die einzige Flüssigkeit, die wirklich Durst stillen kann. Wenn versucht wird, weniger häufig viel zu trinken statt häufig wenig zu trinken, dann unterstützt man nicht nur die eigene Gesundheit, sondern auch das Wohlbefinden sich selbst und anderen gegenüber.

Fette
Öle, die vermieden oder reduziert werden sollten:
Distel-, Maiskeim-, Weizenkeim-, Soja-, Erdnuss, Sonnenblumenöl und Margarine haben aufgrund der hohen Mengen an Linolsäure und anderen Fetten deutlich negative Effekte auf unsere Gesundheit.

Wer sich vegetarisch ernährt, sollte folgende Nahrungsmittel möglichst miteinbeziehen:
Algen: Sie sind die einzige pflanzliche Quelle der Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA, die in einer vegetarischen Ernährung stark unterrepräsentiert sind. Sie enthalten auch sehr viel Jod. Algen können Gifte abbauen und sie beinhalten eine Vielzahl an Vitaminen und Mineralstoffen.
Pilze: Wie Algen enthalten sie Jod und auch grössere Mengen an D-Mannose.
Eier: Gut bioverfügbares Eiweiss mit vielen Nährstoffen, die bei einer vegetarischen Ernährung unterrepräsentiert sind.

Kräuter sind die Basis unserer heutigen Medizin. Alle Bevölkerungsgruppen, die eine hohe Anzahl von über Hundertjährigen zeigen, verwenden Kräuter in grossen Mengen. Es geht jedoch nicht um „je mehr, desto besser“, sondern um die Kombination von mehreren Sorten. Kräuter sollten dem Kochprozess immer am Schluss hinzugefügt werden (es gibt Ausnahmen wie Rosmarin).

Viele kleine Mahlzeiten oder Pausen zwischen den Mahlzeiten?
Nach jeder Mahlzeit steigen die Entzündungswerte im Körper, und die Bauchspeicheldrüse benötigt fünf bis sieben Stunden, um sich nach einer Mahlzeit zu regenerieren. Die Bauchspeicheldrüse produziert das Hormon Insulin. Beim Verzehr vieler kleiner Mahlzeiten bleibt der Insulinspiegel ein wenig konstanter. Mehrere kleine Mahlzeiten waren in der menschlichen Evolution jedoch völlig unbekannt. Sie sind ein phyiologisch grosser Stressfaktor für die Bauchspeicheldrüse.

Hierzu meine persönliche Erfahrung:
Pausen von mehreren Stunden zwischen den Mahlzeiten nennt man intermittierendes Fasten. Als ich das Wirkkochbuch letzten Sommer gelesen hatte, wollte ich den Versuch des intermittierenden Fastens wagen. Seit Juli 2015 esse ich nichts mehr zwischen Frühstück, Mittag- und Abendessen. Meine Erkenntnis: Zu Beginn fällt es sehr schwer. Ich musste darauf achten, bei allen drei Mahlzeiten genügend Fett (Avocado, Nüsse, Kokosöl) und Proteine zu mir zu nehmen. Schon bald hatte ich jedoch weniger Schmerzen! Seither schätze ich es, ohne Zwischenmahlzeiten leben zu können. Ich kann das Haus verlassen, ohne mich um Snacks kümmern zu müssen. Ausserdem werde ich nicht mehr ungemütlich, wenn ich Hunger habe – ich kann die Mahlzeitenabstände sogar bei Bedarf verlängern!

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www.wirkkochbuch.com

WIRKKOCHBUCH
Leo Pruimboom, Daniel Reheis, Martin Rinderer
Bucher Verlag
ISNB 978-399018-177-5

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